Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende. Einkommensberücksichtigung. Elterngeld. volle Anrechnung bei fehlendem Einkommen aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt. Verfassungsmäßigkeit

 

Orientierungssatz

Es bestehen keinerlei verfassungsrechtliche Bedenken gegen die seit dem 1.1.2011 geltenden Regelungen betreffend die Elterngeldanrechnung in § 10 Abs 5 BEEG.

 

Normenkette

SGB II § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 3, §§ 9, 11 Abs. 1 S. 1, § 11a; BEEG § 2 Abs. 1, 4, § 10 Abs. 5 Sätze 1-2; BKGG § 6a; GG Art. 1 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1, Art. 6 Abs. 1-2, Art. 20 Abs. 1

 

Tenor

Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 19. Oktober 2012 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Kläger begehren höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für den Zeitraum vom 1. Januar 2011 bis 30. April 2011; sie wenden sich insbesondere gegen die Berücksichtigung von Elterngeld als Einkommen, weil dies verfassungswidrig sei.

Die 1984 geborene Klägerin zu 1) und der 1985 geborene Kläger zu 2) bildeten mit ihrem geborenen Sohn, dem Kläger zu 3), im streitbefangenen Zeitraum eine Bedarfsgemeinschaft. Die Kläger zu 1) und 2) beziehen seit 2009 laufende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. In dem streitbefangenen Zeitraum wohnten sie gemeinsam mit dem Kläger zu 3) unter der im Rubrum aufgeführten Adresse, einer 2-Zimmer-Wohnung, mit einer Gesamtwohnfläche von 54,40 m² (Mietvertrag vom 19. Oktober 2009). Für diese Wohnung war eine Gesamtmiete von 401,48 Euro zu zahlen. Im streitbefangenen Zeitraum erhielt die Klägerin zu 1) für den Kläger zu 3) Kindergeld in Höhe von 184,00 Euro monatlich sowie Elterngeld in Höhe von 300,00 Euro monatlich (bis 31. Dezember 2010 erhielt sie 150,00 Euro monatlich - Bescheide des Bezirksamtes Marzahn-Hellersdorf von Berlin vom 11. Mai 2010 und 19. November 2010).

Auf ihren Weiterbewilligungsantrag vom 29. Oktober 2010 bewilligte der Beklagte den Klägern mit Bescheid vom 3. November 2010 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für den Zeitraum vom 1. Dezember 2010 bis 31. Mai 2011, davon für den Monat Dezember 2010 in Höhe von 1.079,74 Euro und ab Januar 2011 wegen der Anrechnung des Elterngeldes (in Höhe von 150,00 Euro) nur noch in Höhe von monatlich 929,74 Euro. Der Bescheid enthält den Hinweis, dass das Einkommen aus Elterngeld als sonstiges Einkommen ab 1. Januar 2011 angerechnet werde, da dieses nach einer zum 1. Januar 2011 geplanten Rechtsänderung in vollem Umfang anzurechnen sei.

Mit Änderungsbescheid vom 10. November 2010 bewilligte der Beklagte den Klägern für den Monat Dezember 2010 Leistungen in Höhe von 1.056,98 Euro und ab Januar 2011 in Höhe von monatlich 912,96 Euro (Anrechnung von Elterngeld in Höhe von 150,00 Euro). Die Änderung erfolgte wegen einer Änderung der Kosten für Unterkunft und Heizung anlässlich der Anpassung der Vorauszahlungen und wegen der Berücksichtigung des Guthabens aus der Betriebskostenabrechnung 2009.

Am 3. Dezember 2010 erhoben die Kläger Widerspruch gegen den Bescheid vom 3. November 2010, mit dem sie sich gegen die Anrechnung des Elterngeldes wandten.

Mit weiterem Änderungsbescheid vom 10. Dezember 2010 bewilligte der Beklagte den Klägern wegen einer korrigierten Elterngeldanrechnung von 150,00 Euro (bis 31. Dezember 2010) auf 300,00 Euro und der Anerkennung der Versicherungspauschale in Höhe von 30,00 Euro für den Monat Dezember 2010 nach wie vor Leistungen in Höhe von 1.056,98 Euro, für den Zeitraum vom 1. Januar 2011 bis 31. März 2011 nur noch in Höhe von 792,96 Euro, für den Monat April 2011 in Höhe von 1.026,96 Euro (nur anteilige Anrechnung von Elterngeld in Höhe von 40,00 Euro) und für den Monat Mai 2011 in Höhe von 1.062,96 Euro. Der Bescheid enthält abermals den Hinweis, dass das Einkommen aus Elterngeld als sonstiges Einkommen ab 1. Januar 2011 angerechnet werde, da dieses nach einer zum 1. Januar 2011 geplanten Rechtsänderung in vollem Umfang anzurechnen sei.

Mit Widerspruchsbescheid vom 1. Februar 2011 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte er die ab 1. Januar 2011 geltende gesetzliche Regelung an, wonach Elterngeld beim Bezug von Arbeitslosengeld II ohne Erwerbsein-kommen vor der Geburt des Kindes vollständig nicht mehr anrechnungsfrei sei. Für Elterngeld als sonstiges Einkommen sei nur die Versicherungspauschale in Höhe von monatlich 30,00 Euro anrechnungsfrei zu belassen.

Am 24. Februar 2011 haben die Kläger bei dem Sozialgericht Berlin Klage erhoben und ihr Begehren weiter verfolgt. Das Elterngeld sei nicht als sonstiges Einkommen anzurechnen, da die gesetzliche Neuregelung nicht verfassungsgemäß sei. Es liege ein Verstoß gegen Artikel 3 des Grundgesetzes (GG) vor, da für andere Empfänger staatlicher Leistungen nicht zwingend die Anrechnung auch des Elterngeldes als Einkommen vorgesehen sei. Zudem verfehle die Anrechnung...

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