Entscheidungsstichwort (Thema)
Anspruch auf Entschädigung wegen zu Unrecht erlittener Haft
Orientierungssatz
1. Nach § 21 Abs. 1 S. 1 StrRehaG erhält ein Betroffener, der infolge der Freiheitsentziehung eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, wegen deren Folgen auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung des BVG.
2. Störungsbilder der posttraumatischen Belastungsstörung und der depressiven Störung mittelgradiger bis schwerer Ausprägung mit Beeinträchtigung der sozialen Anpassungsfähigkeit sind mit einem Grad der Schädigung (GdS) von 40 zu bewerten.
3. Eine Höherbewertung des GdS ist vorzunehmen, wenn der Betroffene in seinem Beruf besonders betroffen ist. Auch derjenige, der seinen Beruf nach der Schädigung weiter ausübt, ist dann betroffen, wenn er eine außergewöhnliche Tatkraft aufwenden und außergewöhnliche Anstrengungen machen muss, um einen wirtschaftlichen Schaden und ein Abgleiten in seinem Beruf zu verhindern.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 22. Mai 2014 wird zurückgewiesen.
Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Höhe des Grades der Schädigungsfolgen (GdS - der bis 2007 als Minderung der Erwerbsfähigkeit [MdE] bezeichnet wurde) unter Berücksichtigung einer besonderen beruflichen Betroffenheit nach dem Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetz (StrRehaG) in Verbindung mit dem Bundesversorgungsgesetz (BVG).
Der Kläger befand sich vom 2. September 1963 bis zum 23. Januar 1967 in der Strafvollzugsanstalt U und vom 14. Juli 1967 bis zum 13. Juni 1968 im Haftarbeitslager R. Mit Beschluss vom 20. Mai 1994 stellte das Landgericht Halle/Saale fest, dass er die Haft zu Unrecht erlitten hatte.
Auf den Antrag des Klägers erkannte der Beklagte 1996 als Schädigungsfolgen
1. belastende Träume nach Haft,
2. depressive Unruhezustände mit Schlafstörungen,
und zwar zu 1) hervorgerufen, zu 2) verschlimmert durch schädigende Einwirkungen im Sinne des § 21 StrRehaG, bei einer MdE von weniger als 25 v.H. an. Im anschließenden Rechtsstreit gab der Beklagte vor dem Landessozialgericht Berlin zum Aktenzeichen L 13 V 1/99 ein Anerkenntnis ab, das der Kläger annahm. In dessen Ausführung gewährte der Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 9. Mai 2000 eine Versorgungsrente nach einer MdE von 40 v.H. mit Wirkung ab 1. Januar 1998. Als Schädigungsfolgen stellte er
1. posttraumatische Belastungsstörung mit Wiedererinnerungen und belastenden Träumen nach Haft,
2. depressive und Unruhezustände mit Schlafstörungen
fest. Eine Höherbewertung der MdE nach § 30 Abs. 2 BVG lehnte der Beklagte ab.
Auf den Verschlimmerungsantrag des Klägers vom 10. September 2004 holte der Beklagte das Kausalitätsgutachten der Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. H vom 5. März 2007 ein, die eine MdE von 40 v.H. bestätigte. Auf der Grundlage dieses Gutachtens lehnte der Beklagte den Antrag mit Bescheid vom 18. Juni 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. August 2007 ab.
Mit seiner Klage bei dem Sozialgericht Berlin hat der Kläger begehrt, bei ihm einen GdS von 70 unter Berücksichtigung einer besonderen beruflichen Betroffenheit anzuerkennen. Nach Einholung von Befundberichten hat das Sozialgericht Berlin mit Urteil vom 22. Mai 2014 die Klage abgewiesen.
Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers. Er bringt hierzu insbesondere vor, dass der GdS höher zu bewerten sei. Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung des Gutachtens des Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie / Neurologie Prof. Dr. P vom 4. Juni 2016, der nach Untersuchung des Klägers den GdS auf 40 eingeschätzt hat.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 22. Mai 2014 aufzuheben sowie den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 18. Juni 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. August 2007 zu verpflichten, ihm mit Wirkung ab 10. September 2004 eine höhere Versorgungsrente nach dem Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetz in Verbindung mit dem Bundesversorgungsgesetz nach einem Grad der Schädigungsfolgen von 60 auf der Grundlage der festgestellten Schädigungsfolgen zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält die Entscheidung des Sozialgerichts für zutreffend.
Wegen der weiteren Ausführungen der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze Bezug genommen. Ferner wird auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakte und des Verwaltungsvorgangs des Versorgungsamtes Berlin verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Recht abgewiesen. Denn der Kläger hat gegen den Beklagten keinen Anspruch, dass dieser ihm auf der Grundlage der festgestellten Schädigungsfolgen eine Versorgungsrente nach dem StrRehaG in Verbindung mit dem BVG nach einem höheren GdS als 40 gewährt.
Nach § 21 Abs. 1 Satz 1 StrRehaG erhält ein Betroffener, der infolge d...