Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeld II. Angemessenheit der Unterkunftskosten. Berliner Mietspiegel 2005. Angemessenheitsgrenze für Ein-Personen-Haushalt. Wohnungsgröße. Betriebskosten. Warmwasseraufbereitung

 

Leitsatz (amtlich)

1. In Berlin sind für Bewilligungszeiträume zwischen Mai 2006 und Oktober 2007 bei einem Einpersonenhaushalt Unterkunftskosten (einschließlich Betriebs- und Heizkosten) von weniger als 360,00 € angemessen.

2. Die Angemessenheit der Nettokaltmiete richtet sich nach der im sozialen Mietwohnungsbau anerkannten Wohnraumgröße und nach dem qualifizierten Mietspiegel des jeweiligen Wohnortes. Die Richtlinien für die Förderung von eigengenutztem Wohnungseigentum sind keine maßgebliche Orientierungsgröße. Es ist vielmehr in Berlin auf die früheren Richtlinien für den öffentlich geförderten sozialen Wohnungsbau abzustellen, bei denen zuletzt Bauprojekte für 1,5 Zimmer-Wohnungen mit einer maximalen Wohnfläche von 45 qm gefördert wurden.

3. Maßgeblich für die Zeit bis jedenfalls Mitte 2007 ist der Mietspiegel 2005 vom 22.8.2005 (Amtsblatt für Berlin 2005, 3109ff), auch wenn dieser auf in den Vorjahren erhobenen Daten basiert. Denn Grundlage für die Beurteilung der maßgeblichen Nettokaltmiete kann stets nur ein in dem fraglichen Zeitraum bereits veröffentlichter Mietspiegel sein. Andernfalls müsste regelmäßig nach Veröffentlichung des neuen Mietspiegels für die Vorjahre eine umfassende Überprüfung der für die Kosten der Unterkunft erbrachten Leistungen erfolgen.

4. Zur Festsetzung des maßgeblichen Quadratmeterpreises ist ein Gesamtmittelwert aus sämtlichen Mittelwerten einer Zeile zu bilden. Weder erscheinen nur einzelne der im Wesentlichen nach Jahren der Bezugsfertigkeit der Wohnungen und ergänzend nach deren Ausstattung mit Sammelheizung und Bad gebildeten Spalten für maßgeblich, noch sind innerhalb der einzelnen Spalten die angegebenen Spannentiefst- oder -höchstwerte als entscheidend anzusehen (aA LSG Berlin-Potsdam vom 4.4.2008 - L 32 B 458/08 AS ER).

5. Zur Bestimmung der Betriebskosten ist auf den vom Deutschen Mieterbund für die gesamte Bundesrepublik Deutschland ermittelten Betriebskostenspiegel zurückzugreifen, nicht hingegen auf den 4/5 Spannen-Oberwert der im Mietspiegel enthaltenen Betriebskostenübersicht (so jedoch LSG Berlin-Potsdam vom 4.4.2008 - L 32 B 458/08 AS ER - sowie vom 9.12.2008 - L 32 B 2223/08 AS ER) abzustellen.

6. Es bleibt offen, ob die Kosten für die Warmwasseraufbereitung vom Gesamtbetrag der Nebenkosten ganz oder teilweise in Abzug zu bringen sind. Es ist zu bedenken, dass zwar die Kosten der Warmwasseraufbereitung nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts aus dem Regelsatz zu tragen sind, in diesem jedoch hierfür Kosten nur in einer niedrigeren Höhe als nach dem maßgeblichen Betriebskostenspiegel für die Warmwasseraufbereitung enthalten sind.

 

Orientierungssatz

Soweit der erkennende Senat hinsichtlich der Angemessenheit der Unterkunftskosten für allein stehende Hilfebedürftige bisher anderes vertreten hat, insbesondere mit Urteil vom 9.11.2007 (L 28 AS 1059/07) für einen Einpersonenhaushalt eine bis zu 50 m² große Wohnung als angemessen angesehen und für die Ermittlung der maßgeblichen Nettokaltmiete einerseits lediglich Wohnungen einbezogen hat, die mit Sammelheizung, Bad und Innen-WC ausgestattet sind, andererseits aber die nach 1990 bezugsfertig gewordenen Wohnungen nicht berücksichtigt hat, hält er daran nicht mehr fest.

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 01. April 2008 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Gewährung höherer Leistungen für Unterkunft und Heizung für die Zeit vom 01. Mai 2006 bis zum 31. Oktober 2007.

Die 1968 geborene Klägerin stammt aus B. In ihrer Heimat schloss sie ein Studium der Rechtswissenschaft ab und erwarb ein Diplom als Betriebswirtin. Von 1999 bis 2004 war sie als Marketing Leiterin einer Import-Export-Firma in Berlin beschäftigt. Zu Beginn ihrer Tätigkeit besuchte sie - offenbar ergänzend - verschiedene renommierte Sprachschulen, um die deutsche Sprache zu erlernen bzw. ihre Kenntnisse zu vertiefen. Im Jahre 2000 heiratete sie einen deutschen Staatsangehörigen. Sie selbst besitzt die serbische Staatsangehörigkeit und verfügt seit 2005 über eine Niederlassungserlaubnis.

Nach der Trennung von ihrem Ehemann bewohnte die Klägerin in der M Straße in B allein eine Mietwohnung, für die eine Bruttowarmmiete in Höhe von 850,00 € zu zahlen war. Mit Schreiben vom 19. Januar 2006 wies das ihr seinerzeit Leistungen nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB II) gewährende JobCenter R sie auf die Unangemessenheit ihrer Unterkunftskosten und das Ende der Frist zur Übernahme der tatsächlichen Miete am 30. November 2006 hin. Wörtlich hieß es in dem Schreiben u. a.:

“Im Bedarf der Grundsicherung für Arbeitsuchende wird eine Brutto-War...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge