Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende: Berücksichtigung von Versicherungsleistungen als Ersatzzahlungen nach Diebstahl als Einkommen. Abgrenzung des Einkommens von Vermögen. Wiederherstellung der früheren Vermögenslage. Vorläufige Bewilligung. Endgültige Entscheidung. Isolierte Anfechtungsklage. Rechtsschutzbedürfnis
Orientierungssatz
1. Zahlungen aus einem Versicherungsvertrag als Ersatzleistungen für eine gestohlene Sache sind kein anzurechnendes Einkommen im Rahmen der Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende. Vielmehr sind diese Versicherungsleistungen dem Vermögen zuzurechnen, da sie einen Wertersatz und keinen Wertzuwachs darstellen.
2. Bei einer isolierten Anfechtungsklage gegen einen endgültigen Leistungsbescheid über Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende, der eine vorläufige Festsetzung ersetzt, ist jedenfalls dann ein Rechtsschutzbedürfnis zu bejahen, wenn sich der Grundsicherungsträger im Verfahren ausdrücklich dazu verpflichtet, im Falle eines stattgebenden Urteils erneut für den streitgegenständlichen Zeitraum eine endgültige Entscheidung zu treffen.
Normenkette
SGB II § 11 Abs. 1 S. 1, § 12; Alg-II-VO § 3; SGB III § 328; SGB X § 39 Abs. 2
Tenor
Auf die Berufung der Kläger werden das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 25. Oktober 2012 sowie die Bescheide des Beklagten vom 30. August 2011 und vom 31. August 2011 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 1. Dezember 2011 aufgehoben.
Der Beklagte hat den Klägern deren außergerichtliche Kosten beider Instanzen zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Rechtmäßigkeit der endgültigen Ablehnung von vorläufig bewilligten Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) sowie der Geltendmachung der Erstattung von Leistungen durch die Beklagte.
Die in Bedarfsgemeinschaft lebenden Kläger standen bei dem Beklagten fortlaufend im Leistungsbezug. Auf ihren Weiterbewilligungsantrag bewilligte der Beklagte den Klägern mit Bescheid vom 25. Januar 2011 im Zeitraum vom 1. Februar 2011 bis 31. Juli 2011 Leistungen nach dem SGB II iHv monatlich 1.007,00 € vorläufig gem. § 40 Abs 1 S 2 Nr 1a SGB II iVm § 328 Abs 1 S 1 Nr 3 Sozialgesetzbuch - Arbeitsförderung - (SGB III). Als Begründung für die lediglich vorläufige Bewilligung der Leistungen wurde angegeben, die Einnahmen bzw. Ausgaben aus der selbständigen Tätigkeit des Klägers zu 1) im Bewilligungszeitraum als Transportunternehmer seien aufgrund dessen Angaben zu seinem voraussichtlichem Einkommen zunächst vorläufig festgesetzt worden. Mit Änderungsbescheid vom 26. März 2011 bewilligte der Beklagte den Klägern unter Beibehaltung der Vorläufigkeit der Entscheidung wegen der Erhöhung des Regelsatzes Leistungen iHv monatlich 1.017,00 €.
Im Juli 2011 forderte der Beklagte den Kläger zu 1) auf, zwecks abschließender Einkommensprüfung seine Einkünfte im Zeitraum 1. Februar 2011 bis 31. Juli 2011 mitzuteilen. Der Kläger erklärte daraufhin, dass er einen Betrag iHv 10.125,- € von seiner Versicherung zum Ausgleich des durch den Verlust eines LKW durch Diebstahl entstandenen Schadens im Juni 2011 erhalten habe. Der Beklagte lehnte daraufhin mit Bescheid vom 30. August 2011 die Bewilligung von Leistungen im Zeitraum 1. Februar 2011 bis 31. Juli 2011 mangels Hilfebedürftigkeit der Kläger iSd § 7 Abs 1 Nr 3 SGB II ab, da unter Berücksichtigung des Versicherungsbetrages ein monatlicher Gewinn aus der selbständigen Tätigkeit des Klägers zu 1) iHv 1.806,18 € anzurechnen sei und dieser Gewinn den Bedarf der Kläger übersteige. Mit an den Kläger zu 1) gerichtetem Erstattungsbescheid vom 31. August 2011 forderte der Beklagte den Kläger zu 1) zur Erstattung eines überzahlten Betrages iHv 2.090,64 € auf, mit an die Klägerin zu 2) gerichtetem Bescheid ebenfalls vom 31. August 2011 forderte der Beklagte die Erstattung von an die Klägerin zu 2) und die Kläger zu 3) und 4) im Zeitraum vom 1. Februar 2011 bis 31. Juli 2011 gezahlten Leistungen iHv insgesamt 4.082,36 €.
Die Widersprüche der Kläger gegen den Bescheid vom 30. August 2011 und die Erstattungsbescheide vom 31. August 2011 wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheiden vom 1. Dezember 2011 als unbegründet zurück. Bei der Berechnung des Einkommens des Klägers zu 1) aus dessen selbständiger Tätigkeit sei gem. § 3 der Verordnung zur Berechnung von Einkommen sowie zur Nichtberücksichtigung von Einkommen und Vermögen beim Arbeitslosengeld II/Sozialgeld (Alg II-V) in der bis zum 31. Dezember 2011 geltenden Fassung von den Betriebseinnahmen im Bewilligungszeitraum unter Abzug der notwendigen Ausgaben auszugehen. Die Auszahlung der Versicherungsleistung iHv 10.125,00 € für den Verlust des LKW sei als betriebliche Einnahme zu qualifizieren. Dem stehe auch nicht entgegen, dass die Versicherungsleistung eine Ersatzbeschaffung für den Verlust des LKW ermöglichen sollte, denn im Diebstahl des LKW habe sich das betriebliche Risiko realisiert. Ob und wann die Versicherungsleistung reinves...