Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs im Beitragsrecht der Rentenversicherung
Orientierungssatz
1. Der sozialrechtliche Herstellungsanspruch hat u. a. zur Voraussetzung, dass der durch das pflichtwidrige Verwaltungshandeln eingetretene Nachteil durch eine zulässige Amtshandlung beseitigt werden kann. Die Korrektur darf darüber hinaus dem jeweiligen Gesetzeszweck nicht widersprechen.
2. Hiernach scheitert ein Anspruch daran, wenn der eingetretene Nachteil nicht mehr durch eine zulässige Amtshandlung beseitigt werden kann.
3. Weder das SGB 6, noch das für die Beitragsentrichtung maßgebende SGB 4 enthalten Regelungen, die es dem Versicherten überlassen, allein zur Rentenoptimierung geleistete Pflichtbeiträge nachträglich zu dessen Gunsten wirksam zu beanstanden (BSG Urteil vom 27. 1. 2000, B 12 KR 10/99 R).
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 18. Juli 2016 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Kosten sind im gesamten Verfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Höhe der Rente der Klägerin und hier um die Frage, ob zu Gunsten der Klägerin weitere Mindestentgeltpunkte bei geringem Arbeitsentgelt nach § 262 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch ≪SGB VI≫ trotz Überschreitens des durchschnittlichen Entgeltpunktewertes von 0,0625 Entgeltpunkten ≪EP≫ für Kalendermonate mit vollwertigen Pflichtbeiträgen zu berücksichtigen sind.
Die am . 1949 geborene Klägerin ist seit 1965 versicherungspflichtig beschäftigt, zuletzt langjährig bei der evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg- . Bis einschließlich September 2013 lag der für sie bei der Beklagten mit vollwertigen Pflichtbeiträgen vorgemerkte Durchschnittwert unter 0,0625 EP.
Auf dieser Grundlage erteilte die Beklagte der Klägerin unter Berechnung zusätzlicher Mindestentgeltpunkte bei geringem Arbeitsentgelt nach § 262 SGB VI im September 2007, im Januar 2013, im Juli 2013 und nochmals - schriftlich als sog. Kurzauskunft - unter dem 23. August 2013 eine Rentenauskunft. Aufgrund der Beitragsentrichtung aus ihrer laufenden Beschäftigung erhöhte sich dieser Durchschnittswert erstmals im Oktober 2013 auf über 0,0625 EP.
Auf Ihren Rentenantrag vom 12. Dezember 2013 bewilligte die Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 27. März 2014 ab dem 1. April 2014 Altersrente für Frauen auf der Grundlage von 34,0321 EP für 543 Monaten mit einem Durchschnittswert für vollwertige Pflichtbeitragszeiten von 0,0627 EP. Dies entsprach einem monatlichen Zahlbetrag von 943,94 € brutto bzw 847,19 € netto. Auf Seite 4 der Anlage 3 zum Rentenbescheid lehnte die Beklagte die Ermittlung zusätzlicher EP ab, da der Monatsdurchschnitt aus allen vollwertigen Pflichtbeitragszeiten den Wert von 0,0625 EP überschreite.
Den hiergegen von der Klägerin am 16. April 2014 unter Hinweis auf ihr Vertrauen auf die angekündigte Rentenhöhe nach den ihr erteilten Rentenauskünften eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 18. August 2015 zurück. Die Rente sei unter Berücksichtigung von § 262 SGB VI ohne zusätzliche EP korrekt berechnet worden, eine Hinweis- oder Beratungspflicht zur vorzeitigen Renteninanspruchnahme habe nicht bestanden.
Gegen diese Entscheidung hat die Klägerin am 14. September 2015 vor dem Sozialgericht ≪SG≫ Cottbus mit der Begründung Klage erhoben, ihr stehe jedenfalls im Wege eines sog. sozialrechtlichen Herstellungsanspruches eine höhere Altersrente zu. Sie sei von der Beklagten falsch beraten worden. Diese habe sie darauf hinweisen müssen, dass bei einer Weiterarbeit und damit nach Erzielung von weiterem Arbeitsentgelt eine Überschreitung der Grenze des § 262 SGB VI und damit eine für sie niedrigere Altersrente drohe.
Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, ihr in Abänderung ihres Rentenbescheides vom 27. März 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. August 2015 im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruches eine höhere Rente bzw. einen früheren Rentenbeginn zu einem Zeitpunkt, bei dem sich noch eine Ermittlung von Mindestentgeltpunkten nach § 262 SGB VI zu ihren Gunsten für ihre vollwertigen Pflichtbeitragszeiten bis 31. Dezember 1991 ergebe, zu bewilligen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Mit Urteil vom 18. Juli 2016 hat das SG die Beklagte antragsgemäß verurteilt und zur Begründung im Wesentlichen nur ausgeführt, die Klägerin sei durch die Beklagte fehlerhaft beraten worden. Zwar habe die Beraterin der Beklagten eine Falschberatung selbst nicht erkennen können, dies dürfe aber nicht zu Lasten der Klägerin gehen. Die Klägerin sei im Wege eines Grundurteils so zu stellen, als hätte eine umfassende und korrekte Beratung stattgefunden und sie einen zeitlich früheren Antrag auf Rente gestellt, mit dem sie in den Genuss einer „Entgeltpunktaufwertung“ nach § 262 SGB VI gekommen wäre.
Gegen diese ihr am 25. Juli 2016 zugestellte Entscheidung hat die Beklagte am 16. A...