Entscheidungsstichwort (Thema)

Rente für Bergleute. Überschreitung der Hinzuverdienstgrenze. Übersicherungseinwand. Prognose. Verfassungsmäßigkeit

 

Orientierungssatz

1. Nach § 313 Abs 1 und 3 Nr 3 iVm § 96a Abs 1 S 1 bis 3, Abs 3 S 1 Nr 1 und S 3 SGB 6 spielt der jeweilige Grund für den Höherverdienst und die damit einhergehende Überschreitung der Hinzuverdienstgrenze keine Rolle (vgl BSG vom 6.2.2007 - B 8 KN 3/06 R = SozR 4-2600 § 96a Nr 9, vom 3.5.2005 - B 13 RJ 8/04 R = BSGE 94, 286 = SozR 4-2600 § 96a Nr 7).

2. Bei gleichbleibendem Verdienst steht die Vergünstigung der unschädlichen zweimaligen Überschreitung der Hinzuverdienstgrenze dem Versicherten nicht zu. Die Überschreitensregelung ist auf Versicherte von vornherein nicht anwendbar, die über solche Einkünfte verfügen, die nicht in unterschiedlicher Höhe einzelnen Kalendermonaten zugeordnet werden können (so bei Erzielung eines Jahreseinkommens aus selbstständiger Tätigkeit, das deswegen nur mit einem gleichbleibenden Betrag je Monat zu berücksichtigen ist; vgl BSG vom 3.5.2005 - B 13 RJ 8/04 R aaO. Dies gilt auch für Arbeitsentgelt aus abhängiger Beschäftigung (vgl BSG vom 6.2. 2007 - B 8 KN 3/06 R aaO).

3. Die Voraussetzungen eines privilegierten Überschreitens nach § 96a Abs 1 S 2 Halbs 2 SGB 6 liegen bei gleichbleibendem Verdienst daher nicht vor, wenn das Arbeitsentgelt bereits im jeweiligen Vormonat ("Vormonatsprinzip") über derselben Hinzuverdienstgrenze lag (vgl BSG vom 6.2.2007 - B 8 KN 3/06 R aaO).

4. Zur Verfassungsmäßigkeit der Regelungen zu den Hinzuverdienstgrenzen in der gesetzlichen Rentenversicherung (vgl BVerfG vom 14.6.2007 - 1 BvR 154/05 = SozR 4-2600 § 96a Nr 10).

 

Tenor

Das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 08. Januar 2009 wird geändert.

Der Bescheid vom 05. Februar 2010 wird aufgehoben, soweit Rente für Bergleute in Höhe von einem Drittel nicht für die Monate Mai und November 2009 gewährt wurde sowie für die Zeit ab September 2010.

Die Beklagte wird verurteilt, die Rente für Bergleute in voller Höhe ab September 2010 an den Kläger zu leisten.

Im Übrigen werden die Klagen abgewiesen.

Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zur Hälfte zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen, soweit die Beklagte verurteilt worden ist, die Rente für Bergleute in voller Höhe für die Zeit ab September 2010 zu leisten.

 

Tatbestand

Der Kläger wendet sich noch gegen die Minderung seiner Rente für Bergleute für die Zeit ab 01. Juli 2007.

Der im Januar 1950 geborene Kläger ist seit dem 01. Juni 1993 bei der BUL B B GmbH bzw. der E Ost GmbH beschäftigt. Die Bundesknappschaft (nachfolgend ebenfalls Beklagte genannt) bewilligte ihm Rente für Bergleute wegen verminderter Berufsfähigkeit im Bergbau ab 01. März 1999 nach einem am 26. Oktober 1998 eingetretenen Leistungsfall bei zunächst 17,5849, ab 01. April 1999 bei 11,7233 persönlichen Entgeltpunkten (Ost) aus der knappschaftlichen Rentenversicherung (Bescheid vom 22. Dezember 1999). Wegen des Hinzuverdienstes sei die Rente ab letztgenanntem Zeitpunkt in Höhe von zwei Dritteln (17,5849 x 2 : 3 = 11,7233 Entgeltpunkte) zu leisten. Ausgehend von 0,8063 persönlichen Entgeltpunkten im Kalenderjahr 1997 ermittelte sie die monatliche Hinzuverdienstgrenze für diese Rente für die Zeit ab 01. Januar 2000 nach einem aktuellen Rentenwert (Ost) von 42,01 DM in voller Höhe mit 2.371,09 DM, in Höhe von zwei Dritteln mit 3.160,32 DM und in Höhe von einem Drittel mit 3.952,94 DM (nach dem 70fachen, dem 93,3fachen bzw. dem 116,7fachen des maßgebenden aktuellen Rentenwertes, vervielfältigt mit den Entgeltpunkten im letzten Kalenderjahr vor Eintritt der Erwerbsminderung).

Mit Bescheid vom 13. September 2005 hob die Beklagte den Bescheid vom 22. Dezember 1999 wegen Überschreitens der maßgeblichen Hinzuverdienstgrenze teilweise auf und forderte insoweit Erstattung. Das Überschreiten der monatlichen Hinzuverdienstgrenze ermittelte die Beklagte hierbei aufgrund der telefonischen Auskunft vom 06. Juni 2005 sowie der Bescheinigungen der E Ost GmbH vom 17. Juni 2005 und vom 01. September 2005, die als Bestandteil des Bruttoarbeitsentgelts eine Betriebsratszulage ausweisen, ohne diese Betriebsratszulage zu berücksichtigen, wodurch für Januar 2005 das Überschreiten der Hinzuverdienstgrenze für die Leistung der Rente für Bergleute in Höhe von zwei Dritteln unbeachtet blieb. Ein deswegen anhängig gewesenes gerichtliches Verfahren (S 28 R 807/08 - L 17 R 289/09 NZB) bestätigte die Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 13. September 2005. Zugleich mit diesem Bescheid verfügte die Beklagte unter dem 08. August 2005, dass die Rente für Bergleute ab 01. Oktober 2005 (weiter) in Höhe von zwei Dritteln bei 11,7233 persönlichen Entgeltpunkten (Ost) mit 143,61 Euro (Zahlbetrag 131,62 Euro), geleistet werde. Sie ermittelte die monatliche Hinzuverdienstgrenze für die Zeit ab 01. August 2005 bei einem nunmehrigen aktuellen Rentenwert (Ost) von 22,97 Euro für diese Rente in voller Höhe mit 1.296,45 Euro, in Höhe von zwei Drit...

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