Entscheidungsstichwort (Thema)
Rente wegen voller Erwerbsminderung. Einsatz unter betriebsüblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes. Umstellungsfähigkeit. Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen. zusätzliche Arbeitspausen. erhöhte Stuhlfrequenz. Gesetzliche Rentenversicherung: Anforderung an die Annahme einer Erwerbsunfähigkeit bei gesundheitsbedingten Leistungseinschränkungen in Bezug auf bestimmte Umgebungsbedingungen. HIV-Infektion als Grund für eine Erwerbsunfähigkeit
Orientierungssatz
1. Im Rahmen der Beurteilung des Bestehens einer Erwerbsfähigkeit zählen der Ausschluss von mittelschweren körperlichen Arbeiten und von Arbeiten in Hitze, Kälte, Feuchtigkeit und Zugluft sowie der Ausschluss von Arbeiten unter Publikumsverkehr auch in ihrer Summierung noch nicht zu den ungewöhnlichen Leistungseinschränkungen, die der Annahme einer Erwerbsfähigkeit entgegen stehen.
2. Eine krankheitsbedingt auftretende tägliche Stuhlgangsfrequenz von zwei bis sechs Toilettengängen führt zu keiner, die Erwerbsfähigkeit einschränkenden betriebsunüblichen Arbeitsunterbrechung.
3. Allein eine HIV-Infektion begründet jedenfalls für sich genommen solange keine Erwerbsunfähigkeit, wie von einem unter antiretroviraler Therapie stabil verlaufenden Immunstatus auszugehen ist und sonstige Leistungseinschränkungen einer Teilhabe am Erwerbsleben nicht derart entgegen stehen, dass eine Erwerbstätigkeit von täglich weniger als drei Stunden möglich ist.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 13. Februar 2009 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Gewährung von Versichertenrente wegen voller Erwerbsminderung (EM) für die Zeit ab 1. Juni 2008.
Der 1965 geborene Kläger hatte keine Berufsausbildung absolviert. Es war zuletzt seit 5. September 2001 bis zum Eintritt krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit (AU) am 26. Januar 2006 in Berlin als Parkraumbewirtschafter bei der Q GmbH & Co. Kommanditgesellschaft (KG) versicherungspflichtig beschäftigt. Nach dem Auslaufen der Entgeltfortzahlung bezog der Kläger vom 9. März 2006 bis 27. Juni 2007 Krankengeld und anschließend vom 28. Juni 2007 bis 27. Juni 2008 Arbeitslosengeld. Seit 28. Juni 2008 erhält der Kläger Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II).
Im Mai 2006 hatte der Kläger einen Antrag auf Gewährung von EM-Rente gestellt. Die Beklagte zog Entlassungsberichte der V GmbH (stationäre Behandlung vom 29. Januar 2006 bis 11. Februar 2006 wegen Pneumozystose bei HIV-Erkrankung) und des A-Krankenhauses B (stationäre Behandlung vom 16. Februar 2006 bis 23. Februar 2006) sowie einen Befundbericht des behandelnden Internisten Dr. D vom 12. Juni 2006 bei und ließ den Kläger durch den Internisten Dr. G untersuchen und begutachten. Dieser Arzt bescheinigte dem Kläger in seinem Gutachten vom 30. Juli 2006 noch ein tägliches Leistungsvermögen in einem Umfang von sechs Stunden und mehr für körperlich leichte Tätigkeiten (chronische HIV-Erkrankung, Verdacht auf chronisch-obstruktive Bronchitis bei jahrelangem Nikotinabusus, klinisch nicht relevanter Verdacht auf Steatosis hepatis alkoholtoxischer Genese, leichte makrozytäre Anämie, gemischte Hyperlipidämie und leichte Thrombozytopenie). Mit Bescheid vom 21. August 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. November 2006 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab. Volle bzw. teilweise EM liege nicht vor.
Im Klageverfahren hat das Sozialgericht (SG) Berlin einen Entlassungsbericht des A-Krankenhauses (teilstationäre Behandlung des Klägers vom 12. Februar 2006 bis 15. Februar 2006 und vom 24. Februar 2006 bis 5. April 2006), ein Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung vom 2. November 2006 (Arzt G) beigezogen und Befundberichte von den behandelnden Ärzten des Klägers erstatten lassen, und zwar von dem Facharzt für Haut- und Geschlechtskrankheiten Dr. K vom 3. Juli 2007, von dem Arzt Dr. M vom 2. Juli 2007, von Dr. D vom 14. Juli 2007 und von dem Neurologen und Psychiater B vom 24. Juli 2007. Der Kläger hat ergänzend eine Stellungnahme von Dr. D vom 30. April 2007 zu den Gerichtsakten gereicht; hierauf wird Bezug genommen. Das SG hat den Arzt für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. B als Sachverständigen eingesetzt. Dieser Arzt hat in seinem Gutachten vom 18. Dezember 2007 folgende Gesundheitsstörungen des Klägers mitgeteilt: HIV-Infektion mit Anfang 2006 entwickelter Pneumocystis-Pneumonie, unter antiretroviraler Therapie seither aber gutem Immunstatus, Borderline-Persönlichkeitsstörung vom impulsiven Typ, Anpassungsstörung mit gemischter Störung von Gefühlen und Sozialverhalten, schädlicher Gebrauch von sowohl Alkohol als auch Nikotin. Der Kläger könne täglich regelmäßig in einem Umfang von mindestens sechs Stunden noch körperlich leichte bis vereinzelt mittelschwere Arbeiten in allen ...