Entscheidungsstichwort (Thema)

Prozesskostenhilfe. Erfolgsaussicht einer Untätigkeitsklage. Bescheidung eines Widerspruchs. Klage ohne Abschluss des Vorverfahrens. Zulässigkeit einer Untätigkeitsklage im Widerspruchsverfahren bei teilweisem Abschluss des Widerspruchsverfahrens und diesbezüglich bereits eingeleitetem Klageverfahren

 

Orientierungssatz

Für eine Untätigkeitsklage im Rahmen eines sozialrechtlichen Widerspruchsverfahrens, für das eine Widerspruchsentscheidung über einen Teil der im Widerspruch geltend gemachten Beschwer bereits ergangen ist, fehlt das Rechtschutzbedürfnis, wenn in der gleichen Angelegenheit über den bereits beschiedenen Teil des Widerspruchsverfahrens ein Klageverfahren schon anhängig ist.

 

Tenor

Die Beschwerde der Klägerinnen gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 15. Juni 2010 wird zurückgewiesen.

 

Gründe

Die Beschwerde der Klägerinnen ist nicht begründet; das Sozialgericht (SG) hat die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) im Ergebnis zu Recht abgelehnt.

Die erstinstanzlich erhobene und auf Bescheidung des Widerspruchs der Klägerinnen vom 16. Oktober 2008 gegen den - vorläufigen - Bewilligungsbescheid vom 24. September 2008 (Leistungszeitraum vom 1. Oktober 2008 bis 31. März 2009) gerichtete Untätigkeitsklage iSv 88 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hatte zum Zeitpunkt der PKH-Antragstellung (29. Juli 2009) keine hinreichende Erfolgsaussicht (vgl. § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG iVm § 114 Zivilprozessordnung - ZPO -). Unberücksichtigt bleibt dabei, dass dem Widerspruch der Klägerinnen zwischenzeitlich durch Bescheid vom 3. August 2009 ohnehin in vollem Umfang abgeholfen worden ist und die Klägerinnen hierauf das Parallelverfahren - S 43 AS 388/09 - für erledigt erklärt haben mit der Folge, dass sich auch die Untätigkeitsklage erledigt haben dürfte. Die Untätigkeitsklage war indes von Beginn an unzulässig.

Im Einzelnen gilt Folgendes: Die Klägerinnen hatten gegen den - vorläufigen - Bewilligungsbescheid vom 24. September 2008 mit Schriftsatz vom 16. Oktober 2008 Widerspruch (- W 7997/08 -) eingelegt, und zwar “insbesondere„ wegen der Höhe der Leistungen für Unterkunft und Heizung (KdU). Mit (zwei) Bescheiden vom 5. Dezember 2008 hob der Beklagte daraufhin die angefochtene Entscheidung unter irrtümlicher Verwendung der falschen Widerspruchsnummer W auf und setzte zugleich die Leistungen für den streitigen Leistungszeitraum unter Änderung der KdU vom 1. Oktober 2008 bis 31. März 2009 - endgültig - neu fest. Damit war dem Widerspruch aber entgegen dem Hinweis in dem Aufhebungsbescheid nicht in vollem Umfang abgeholfen. Denn die Klägerinnen hatten - wie sich auch aus dem vorsorglich erhobenen weiteren “Widerspruch„ ergibt - neben den beanstandeten KdU weitere Einwendungen gegen die Leistungsbewilligung für die Bezugsmonate ab 1. Januar 2009 (Anrechnung von Elterngeld) geltend gemacht. Ungeachtet dessen, ob sich durch die endgültige Bewilligungsentscheidung im Bescheid vom 5. Dezember 2008 die vorläufige Bewilligung im Bescheid vom 24. September 2008 iSv § 39 Abs. 2 Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X) erledigt hatte, ohne dass es einer gesonderten Aufhebung bedurft hätte (vgl. hierzu BSG SozR 4100 § 42 Nr 4; BSG SozR 3-1300 § 31 Nr 10), war der Bewilligungsbescheid vom 5. Dezember 2008 jedenfalls Gegenstand des Widerspruchsverfahrens gegen den Bescheid vom 24. September 2008 gemäß § 86 SGG geworden, so dass es einer (abschließenden) Bescheidung des Widerspruchs der Klägerinnen im Übrigen bedurft hätte.

Allerdings ist insoweit bereits die am 8. Januar 2009 und damit zeitlich vor der hier erhobenen Untätigkeitsklage anhängig gewordene Klage gegen den Bescheid vom 24. September 2008 “in Gestalt des Änderungsbescheides vom 5. Dezember 2008„ (- S 43 AS 388/09 -) sinngemäß (auch) als hilfsweise erhobene Untätigkeitsklage iSv § 88 Abs. 2 SGG anzusehen. Denn die Klägerinnen haben in der dortigen Klageschrift ausdrücklich darauf verwiesen, dass mit dem Änderungsbescheid vom 5. Dezember 2008 ihrem Widerspruch nicht in vollem Umfang abgeholfen worden sei und sie vorsorglich wegen der Rechtsbehelfsbelehrung in diesem Bescheid erneut Widerspruch eingelegt hätten. Die erneute Erhebung einer Untätigkeitsklage mit dem vorliegenden Verfahren war daher nicht zulässig (§ 202 SGG iVm § 17 Abs. 1 Satz 2 Gerichtsverfassungsgesetz). Im Rahmen des früher anhängig gewordenen Verfahrens - S 43 AS 388/09 - war das SG zudem ohnehin gehalten, dem Beklagten die Möglichkeit einzuräumen, das Vorverfahren abzuschließen und so dem Gericht eine inhaltliche Sachprüfung zu ermöglichen (vgl. BSG, Urteil vom 25. April 2007 - B 12 AL 2/06 - juris - mwN; BSG SozR 1500 § 78 Nr 8; BSG SozR 3-1500 § 78 Nr 3 und Nr 5; ggfs auch im Wege einer entsprechenden Verpflichtung der Behörde durch Zwischenurteil gemäß § 202 SGG iVm § 303 ZPO: BSG, Urteil vom 3. März 1999 - B 6 KA 10/98 R = SozR 3-5540 Anl 1 § 10 Nr 1). Ein Rechtsschutzbedürfnis für eine gesonderte, auf abschließende Bescheidung des ...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge