Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommen aus Steuererstattung. Ausgaben für Steuerberatungskosten. Absetzbarkeit
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 14. Mai 2012 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind im gesamten Verfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Aufhebung und Erstattung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit vom 1. bis 31. Mai 2010 in Höhe von (iHv) 200,31 EUR.
Der 1972 geborene Kläger hat am 23. Februar 2001 die erste juristische Staatsprüfung mit Erfolg abgelegt. Mit Bescheid vom 18. März 2010 bewilligte der Beklagte dem Kläger Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 1. Mai 2010 bis 31. Oktober 2010 iHv 868,45 EUR monatlich (359,00 EUR Regelleistung, 349,45 EUR Kosten für Unterkunft und Heizung, 160,00 EUR befristeter Zuschlag nach § 24 SGB II). Am 4. Mai 2010 wurde das im Einkommensteuerbescheid für 2008 vom 3. Mai 2010 festgesetzte Guthaben von 230,31 EUR dem Kläger erstattet. Der Kläger überwies am 20. Mai 2010 an die Steuerberaterin K einen Betrag von 107,34 EUR und nahm am 21. Juni 2010 eine Beschäftigung als juristischer Mitarbeiter auf. Der Beklagte gewährte dem Kläger mit Änderungsbescheid vom 6. Juli 2010 unter Anrechnung des im Juli zugeflossenen Einkommens für die Zeit vom 1. bis 31. Juli 2010 Leistungen nach dem SGB II iHv 659,20 EUR und hob mit Bescheid vom 6. Juli 2010 die Leistungsbewilligung ab 1. August 2010 ganz auf.
Mit Schreiben vom 24. August 2010 hörte der Beklagte den Kläger dazu an, dass dieser für die Zeit vom 1. bis 31. Mai 2010 Leistungen iHv 200,31 EUR zu Unrecht bezogen habe. Es handele sich um ein Guthaben aus dem Steuerbescheid 2008. Hierauf erwiderte der Kläger mit Schreiben vom 8. September 2010 unter Vorlage der Honorar-Rechnung Nr. 19/2010 der Steuerberaterin K vom 25. Februar 2010, dass von dem Erstattungsbetrag die Kosten für die gebotene Steuerberatung (Erstellung der Steuererklärung 2008) iHv 107,34 EUR in Abzug zu bringen seien. Der verbleibende Betrag von 122,97 EUR sei gemäß § 30 SGB II zu bereinigen, so dass kein zu erstattender Betrag verbleibe.
Mit Bescheid vom 17. November 2010 hob der Beklagte die Entscheidungen vom 18. März 2010 und 6. Juli 2010 über die Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 1. bis 31. Mai 2010 teilweise iHv 200,31 EUR nach § 40 SGB II iVm §§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X), 330 Abs. 3 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) auf und forderte nach § 50 SGB X die Erstattung von Regelleistungen für diesen Zeitraum iHv 200,31 EUR. Zur Begründung führte er aus, dass der Kläger während des genannten Zeitraums Einkommen aus der Steuererstattung des Jahres 2008 erzielt habe. Die Steuererstattung sei als einmalige Einnahme nach § 2 Abs. 3 Satz 1 Alg II-V zu berücksichtigen. Der Betrag für die Erstellung der Einkommenssteuererklärung könne nicht berücksichtigt werden.
Hiergegen erhob der Kläger am 7. Dezember 2010 Widerspruch mit der Begründung, dass er fachlich nicht in der Lage gewesen sei, die Steuererklärung selbst zu erstellen. Der Beklagte bewilligte dem Kläger mit Änderungsbescheid vom 18. Januar 2011 unter “Berücksichtigung der Einkommenssteuererstattung des Jahres 2008„ Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 1. bis 31. Mai 2011 iHv 668,14 EUR und wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 23. März 2011 zurück. Zur Begründung führte er aus, dass die Neuberechnung der Leistungen für den Monat Mai mit Änderungsbescheid vom 18. Januar 2011 nachgeliefert worden sei. Dieser Bescheid werde gemäß § 86 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Gegenstand des Widerspruchsverfahrens. Bei einer Steuererstattung handele es sich um Einkommen. Der Freibetrag nach § 30 SGB II müssen nur bei Erwerbseinkommen gewährt werden. Auch eine Berücksichtigung der Steuerberatungskosten nach § 11 Abs. 2 Nr. 5 SGB II könne nicht erfolgen. Es handele sich nicht um eine mit der Erzielung des Einkommens verbundene notwendige Ausgabe. Nach der Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) im Verfahren X R 10/08 sei es einem Steuerpflichtigen zuzumuten, die Steuererklärung ohne fachmännische Hilfe auszufüllen. Zudem könnten Steuerberatungskosten erfolgsunabhängig für das Erstellen der Steuererklärung anfallen. Es bestehe nicht einmal ein mittelbarer Zusammenhang zwischen den Steuerberatungskosten und der Steuererstattung. Einzig die nach § 6 Abs. 1 Alg II-V vorgesehene Versicherungspauschale von 30 EUR sei in Abzug zu bringen.
Hiergegen hat der Kläger am 20. April 2011 bei dem Sozialgericht (SG) Berlin unter Vertiefung seines bisherigen Vorbringens Klage erhoben, zuletzt gerichtet auf die Aufhebung des angefochtenen Bescheides, soweit mehr als 92,97 EUR aufgehoben und erstattet verlangt werden.
Das SG Berlin hat mit Urteil vom 14. Mai 2012 den Bescheid vom 17. November 2010 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 18. Januar 20...