Entscheidungsstichwort (Thema)
Beginn der Berufungsfrist bei Urteilsberichtigung. Zwischenurteil. selbständige Anfechtung
Orientierungssatz
1. Grundsätzlich hat die Berichtigung eines Urteils wegen offenbarer Unrichtigkeit iS des § 138 Satz 1 SGG regelmäßig keinen Einfluss auf den Beginn und Lauf von Rechtsmittelfristen. Die Berichtigung ändert an dem Beginn der durch die Zustellung der unberichtigten Fassung in Lauf gesetzten Rechtsmittelfrist nichts (vgl BGH vom 9.12.1983 - V ZR 21/83 = BGHZ 89, 184, BGH vom 24.6.2003 - VI ZB 10/03 = NJW 2003, 2991).
2. Abweichend von diesem Grundsatz beginnt mit der Zustellung des Berichtigungsbeschlusses bzw der erneuten Zustellung des berichtigten Urteils eine neue Rechtsmittelfrist, wenn die unberichtigte Urteilsfassung nicht klar genug war, um die Grundlage für die Entschließungen und das weitere Handeln der Partei zu bilden, oder wenn erst die berichtigte Urteilsfassung zweifelsfrei erkennen lässt, gegen wen das Rechtsmittel zu richten ist (vgl BGH vom 17.1.1991 - VII ZB 13/90 = BGHZ 113, 228).
3. Dasselbe gilt, wenn das Gericht die Unrichtigkeit bemerkt und die Urteilsausfertigung zum Zwecke der Berichtigung zurückfordert (vgl BSG vom 28.1.2004 - B 6 KA 95/03 B = SozR 4-1500 § 151 Nr 1).
4. Der erkennende Senat geht, wie der 13. Senat des LSG Berlin (Urteil vom 9.12.2003 - L 13 VG 21/02) davon aus, dass auch Zwischenurteile selbständig anfechtbar sind.
Nachgehend
Tenor
Die von dem Beklagten gegen das Urteil vom 09. März 2005 eingelegte Berufung ist zulässig.
Die Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten bleibt dem Endurteil vorbehalten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten vorab um die Zulässigkeit der Berufung.
Auf den am 26. Juni 2000 gestellten Antrag stellte der Beklagte durch Bescheid vom 05. Juli 2001 und Abhilfebescheide vom 29. Oktober 2001 und 27. März 2002, allesamt in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Oktober 2002 einen Grad der Behinderung (GdB) von 50 für die Beeinträchtigungen "Funktionsbehinderung der Wirbelsäule mit Nervenwurzelreizerscheinungen und hirnorganisches Psychosyndrom" fest und lehnte die Anerkennung der gesundheitlichen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Nachteilsausgleichsmerkmale "G" (erheblich beeinträchtigt in der Fortbewegung im Straßenverkehr) und "H" (hilflos) ab.
In dem seit dem 15. November 2002 anhängigen Klageverfahren vor dem Sozialgericht Neuruppin, mit dem der Kläger geltend gemacht hat, nicht in der Lage zu sein, eine Wegstrecke von 2000 m in 30 Minuten zurücklegen zu können, hat der Beklagte ein Teilanerkenntnis dahingehend abgegeben, dass ab Juni 2004 der GdB 70 betrage, dem die Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft "1. Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, Nervenwurzelreizerscheinungen der Wirbelsäule; 2. Schwerhörigkeit beiderseits, Gleichgewichtsstörungen; 3. Beeinträchtigung der Gehirnfunktion; 4. Funktionsbehinderung des Schultergelenkes beiderseits, Kraftminderung re. Unterarm; 5. Funktionsbehinderung des Kniegelenkes beiderseits, Funktionsbehinderung des oberen Sprunggelenkes links, Funktionsstörung durch Fußfehlform beiderseits" zugrunde lägen. Durch Schriftsatz vom 27. August 2004 haben die Prozessbevollmächtigten des Klägers das Teilanerkenntnis angenommen und den Rechtsstreit bezüglich des Merkzeichens "G" fortgeführt.
Durch Urteil vom 09. März 2005 hat das Sozialgericht Neuruppin den Beklagten unter Änderung des Bescheides vom 05. Juli 2001 unter Einbeziehung der Abhilfebescheide vom 29. Oktober 2001 und 27. März 2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 17. Oktober 2002 über das angenommene Teilanerkenntnis vom 11. August 2004 hinaus verurteilt, die gesundheitlichen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Nachteilsausgleichs "G" ab 24. Juni 2004 festzustellen und dem Kläger einen entsprechenden Schwerbehindertenausweis auszustellen. In den Entscheidungsgründen hat das Sozialgericht Neuruppin unter anderem ausgeführt: "Die zulässige Klage ist nicht begründet ..."
Dem Beklagten ist das Urteil am 30. März 2005 mit Empfangsbekenntnis zugestellt worden.
Ausweislich der richterlichen Verfügung vom 23. März 2005 sind die den Beteiligten überlassenen Urteilsausfertigungen "zwecks beabsichtigtem Berichtigungsbeschluss" zurückgefordert worden, ohne das eine Erläuterung abgegeben worden ist, was beabsichtigt sei, zu berichtigen.
Durch Beschluss vom 05. April 2005 hat der Vorsitzende der 3. Kammer des Sozialgerichts Neuruppin das Urteil vom 09. März 2005 dahingehend berichtigt, dass es statt: "Die zulässige Klage ist nicht begründet: heißen muss: Die zulässige Klage ist teilweise begründet". Der Berichtigungsbeschluss ist dem Beklagten durch Empfangsbekenntnis zugestellt worden, ohne dass er die Zustellung durch Angabe eines Datums bestätigt hat. Ausweislich des in den Gerichtsakten (Bl. 152) enthaltenen Empfangsbekenntnisses sind das Urteil vom 09. März 2005 sowie der...