Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende. Zulässigkeit der Beschwerde gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe bei Nichterreichen des Beschwerdewertes. Zulässigkeit der vollständigen Rücknahme der Bewilligung von Leistungen bei Verletzung von Mitwirkungspflichten gegenüber anderen Leistungsträgern. Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung. Rücknahme der Leistungsbewilligung. Statthaftigkeit. Einseitige Erledigungserklärung. Hinreichende Erfolgsaussicht

 

Orientierungssatz

1. Die Beschwerde gegen die Ablehnung des Antrages auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist auch dann statthaft, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes den Betrag von 750,00 € nach § 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGG nicht erreicht. Beschwerden gegen die Ablehnung der Prozesskostenhilfe sind nach § 172 Abs. 3 Nr. 2 SGG nur ausgeschlossen, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die PKH verneint.

2. Fordert der Grundsicherungsträger einen Hilfebedürftigen zur Antragstellung bei einem anderen Leistungsträger auf und kommt der Hilfebedürftige dieser Aufforderung nur unzureichend nach, ist zweifelhaft, ob der Grundsicherungsträger eine daraufhin verfügte vollständige Rücknahme der Bewilligung von Leistungen auf mangelhafte Mitwirkung stützen kann. Denn § 5 Abs. 3 S. 1 SGB II sieht vor, dass der Leistungsträger selbst den Antrag stellen kann, falls Hilfebedürftige trotz Aufforderung einen erforderlichen Antrag auf Leistungen eines anderen Trägers nicht stellen.

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 17. April 2009 geändert.

Dem Antragsteller wird für das Verfahren vor dem Sozialgericht Prozess-kostenhilfe ohne Bestimmung einer Ratenzahlung bewilligt und Rechtsanwalt C A, Rstraße, B, beigeordnet.

Außergerichtliche Kosten sind für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Der Antragsgegner fordert den Antragsteller unter dem 23. September 2008 auf, bis spätestens 10. Oktober 2008 einen Antrag auf “Erwerbsunfähigkeitsrente„ zu stellen und die Antragstellung bis dahin nachzuweisen. Sollte der Antragsteller bis zu diesem Termin nicht antworten bzw. die angeforderten Unterlagen einreichen, werde er (der Antragsgegner) die Geldleistung bis zur Nachholung der Mitwirkung ganz versagen. In der Folgezeit verlängerte der Antragsgegner die Frist mehrfach (zuletzt bis 15. Dezember 2008) und bewilligte dem Antragsteller mit Bescheid vom 12. Dezember 2008 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit vom 1. Oktober 2008 bis 31. März 2009 in Höhe von monatlich 607,43 EUR.

Mit als “Versagungs-/Entziehungsbescheid nach § 66 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I)„ bezeichneten Bescheid vom 19. Februar 2009 entzog der Antragsgegner die Leistungen ab 1. März 2009 ganz mit der Begründung, dass jetzt ein Schreiben der Deutschen Rentenversicherung Bund (DRV-Bund) vorliege, wonach der Antrag nicht bearbeitet werden könne, weil maßgebliche Angaben fehlten und der Antragsteller nicht reagiere. Dadurch sei der Antragsteller seinen Mitwirkungspflichten nicht nachgekommen und habe die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert.

Gegen den Aufhebungsbescheid legte der Antragsteller am 10. März 2009 Widerspruch ein und beantragte zugleich am 10. März 2009 bei dem Sozialgericht (SG) Berlin die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen den Bescheid vom 19. Februar 2009 sowie die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH). Das SG Berlin wies mit Beschluss vom 17. April 2009 “den Antrag„ und den Antrag auf Gewährung von PKH zurück mit der Begründung, dass es an einem besonderen Eilbedürfnis fehle. Für die Zeit ab 1. April 2009 sei die Leistungsgewährung wieder aufgenommen worden. Trotz gerichtlicher Nachfrage seien für die Zeit davor keine schweren unzumutbaren Nachteile vorgetragen worden. Der Beschluss wurde von der Geschäftsstelle am 20. April 2009 versandt und dem Antragsteller am 25. April 2009 zugestellt. Bereits am 20. April 2009 (Eingang beim SG) erklärte der Antragsteller den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung für erledigt.

Am 11. Mai 2009 hat der Antragsteller gegen den Beschluss Beschwerde eingelegt und zur Begründung ausgeführt, dass aus dem Schreiben des SG vom 6. April 2009 keine Aufforderung zur Stellungnahme entnommen werden könne. Zudem habe der Antragsgegner seinem Begehren entsprochen, indem er mit Bescheid vom 24. April 2009 den Aufhebungsbescheid aufgehoben habe.

II.

Die fristgerecht erhobene Beschwerde des Antragstellers ist zulässig. Die Beschwerde richtet sich allein gegen die Ablehnung des Antrags auf Bewilligung von PKH im Beschluss des SG vom 17. April 2009. Dies hat der Antragsteller ausdrücklich im Schriftsatz vom 1. September 2009 klargestellt. Zudem ist der Beschluss des SG vom 17. April 2009 hinsichtlich der Zurückweisung des Antrags auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs durch die als Rücknahme zu wer...

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