Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Unfallversicherung. Arbeitsunfall. Unfallbegriff. äußeres Ereignis. physiologischer Bewegungsablauf. kein unwillkürlicher, unkoordinierter Bewegungsablauf. haftungsbegründende Kausalität. wesentliche Bedingung. Gelegenheitsursache. degenerativer Vorschaden. Achillessehnenriss. Reparaturarbeiten. enger Arbeitsraum
Orientierungssatz
Zur Nichtanerkennung eines Achillessehnenrisses als Arbeitsunfall mangels Vorliegens eines "von außen auf den Körper einwirkenden Ereignisses" (hier: Achillessehnenruptur nach Positionswechsel bei Reparaturarbeiten in einem Motorraum eines Krans).
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 04. Mai 2006 wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Streitig ist die Anerkennung eines Ereignisses vom 10. Juli 2003 als Arbeitsunfall.
Tatbestand
Der Kläger war als Kranfahrer tätig, als er sich am 10. Juli 2003 gegen 9.30 Uhr während der Arbeit im Windpark E bei N eine Achillessehnenruptur rechts zuzog. Er beendete die Arbeit sofort und stellte sich im M-Krankenhaus in N vor, wo eine tastbare Mulde distale Achillessehne rechts sowie eine aufgehobene Fußstreckung festgestellt wurden (Durchgangsarztbericht ≪DAB≫ vom 11. Juli 2003).
In einem ersten DAB des Dr. W von der Unfallchirurgischen Klinik der D Kliniken K vom 11. Juli 2003 wurde der Geschehensablauf zunächst wie folgt wiedergegeben (bei gleich bleibendem medizinischem Befund):
“Patient hatte auf Zehenspitzen am Kran im Motorraum gearbeitet, beim Aufsteigen der Leiter plötzlicher Schmerz und knackendes Geräusch rechte Achillessehne.„
In einer korrigierten Version des DAB wurde der Ablauf so geschildert:
“Patient hatte auf Zehenspitzen am Kran im Motorraum gearbeitet, beim Rausklettern aus dem Motorraum an einem Querträger mit der rechten Ferse hängen geblieben, dabei Schlag verspürt oberhalb des Arbeitsschuhrandes.„
Der Kläger wurde laut Entlassungsbericht des Dr. W vom 18. Juli 2003 noch am 11. Juli 2003 in den D Kliniken K operativ mit einer primären Achillessehnennaht versorgt. In dem Entlassungsbericht vom 18. Juli 2003 wurde zur Anamnese angegeben, der Patient habe berichtet,
im Motorraum eines Krans im Zehenspitzenstand gearbeitet und beim Aufsteigen einer Leiter plötzlich Schmerzen im Bereich der rechten Ferse gespürt und ein krachendes Geräusch vernommen zu haben.
In der Unfallanzeige des Arbeitgebers vom 30. Juli 2003 wurde das Ereignis wie folgt geschildert:
“Beim längeren Stehen auf den Zehenspitzen, wobei H. R sich am Querträger des Motorraums abstützte (wenig Platz), riss die Achillessehne.„
Auf Nachfrage der Beklagten führte Dr. W mit Schreiben vom 04. August 2003 aus, der Kläger habe bei seiner Wiedervorstellung am 21. Juli 2003 dem ursprünglich aufgenommenen Unfallhergang widersprochen und den Unfall genauer geschildert. In einer weiteren Darstellung vom heutigen Tage habe er außerdem angegeben:
“Bei dem Motorraum des Krans, in dem er sich aufhielt, handelt es sich normalerweise nicht um einen Arbeitsraum. Die Platzverhältnisse sind sehr eng, so dass man nicht normal stehen kann. Herr R hat dort eine Fehlersuche durchgeführt und musste dazu auf einem Querträger stehen. Er befand sich dabei im Vorfußspitzenstand. Dabei war der Fuß in einer solchen Position, dass ein zweiter Querträger sich im Bereich der Achillessehne befand. Bei dem Positionswechsel hat dann der zweite Träger in die Sehne gedrückt und der Patient verspürte einen heftigen Schmerz.„
Die Beklagte zog in der Folge den Operationsbericht vom 11. Juli 2003 und den Histologie-Befund vom 15. Juli 2003 bei. Aus dem Operationsbericht ergab sich unter anderem, dass sich nach Eröffnen des Peritendineums ein Hämatom entleert hatte. Außerdem holte sie ein Zusammenhangsgutachten von dem Chirurgen und Unfallchirurgen Dr. T ein. Anlässlich der Untersuchung bei Dr. T machte der Kläger am 07. Januar 2004 zum Geschehensablauf folgende Angaben:
“Er war auf Fehlersuche im Motorraum eines großen Krans. Er befand sich in dem engen Motorraum, der keine Trittbretter hatte. Der Motor wird an Stahlhalterungen festgehalten. Er stand auf Zehenspitzen mit beiden Füßen auf einem Stahlträger und hantierte am Motor mit leicht nach vorn gebeugtem Oberkörper. Direkt hinter der rechten Ferse befand sich ein weiterer Stahlträger. Beim Aufrichten des Oberkörpers aus der Zwangshaltung kam es zum Anprall der rechten Ferse gegen den hinter der Ferse befindlichen Stahlträger und im Moment des schnellen Aufrichtens des Oberkörpers hörte er einen deutlichen Knall im Bereich der rechten Ferse.„
Im Weiteren kam Dr. T zu dem Schluss, der Hergang sei nicht geeignet gewesen, einen traumatischen Achillessehnenriss herbeizuführen. Ein größerer, über mehrere Sekunden bestehender Druck gegen die Achillessehne durch einen Stahlträger sei nicht als plötzliches direktes und adäquates Anpralltrauma zu werten und führe deshalb auch nicht zur unwillkürlichen Dehnung einer vorgedehnten Achillessehne. ...