Entscheidungsstichwort (Thema)
Anspruch auf Entschädigung wegen überlanger Dauer eines Verfahrens -Verzinsung
Orientierungssatz
1. Nach § 198 Abs. 1 S. 1 GVG wird angemessen entschädigt, wer infolge unangemessener Dauer eines Gerichtsverfahrens als Verfahrensbeteiligter einen Nachteil erleidet. Eine Entschädigung erhält ein Verfahrensbeteiligter nur dann, wenn er bei dem mit der Sache befassten Gericht nach Abs. 3 S. 1 die Dauer des Verfahrens gerügt hat. Für eine entschädigungspflichtige Verzögerung des Verfahrens von 27 Monaten errechnet sich eine Entschädigung von 2.700.- €. .
2. Die ausgezahlte Entschädigungssumme ist nach §§ 288 Abs. 1, 291 S. 1 BGB ab Klageerhebung zu verzinsen.
Tenor
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 5% Zinsen über dem Basiszinssatz auf den Betrag von 2.700,- € für die Zeit vom 17. Dezember 2018 bis 18. Juni 2019 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt noch die Gewährung einer Entschädigung wegen überlanger Dauer des vor dem Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg unter dem Aktenzeichen – L 34 AS 3015/14 NZB - geführten Verfahrens (Ausgangsverfahren) iHv weiteren 400,- € nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz auf den ursprünglich geltend gemachten Betrag iHv 3.100,- € sowie der gesamten Kosten des Verfahrens, nachdem der Beklagte sich mit Teilanerkenntnis vom 16. Mai 2019 bereit erklärt hatte, dem Kläger eine Entschädigung iHv 2.700,- € zu gewähren und dieses Teilanerkenntnis auch umgesetzt hat.
Dem rechtskräftig abgeschlossenen Ausgangsverfahren lag folgender Sachverhalt zugrunde:
Das Jobcenter T (JC) verlautbarte mit Bescheid vom 3. Februar 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Mai 2012 eine Anrechnung zuvor gewährter Darlehen auf die bewilligten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Hiergegen richtete sich die am 12. Juni 2012 beim Sozialgericht (SG) Berlin eingereichte Klage nebst Klagebegründung. Mit Eingangsverfügung vom selben Tag – ausgeführt am 13. Juni 2012 - bestätigte das SG den Eingang der Klage und setzte dem JC eine Frist von einem Monat zur Klageerwiderung, die am 16. Juli 2012 beim SG einging. Unter dem 18. Juli 2012 bat das SG um Übersendung der Verwaltungsakten und übersandte dem Kläger die Klageerwiderung unter dem 10. August 2012 zur Kenntnisnahme. Den Schriftsatz des Klägers vom 22. August 2012 leitete das SG dem JC am 28. August 2012 zunächst zur Kenntnisnahme und „eventuellen“ Stellungnahme weiter; mit Schreiben vom 7. September 2012 stellte das SG klar, dass eine Stellungnahme des JC erbeten werde, die – nach zweimaliger gerichtlicher Erinnerung - mit Datum vom 23. November 2012 am 27. November 2012 unter Vorlage des Bewilligungsbescheides vom 4. September 2012 beim SG einging. Die vom Kläger hierauf erbetene Stellungnahme lag dem SG am 19. Dezember 2012 vor (Schriftsatz vom 13. Dezember 2012). Das hierzu um Äußerung gebetene JC nahm mit Schriftsatz vom 18. Februar 2013 (Eingang beim SG am 20. Februar 2013) Stellung; das SG übersandte dem Kläger diesen Schriftsatz zur Kenntnisnahme und „eventuellen“ Stellungnahme. Unter dem 25. Februar 2013 (Eingang beim SG am 26. Februar 2013) bat der Kläger um Sachstandsmitteilung, mit Schriftsatz vom 28. Februar 2013 (Eingang am 4. März 2013) sah er diese als erledigt an, verwies auf seine bisherigen Ausführungen und bat um richterlichen Hinweis.
Mit Schreiben vom 22. März 2013 hörte das SG die Beteiligten des Ausgangsverfahrens zur beabsichtigten Entscheidung durch Gerichtsbescheid an und wies – auf Anfrage des Klägers - mit Schreiben vom 18. Juli 2013 darauf hin, dass wegen vordringlicher anderer Verfahren „erst in einigen Monaten“ mit der Entscheidung gerechnet werden könne. Der Kläger erhob unter dem 26. Juli 2013 (Eingang am 31. Juli 2013) Verzögerungsrüge. Die seinerzeitigen Bevollmächtigten des Klägers, die sich mit Schriftsatz vom 27. Juli 2013 bestellt hatten, begründeten die Klage ergänzend unter dem 24. September 2019 (Eingang am 25. September 2013), das JC legte die hierzu erbetene Stellungnahme am 15. Oktober 2013 vor (Schriftsatz vom 11. Oktober 2013), auf die sich der Kläger mit Schriftsatz vom 25. Oktober 2013 (Eingang 28. Oktober 2013) einließ. Auf eine erneute Sachstandsanfrage vom 21. Februar 2014 teilte das SG dem Kläger unter dem 24. Februar 2014 mit, dass weiterhin eine Entscheidung durch Gerichtsbescheid erwogen werde. Da die Sache nicht eilbedürftig sei, würden andere Verfahren vorrangig betrieben. Mit Gerichtsbescheid vom 13. Juni 2014, zugestellt am 20. Juni bzw 23. Juni 2014, wies das SG die Klage ab. Auf den Antrag auf mündliche Verhandlung vom 21. Juli 2014 hat der Vorsitzende des SG mit Verfügung vom 23. September 2014 die Sache zur mündlichen Verhandlung am 21. Oktober 2014 anberaumt und die Klage auf die mündliche Verhandlung abgewiesen (Urteil vom 21. Oktober 2014, zugestellt am 31. Oktober 2014).
Die am 25. November 2014 eingelegte Nich...