Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnungserstausstattung. Fernsehgerät. Beiladung der Sozialhilfeträger. Sozialhilfe. Antrag gem § 23 SGB 2. rückwirkende Feststellung der dauerhaften vollen Erwerbsminderung des Hilfebedürftigen. Verurteilung des Sozialhilfeträgers nach notwendiger Beiladung
Leitsatz (redaktionell)
1. Dass der Beigeladene die mit der Klage angefochtenen Bescheide nicht selbst erlassen hat, führt nicht zur Unzulässigkeit der zuletzt (nur) noch gegen den Beigeladenen gerichteten Klage. Denn § 75 Abs. 5 SGG ermöglicht es aus prozessökonomischen Gründen, statt des Beklagten den tatsächlich leistungspflichtigen Beigeladenen unmittelbar zu verurteilen bzw. zu verpflichten, ohne dass dieser über den erhobenen Anspruch ein erneutes Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren durchzuführen hätte.
2. Die (Erst-)Ausstattung mit einem Fernsehgerät stellt keine Leistung zur Teilhabe i.S.v § 14 SGB IX dar.
3. Die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu § 21 Abs. 1a Nr. 6 BSHG, nach der ein Fernseher ein wohnraumbezogener Ausstattungsgegenstand ist, der für ein an den herrschenden Lebensgewohnheiten orientiertes Wohnen erforderlich ist, ist auf § 31 Abs. 1 Nr. 1 SGB XII übertragbar.
Orientierungssatz
1. Wird bei einem Hilfebedürftigen, der beim Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende einen Antrag auf Übernahme der Kosten für ein Fernsehgerät gem § 23 Abs 3 S 1 Nr 1 SGB 2 gestellt hat, vom Rentenversicherungsträger rückwirkend volle Erwerbsminderung festgestellt, so ist es im Klageverfahren gegen den Grundsicherungsträger grundsätzlich möglich den beigeladenen Sozialhilfeträger gem § 75 Abs 5 SGG zu verurteilen, ohne dass dieser über den erhobenen Anspruch ein erneutes Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren durchzuführen hätte.
2. Der beim Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende gestellte Antrag auf Wohnungserstausstattung gem § 23 Abs 3 SGB 2 ist unter Berücksichtigung des Meistbegünstigungsprinzips auch als Antrag auf Leistungen gem § 31 Abs 1 Nr 1 SGB 12 anzusehen.
3. Ein Fernsehapparat als wohnraumbezogener Ausstattungsgegenstand, der für eine an den herrschenden Lebensgewohnheiten orientierte Haushaltsführung erforderlich ist, ist auch als Erstausstattung iS des § 31 Abs 1 Nr 1 SGB 12 zu qualifizieren. Der Anspruch nach § 31 Abs 1 Nr 1 SGB 12 ist nicht notwendig auf eine komplette Ausstattung gerichtet, sondern kann sich auch auf Einzelgegenstände beziehen. Dass ein Hilfebedürftiger einen Ausstattungsbedarf über längere Zeit nicht geltend gemacht hat, lässt diesen Bedarf grundsätzlich nicht entfallen.
Normenkette
SGB XII § 31 Abs. 1 Nr. 1, § 42 Abs. 1 S. 1 Nr. 3; SGG § 75 Abs. 5; BSHG § 21 Abs. 1a Nr. 6; SGB IX § 14
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 31. Oktober 2007 geändert. Der Beigeladene wird unter Änderung des Bescheides vom 14. Februar 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. März 2007 verpflichtet, den Antrag des Klägers auf Ausstattung mit einem Fernsehgerät unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
Der Beigeladene trägt ein Sechstel der außergerichtlichen Kosten des Klägers im gesamten Verfahren.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist - nur noch -, ob der Kläger einen Anspruch auf Leistungen für die Ausstattung seiner Wohnung mit einem Fernsehgerät hat.
Der im Jahr 1952 geborene Kläger, der über 20 Jahre in der F Straße in B-W gewohnt hatte, mietete zum 01. September 2006 eine 2-Zimmer-Wohnung mit Küche, Bad/ WC und Balkon in dem Gebäude R in B-P an. Der Beklagte hatte seine Zustimmung zur Anmietung dieser Wohnung erteilt. Der Umzug wurde nach Angaben des Klägers am 04. April 2007 abgeschlossen. Seit 1. August 2007 bezieht der Kläger Rente wegen voller Erwerbsminderung - EM - (Rentenbescheid der Deutschen Rentenversicherung Berlin-Brandenburg vom 30. August 2007) und seit 1. Oktober 2007 ergänzende Grundsicherungsleistungen nach dem Sozialgesetzbuch - Sozialhilfe - (SGB XII). Über sonstiges Einkommen und Vermögen verfügt der Kläger nicht.
Den erstmals mit Schreiben vom 24. Januar 2007 gestellten Erstausstattungsantrag hatte der Kläger, der nicht über einen Fernseher verfügte und verfügt, mit Schreiben vom 11. Februar 2007 dahingehend konkretisiert, dass er die von ihm benötigten Einrichtungsgegenstände, darunter einen Fernseher, im Einzelnen auflistete; hierauf wird Bezug genommen. Mit Bescheid vom 14. Februar 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. März 2007 lehnte der Beklagte die Übernahme von Kosten für die Erstausstattung der Wohnung in der R ab.
Im sich anschließenden Klageverfahren hat das Sozialgericht (SG) Berlin einen Hausbesuch durch den Prüfdienst des Beklagten in der Wohnung des Klägers veranlasst, um die dort vorhandene Wohnungsausstattung zu ermitteln; hinsichtlich des Ergebnisses wird auf die Prüfberichte des Beklagten vom 10. Juli 2007 und 14. August 2007 Bezug genommen. Das SG hat die zuletzt auf Gewährung eines Zuschusses in Höhe der Pauschalen für die B...