Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung der Studenten. Promotionsstudent ist nicht versicherungspflichtig. freiwillig Versicherter. Promotionsstipendium. Beitragsbemessung. beitragsrechtliche Gleichstellung von im Ausland studierenden freiwillig Versicherten mit pflichtversicherten Studierenden nur bis zu den dem Versicherungspflichttatbestand immanenten Grenzen. Versicherungspflicht. Masterstudiengang. Auffangspflichtversicherung. Beitragspflichtige Einnahmen
Leitsatz (amtlich)
1. Auch nach der Änderung des Hochschulrechts im Zusammenhang mit dem sog. Bologna-Prozess unterfallen Promotionsstudierende nicht der Krankenversicherung der Studierenden.
2. Die beitragsrechtliche Gleichstellung von im Ausland studierenden freiwillig Versicherten mit pflichtversicherten Studierenden (§ 240 Abs 4 S 7 SGB V) reicht nicht weiter als die diesem Versicherungspflichttatbestand immanenten Grenzen.
Normenkette
SGB V § 5 Abs. 1 Nrn. 9, 13, Abs. 8a S. 1, § 240 Abs. 4 S. 7; SGB XI § 20 Abs. 3, § 57 Abs. 3
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 23. November 2015 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Versicherungspflicht während eines Promotionsstudiums sowie die Beitragspflicht eines Promotionsstipendiums im Zeitraum vom 1. April bis 31. Oktober 2012.
Die 1984 geborene Klägerin schloss ihr Studium der Politikwissenschaft an der Freien Universität B (FUB) in der Zeit von Oktober 2003 bis September 2010 nach 14 Hochschulsemstern (13 Fachsemester, 1 Urlaubssemester) mit dem Hochschulgrad Diplom-Politologin (Verleihungsurkunde vom 24. Juni 2010) ab. Von Oktober 2010 bis März 2011 studierte sie an der Europa-Universität V in F/ Europäische Kulturgeschichte mit dem Studienziel Master. Seit April 2011 absolviert sie wiederum an der FUB im Studiengang Politikwissenschaft ein Promotionsstudium. Im Sommersemester 2016 befand sie sich ausweislich der Immatrikulations-Bescheinigung vom 21. September 2016 im 26. Hochschul- und 11. Fachsemester.
Nach den Regelungen des Berliner Gesetzes zur Förderung des wissenschaftlichen und künstlerischen Nachwuchses (Nachwuchsförderungsgesetz - NaFöG -) und der Berliner Verordnung zur Förderung des wissenschaftlichen und künstlerischen Nachwuchses (Nachwuchsförderungsverordnung - NaFöVO -) gewährte die bei der FUB eingerichtete Kommission zur Vergabe von Promotionsstipendien der Klägerin ab dem 1. April 2012 ein monatliches Stipendium in Höhe von 1.103.- €, welches sich aus einem Grundbetrag von 1.000.- € und einer Sachkostenpauschale von 103.- € zusammensetzt.
Für die Klägerin, die vom 1. April 2011 bis zum 30. September 2012 bei der Beklagten freiwillig krankenversichert war, setzte diese für die Zeit ab dem 1. April 2012 monatliche Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) i.H.v. 164,35 € und zur sozialen Pflegeversicherung (SPV) i.H.v. 24,27 € fest (Bescheid vom 16. März 2012, Widerspruchsbescheid vom 6. Februar 2013). Die Beklagte legte hierbei das monatliche Stipendium der Klägerin in voller Höhe sowie einen Beitragssatz zur GKV von 14,9 % zugrunde.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 23. November 2015 abgewiesen, weil eine Pflichtversicherung nach § 5 Nr. 9 Sozialgesetzbuch / Fünftes Buch (SGB V) für Doktoranten oder sogenannte Promotionsstudenten, die nach Abschluss ihres Hochschulstudiums nur noch zum Zwecke der Promotion eingeschrieben seien, nicht mehr zum Kreis der versicherungspflichtigen Studenten zählten. Auch eine Auffangpflichtversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V bestehe nicht. Zu Recht habe die Beklagte das Promotionsstipendium in voller Höhe der Beitragsberechnung zugrunde gelegt.
Gegen dieses am 1. Dezember 2015 zugestellte Urteil richtet sich die am 4. Januar 2016 (Montag) eingelegte Berufung der Klägerin, zu deren Begründung sie vorträgt: Die Krankenversicherung der Studenten (KVdS) sei auch für Promotionsstudierende durchzuführen. Die bisherige sozialversicherungsrechtliche Differenzierung, wonach Studierende im Sinne des SGB V nur solche “im engeren Sinne„ seien, die noch keinen berufsqualifizierenden Abschluss erlangt hätten, sei nicht mehr sachgerecht. Zum einen könne nicht den Hochschulen die ihnen durch Landesrecht zugestandene Satzungsautonomie versagt werden, eigenständig den Status der Studierenden festzulegen, wenn sich unstrittig der im SGB V verwendete Begriff der Hochschule nach dem Landeshochschulrecht richte. Zum anderen sei spätestens seit den sogenannten Bologna-Reformen anerkannt, dass die akademische (Berufs-)Ausbildung in 3 Zyklen erfolge: Bachelor- und Masterstudium sowie Promotion. Jeder Zyklus führe zu einem berufsqualifizierenden Abschluss, wobei die Anerkennung des Bachelor als berufsqualifizierender Abschluss außerhalb technischer und wirtschaftswissenschaftlicher Studiengänge in Deutschland noch immer nicht die Regel se...