Entscheidungsstichwort (Thema)

Ausschluss einer Befreiung von der Rentenversicherungspflicht eines selbständig tätigen Rechtsanwalts für dessen Beschäftigung als wissenschaftlicher Mitarbeiter. Erstreckung eines bestehenden Befreiungstatus

 

Orientierungssatz

1. Die Vorschrift des § 6 Abs. 5 S. 2 SGB 6 regelt allein die Erstreckung eines bestehenden Befreiungsstatus auf eine andere Tätigkeit (BSG Urteil vom 31. 10. 2012, B 12 R 8/10 R). Sie knüpft an die Befreiung nach § 6 Abs. 1 S. 1 SGB 6 an; d. h. sie setzt voraus, dass eine Beschäftigung ausgeübt wird, die dem Grunde nach versicherungspflichtig ist und tatsächlich von der Versicherungspflicht befreit wurde.

2. Ist ein selbständiger Rechtsanwalt zusätzlich in einem zeitlich befristeten Arbeitsvertrag als wissenschaftlicher Mitarbeiter tätig, so unterliegt er als Selbständiger nicht der Versicherungspflicht. Eine Befreiung ist damit begrifflich ausgeschlossen. Infolgedessen ist die als wissenschaftlicher Mitarbeiter ausgeübte Tätigkeit versicherungspflichtig; eine Befreiung ist ausgeschlossen.

 

Normenkette

SGB VI § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, Abs. 5 S. 2

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 20. Januar 2016 wird zurückgewiesen.

Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Befreiung des Klägers von der Versicherungspflicht bei der Beklagten während des Zeitraums vom 1. Oktober 2013 bis zum 31. März 2015.

Der 1967 geborene Kläger ist seit 1997 als Rechtsanwalt tätig. Zunächst arbeitete er als selbständiger Rechtsanwalt in K. Er war Pflichtmitglied des Versorgungswerks der Rechtsanwälte im Lande NW. Vom 16. November 1998 bis zum Jahr 2000 war er als angestellter Rechtsanwalt in B beschäftigt. Auf seinen Antrag befreite ihn die Rechtsvorgängerin der Beklagten mit Bescheid vom 1. Februar 1999 von der Versicherungspflicht. Seit dem Jahr 2000 arbeitet der Kläger als selbständiger Rechtsanwalt in B. Er ist Mitglied der Rechtsanwaltskammer B und weiterhin Mitglied im genannten Versorgungswerk.

In dem Zeitraum vom 1. Oktober 2013 bis zum 31. März 2015 war der Kläger auf der Grundlage eines zeitlich befristeten Arbeitsvertrages als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der LU L angestellt. Unter dem 18. November 2013 beantragte er bei der Beklagten die Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung. Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 7. Januar 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. März 2014 ab. Zur Begründung führte sie insbesondere aus, dass die Befreiungsvoraussetzungen des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch, Sechstes Buch (SGB VI) nicht erfüllt seien, da die Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter keine für einen Rechtsanwalt typische anwaltliche Berufstätigkeit sei. Die Erstreckung einer Befreiung nach § 6 Abs. 5 Satz 2 SGB VI sei mangels Befreiung nicht möglich. Denn die mit Bescheid vom 1. Februar 1999 erteilte Befreiung sei nicht mehr wirksam.

Mit seiner hiergegen gerichteten Klage bei dem Sozialgericht Berlin hat der Kläger insbesondere vorgebracht, es komme nicht auf die tatsächliche Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI an, sondern auf das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen. Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 20. Januar 2016 abgewiesen. Es ist hierbei im Wesentlichen der Begründung der Beklagten gefolgt.

Der Kläger wendet sich mit seiner Berufung gegen diese Entscheidung. Er wiederholt und vertieft sein Vorbringen erster Instanz. Insbesondere trägt er unter Heranziehung des Urteil des Bundessozialgerichts vom 31. Oktober 2012 - B 12 R 8/10 R - vor, die Erstreckung der Befreiung setze (neben dem Vorliegen einer zeitlich befristeten Tätigkeit) das Vorliegen des zu der ursprünglichen Befreiung führendes Sachverhalts, also die Pflichtmitgliedschaft in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung und die Pflichtmitgliedschaft in einer berufsständischen Kammer, voraus. Hieraus ergebe sich, dass die Befreiung selbst keine Voraussetzung des von ihm geltend gemachten Anspruchs bilde.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 20. Januar 2016 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 7. Januar 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. März 2014 zu verpflichten, ihn für die Beschäftigung als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der L U L im Zeitraum vom 1. Oktober 2013 bis zum 31. März 2015 von der Pflicht zur gesetzlichen Rentenversicherung zu befreien.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält die Entscheidung des Sozialgerichts für zutreffend.

Wegen der weiteren Ausführungen der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze Bezug genommen. Ferner wird auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakte und des Verwaltungsvorgangs der Beklagten verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

 

Entscheidungsgründe

Die zu...

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