Entscheidungsstichwort (Thema)

Wirksamkeit der Abtretung und Pfändung von Honorarforderungen des Vertragsarztes gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung

 

Orientierungssatz

1. Tritt ein Vertragsarzt seine gegenwärtig und zukünftig gegen die Kassenärztliche Vereinigung (KV) bestehenden Ansprüche rechtswirksam an ein Kreditinstitut ab, so ist eine solche Globalzession grundsätzlich wirksam, sofern kein Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot vorliegt.

2. Die Abtretung setzt zu ihrer Wirksamkeit voraus, dass die abgetretene Forderung bestimmt oder zumindest bestimmbar bezeichnet ist. Wird die Abtretung der Höhe nach begrenzt, so muss die getroffene Begrenzungsregelung eindeutig sein und Zweifel an der Höhe der abgetretenen Forderung nicht zulassen.

3. Mit der Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses an den Drittschuldner ist die Pfändung der Honorarforderung des Vertragsarztes gegenüber der KV nach § 829 Abs. 3 ZPO bewirkt. Im Zeitpunkt der Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses ist der Vertragsarzt nicht mehr Inhaber der Honorarforderung.

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 29. September 2010 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Koten des gesamten Rechtsstreits, einschließlich der Kosten der Beigeladenen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt als Pfändungsgläubiger von der beklagten kassenärztlichen Vereinigung die Zahlung gepfändeter Honoraransprüche aus vertragsärztlicher Tätigkeit in Höhe von 82.462,43 EUR.

Am 26. September 2002 trat der ehemals im Zulassungsbezirk der Beklagten niedergelassene Vertragsarzt Dr. H “seine gegenwärtigen und künftigen Ansprüche

- gegen die jeweils zuständige Kassen(zahn)ärztliche Vereinigung - insbesondere die Ansprüche auf Auszahlung des Anteils aus der Kassen(zahn)ärztlichen Gesamtvergütung - im Fall des § 120 SGB V auch gegenüber dem jeweiligen Krankenhausträger,

- auf Zahlung von Altersruhegeld sowie Krankengeld gegen die jeweiligen Leistungsträger (z.B. standeseigenes Versorgungswerk, Renten der LVA oder BfA etc.),

mit allen Rechten an die Bank ab.„

Unter Ziffer 2. 1 des “Sicherungsvertrages„ vom 26. September 2002 heißt es weiter:

“Erhält der Sicherungsgeber mehrere der vorgenannten Bezüge, so ist er damit einverstanden, dass diese im Verwertungsfall zusammen gerechnet werden. Die Abtretung ist jedoch jeweils begrenzt (unter Anrechnung weiterer der Bankgestellter Sicherheiten mit ihrem Sicherungswert) auf einen Betrag von EUR 40.000,00 der sich jeweils um die Beträge vermindert, die einer der Drittschuldner an die Bank aufgrund seiner in Anspruchnahme gemäß Nr. 3.2. Abs. 3 dieses Vertrages leistet.„

Die Bank, die Beigeladene, benannte als Zahlkonto das bei ihr bestehende Konto des Dr. H. Diese Abtretungserklärung ging der Beklagten am 14. Oktober 2002 zu. Am 13. Oktober 2003 erwirkte der Kläger aufgrund offener Forderungen gegen Dr. H in Höhe von 187.721,06 EUR einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des Amtsgericht Zossen (Geschäfts.-Nr.: 31 M 1616/03). Gepfändet und dem Kläger zur Einziehung überwiesen werden sollten “derzeit bestehende und zukünftige Honorarforderungen aus der gesamten vertragsärztlichen Tätigkeit des Schuldners gegen den Drittschuldner„. Dieser Beschluss wurde der Beklagten am 27. Oktober 2003 zugestellt.

Die Beklagte erkannte mit Schreiben vom 10. September 2003 “die gepfändete Forderung„ an. Sie teilte dem Kläger mit, dass der Schuldner den “pfändbaren Teil des Honorars aus der vertragsärztlichen Tätigkeit am 26. September 2003 an die (Beigeladene) abgetreten (habe). Die Abtretung sei auf einen Betrag von 40.000,00 EUR begrenzt. Einen pfändbaren Betrag könne (der Kläger) mit Rücksicht auf die bestehende Abtretung zurzeit nicht erwarten.„

Mit Schreiben vom 6. November 2003 teilte die Beigeladene der Beklagten mit, dass “die Abtretung weiterhin wirksam (sei). Die Höhe der Abtretung (richte) sich nach dem Engagement des Kunden. Insofern (reduziere sie) den Betrag auf zurzeit 14.200,00 EUR.„ Bislang sei eine Inanspruchnahme nicht erfolgt, so dass die Reduzierung der Abtretungsforderung um die ausgezahlten Beträge nicht möglich sei. Auszahlungen seien Dr. H seit Bestehen der Abtretung zur freien Verfügung überlassen worden.

Über das Vermögen des Dr. H ist mit Beschluss vom 3. September 2004 das Insolvenzverfahren eröffnet worden. Ab dem 25. August 2004 ist die Zahlung des Honorars des Dr. H auf das Konto des Insolvenzverwalters erfolgt. Dr. H hat seine vertragsärztliche Tätigkeit am 30. Juni 2006 eingestellt.

Von Oktober 2003 bis September 2004 leistete die Beklagte die folgenden Zahlungen:

Restzahlungen

Abschläge

Zahltermin

Betrag in €

Zahlung an Empfängerkonto

II/2003

30.10.2003

6.190,64

Oktober 2003

06.11.2003

6.600,00

November

09.12.2003

6.600,00

Dezember

06.01.2004

6.600,00

III/2003

29.01.2004

5.729,98

Januar 2004

09.02.2004

6.500,00

Februar 2004

08.03.2004

6.500,00

März 2004

07.04.2004

6.500,00

IV/2003

29.04.2004

7.656,16

April 2004

06.05.2004

6...

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