Entscheidungsstichwort (Thema)
Erledigung des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens durch außerprozessuales Ereignis
Orientierungssatz
1. Wird die untergeordnete Behörde durch den Erlass eines für sofort vollziehbar erklärten Bescheides des Bundesversicherungsamtes gezwungen, einem ergangenen Schiedsspruch nachzukommen, so hat die sofort vollziehbare Aufsichtsanordnung ein eingeleitetes vorläufiges Rechtsschutzverfahren in der Hauptsache erledigt.
2. Mangels Beschwer des Antragstellers fehlt es am erforderlichen Rechtsschutzinteresse. Wird das einstweilige Rechtsschutzverfahren daraufhin vom Antragsteller für erledigt erklärt und tritt der Antragsgegner der Erledigungserklärung entgegen, so beschränkt sich der Rechtsstreit im Beschwerdeverfahren auf die Feststellung, ob die Hauptsache erledigt ist.
Tenor
In dem Verfahren … wird die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 9. Mai 2006 aus den im Wesentlichen zutreffenden Gründen des angefochtenen Beschlusses zurückgewiesen (vgl. § 142 Abs. 2 S. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Gründe
Das Sozialgericht hat die Erledigung des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens rechtsfehlerfrei festgestellt. Denn der Antrag der Antragstellerin, festzustellen, dass die Klage der Antragsgegnerin gegen den Schiedsspruch vom 13. Mai 2005 in der Fassung vom 27. Mai 2005 keine aufschiebende Wirkung hat, hilfsweise, die sofortige Vollziehung des Schiedsspruchs anzuordnen, hat sich durch den Erlass des für sofort vollziehbar erklärten Bescheids des Bundesversicherungsamtes vom 26. Juli 2005 in der Hauptsache erledigt, weil dadurch ihre Beschwer und damit auch das Rechtsschutzinteresse für den Feststellungsantrag entfallen ist. Das Ziel dieses Feststellungsantrages, die Antragsgegnerin zur sofortigen Befolgung des Schiedsspruches zu veranlassen, dessen sofortige Vollziehbarkeit die Antragsgegnerin bestreitet, ist durch den Bescheid des Bundesversicherungsamtes herbeigeführt worden. Durch diese Verwaltungsentscheidung wird die Antragsgegnerin dazu gezwungen, dem Schiedsspruch nachzukommen, indem sie den am Schiedsverfahren beteiligten Leistungserbringern für ihre Pflegeleistungen die im Schiedsspruch festgelegten Vergütungen gewähren muss. Der Zweck des vorläufigen Rechtsschutzantrages und des Verwaltungsaktes der Aufsichtsbehörde sind damit im Ergebnis deckungsgleich, so dass die sofort vollziehbare Aufsichtsanordnung das vorliegende vorläufige Rechtsschutzverfahren in der Hauptsache erledigt hat. Denn als erledigendes Ereignis kommt jede außerprozessuale Veränderung der Sach- oder Rechtslage in Betracht, die bereits für sich betrachtet die Abweisung des im vorläufigen Rechtsschutzverfahrens gestellten Antrages als unzulässig oder unbegründet rechtfertigen würde (vgl. Kopp/Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO), 14. Auflage, § 161 Rdnr. 21).
Nachdem die Antragstellerin das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (einseitig) in der Hauptsache für erledigt erklärt hat, die Antragsgegnerin jedoch der Erledigungserklärung entgegengetreten ist, hat sich der Streitgegenstand geändert. Der Rechtsstreit ist im Beschwerdeverfahren auf die Feststellung beschränkt, ob die Hauptsache erledigt ist (vgl. BVerwGE 31, 318, 319). Das Sozialgericht war an dieser Feststellung auch nicht dadurch gehindert, dass der ursprünglich gestellte Feststellungsantrag unzulässig war. Dabei kann hier offen bleiben, ob eine solche Zulässigkeitsprüfung nach einseitiger Hauptsachenerledigungserklärung überhaupt (noch) vorzunehmen war oder sich die Prüfung nur auf die Feststellung des Eintritts der Hauptsachenerledigung zu beschränken hat (vgl. hierzu: Kopp/Schenke, VwGO, 14. Auflage, § 161 Rdnrn. 23 ff.). Denn an der Zulässigkeit des beim Sozialgericht gestellten Feststellungsantrages bestehen keine Zweifel. Sowohl die Antragstellerin als auch die Antragsgegnerin waren Beteiligte des Schiedsverfahrens und sind deshalb von den Festsetzungen des in Form eines Verwaltungsakts (Beschluss des 9. Senats des LSG Berlin - L 9 B 65/05 KR ER) ergangenen Schiedsspruchs unmittelbar rechtlich begünstigt bzw. beschwert. Enthält der Schiedsspruch im Verhältnis zu ihrem im Schiedsverfahren erkennbar gewordenen Begehren eine Beschwer, können sie hiergegen mit der Klage vorgehen, wie es hier die Antragsgegnerin getan hat, und ggf. nach § 86 b Abs. 1 Nr. 2 SGG (im Falle einer Belastung) oder nach § 86 b Abs. 2 SGG (im Falle einer unzureichenden Begünstigung) um vorläufigen Rechtschutz nachsuchen. Aber auch in einem Fall wie dem vorliegenden, in dem sich die beschwerte Krankenkasse (die Antragsgegnerin) nicht an die Festsetzungen des Schiedsspruchs hält, ist die daraus begünstigte Leistungserbringerin (die Antragstellerin) rechtlich nicht schutzlos. Sie kann - je nach ihrem Rechtsstandpunkt - die Anordnung der sofortigen Vollziehung des Schiedsspruchs gemäß § 86 b Abs. 1 Nr. 1 SGG beim Sozialgericht beantragen oder, wenn sie dem Rechtsstandpunkt des 9. Senats des LSG Berlin in seinem Beschluss vom 27. Apri...