Entscheidungsstichwort (Thema)
Hilfe zur Beschaffung eines Kraftfahrzeugs als Leistung zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft
Orientierungssatz
Zu den Leistungen der Eingliederungshilfe zählt die Hilfe zur Beschaffung eines Kraftfahrzeugs als Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben und zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft. Der Zuschuss zur Anschaffung eines behindertengerechten Kraftfahrzeugs bezweckt vorrangig, behinderte Menschen im Arbeitsleben Nichtbehinderten möglichst gleichzustellen. Der Zweck der allgemeinen Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft genügt nur dann, wenn die hierauf beruhenden Gründe wenigstens das gleiche Gewicht haben wie diejenigen, welche die Notwendigkeit eines Kraftfahrzeuges zur Teilhabe am Arbeitsleben rechtfertigen.
Tenor
Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 17. August 2007 und der Bescheid des Beklagten vom 04. Oktober 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Januar 2006 aufgehoben.
Der Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger als Leistung zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft Hilfen zur Beschaffung eines Kraftfahrzeuges zu gewähren, das zu seiner Beförderung im Pflegerollstuhl geeignet ist.
Der Beklagte hat dem Kläger dessen außergerichtliche Kosten für beide Rechtszüge zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig sind Hilfen zum Erwerb und Umbau eines behindertengerechten Kraftfahrzeuges. Der Kläger ist 1979 geboren worden und leidet wegen eines Gendefekts an einem fortschreitenden Abbau der Nerven- und Muskelfunktionen. Seit 1997 sind bei ihm ein Grad der Behinderung von 100 nach dem Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX) sowie die Voraussetzungen für die Merkzeichen B, G, aG und H anerkannt. Seit mindestens 2001 kann er nicht mehr selbständig laufen und ist zur Fortbewegung auf einen Rollstuhl angewiesen. Seit 2007 benötigt er wegen des Fortschreitens seiner Behinderungen einen Pflegerollstuhl. Er ist wochentags im Förderbereich einer Werkstatt für behinderte Menschen tätig, zu der er mit einem Fahrdienst befördert wird. Fahrten zu ärztlichen Behandlungen werden mit einem Krankenfahrdienst zurückgelegt. Der Kläger hat einen 1983 geborenen Bruder, bei dem seit 1994 ein Grad der Behinderung nach dem SGB IX von 80 festgestellt ist und die Voraussetzungen für die Merkzeichen B und G anerkannt sind. Zur Sicherung des laufenden Lebensunterhalts erhalten beide Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel des Sozialgesetzbuchs Zwölftes Buch (SGB XII). Die Betreuung des Klägers und seines Bruders wird durch ihre Eltern sichergestellt, bei denen die Geschwister auch wohnen. Die 1959 geborene Mutter und Betreuerin des Klägers ist während der Schulzeit im Rahmen eines sogenannten Minijobs als Küchenhilfe in einer Schule tätig. Bei ihr ist seit 2002 ein Grad der Behinderung von 50 nach dem SGB IX anerkannt. Der 1951 geborene Vater und Vertretungsbetreuer des Klägers bezieht eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit von der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See und geht daneben einem Minijob bei einem Saatgutvertrieb nach. Im Februar 2005 beantragte die Betreuerin des Klägers beim Beklagten einen Zuschuss zur Anschaffung eines Kraftfahrzeugs, in dem der Rollstuhl des Klägers transportiert werden kann. Der Kläger könne sich wegen der Schwere seiner Behinderung nicht allein aus dem Rollstuhl in ein Auto umsetzen. Bei einer Körpergröße von 1,74 m und einem Gewicht von rund 85 kg sei es ihr und ihrem Ehemann nicht mehr möglich, ihn anzuheben und umzusetzen. In die Werkstatt für behinderte Menschen werde er im Rollstuhl sitzend befördert. Fahrten zu Freunden oder Verwandten seien ebenso wenig möglich wie ein Kinobesuch. Probleme bereiteten auch der Besuch des Zahnarztes oder der Wassergymnastik. Der Beklagte holte eine Stellungnahme seines amtsärztlichen Dienstes vom 14. Juni 2005 ein (Dipl.-Med. S). Aus ihr ergab sich, dass der Gesundheitszustand des Klägers sich rapide verschlechtere. Er könne nicht unterstützend bei der Mobilisation mitwirken, nur durch zwei Personen könnten Transfers (z.B. vom Rollstuhl ins Bett) geleistet werden. Er müsse durch die Eltern betreut und versorgt werden. Öffentliche Verkehrsmittel könne er nicht nutzen. Er könne nicht mehr vom Rollstuhl in einen normalen Pkw umgesetzt werden. Eine Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft sei nur dann möglich, wenn die Familie des Klägers die Möglichkeit erhalte, ihn im Rollstuhl sitzend zu transportieren. Aus ärztlicher Sicht sei ein Pkw notwendig, der so groß sei, dass ein Rollstuhl hineingeschoben werden könne. Auf Nachfrage des Beklagten erklärte der Kläger anschließend, dass der im Besitz seiner Eltern befindliche Pkw von seinem Vater benötigt werde, um seine Arbeitsstelle zu erreichen. Ferner reichte er ein Attest der Fachärztin für Innere Medizin E vom 22. August 2005 ein. Der Kläger leide an einer erblich bedingten fortschreitenden Nerven- und Muskelschädigung. E...