Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesetzliche Rentenversicherung: Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem der ehemaligen DDR. Voraussetzungen einer fiktiven Einbeziehung in das Versorgungssystem bei einem Warenvertrieb. VEB Robotron Vertrieb Berlin

 

Orientierungssatz

Ein zum Warenvertrieb gegründeter Volkseigener Betrieb (VEB) in der ehemaligen DDR (hier: VEB Robotron Vertrieb Berlin), ist auch dann nicht als Produktionsbetrieb der Industrie im Sinne des Zusatzversorgungssystems für die technische Intelligenz in der ehemaligen DDR anzusehen, wenn er im gewissen Umfang auch Warenproduktion abwickelte, die aber vorrangig in der zeit- und ressourcenaufwendigen individuellen Anpassung eines Produktes an spezielle Kundenwünsche bestand.

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 28. Oktober 2004 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Im Streit ist die Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz (AVItech, Zusatzversorgungssystem Nr. 1 der Anlage 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz - AAÜG) für Zeiten der Beschäftigung im Zeitraum vom 1. März 1966 bis 30. Juni 1990 sowie der in diesem Zeitraum tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte. Streitig ist insofern, ob der VEB Robotron Vertrieb Berlin (RVB) als Beschäftigungsbetrieb zu den von der AVItech erfassten Betrieben zählt.

Der 1939 geborene Kläger hat sein Berufsleben bis zum 2. Oktober 1990 in der DDR zurückgelegt. Nach Schule und Wehrdienst nahm er im September 1960 ein Studium an der Technischen Universität D auf. Nach erfolgreichem Abschluss wurde ihm durch Urkunde vom 31. Dezember 1965 der akademische Grad “Diplom-Ingenieurökonom„ verliehen. Vom 1. März 1966 bis 31. Dezember 1968 war er beim Institut für Datenverarbeitung Dresden (wissenschaftlicher Mitarbeiter) und anschließend bis zum 31. Dezember 1971 beim VEB Kombinat Robotron Großforschungszentrum (Organisator Software-Entwicklung) und vom 1. Januar 1972 bis 30. April 1975 beim VEB Robotron Zentrum für Forschung und Technik Dresden (Gruppenleiter/Software-Entwicklung) beschäftigt. Seit dem 1. Mai 1975 bis zum 30. Juni 1990 und darüber hinaus war er beim VEB Robotron Vertrieb Berlin (Abteilungsleiter Software-Entwicklung, Leiter AwT/stellvertretender Fachdirektor F/E bzw. Hauptabteilungsleiter/stellvertretender Fachdirektor) bzw. dem Nachfolgebetrieb beschäftigt. Der Kläger gehörte in der DDR bis zur Schließung der Zusatz- und Sonderversorgungssysteme keinem solchen System an. Er hatte auch bis zum 30. Juni 1990 keine entsprechende Versorgungszusage erhalten oder einzelvertraglich zugesagt erhalten. Neben den aus den erzielten Arbeitsentgelten zu leistenden Beiträgen zur Sozialversicherung (Beitragsbemessungsgrenze bis 30. Juni 1990 monatlich 600,- Mark) entrichtete er ab 1. Juli 1976 Beiträge zur freiwilligen Zusatzrentenversicherung (FZR) bis zum Doppelten des in der Sozialversicherung versicherten Entgeltes.

Im März 1997 beantragte der Kläger unter Hinweis auf seinen Gesundheitszustand die Gewährung einer Rente. Diesem Antrag entsprach die Beklagte - in ihrer Funktion als Rentenversicherungsträger - mit Bescheid vom 7. August 1997 und gewährte dem Kläger ab 1. März 1997 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit nach einem Versicherungsfall vom 19. Mai 1996. Seit dem 1. Dezember 2004 bezieht der Kläger eine Regelaltersrente (Bescheid vom 29. Oktober 2004).

Im November 2001 beantragte der Kläger die Überführung von Zusatzversorgungsanwartschaften zur AVItech für die Zeit vom 1. März 1966 bis 30. Juni 1990. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 19. September 2002 ab, weil weder eine positive Versorgungszusage (Anwartschaft) zu Zeiten der DDR vorgelegen habe, noch am 30. Juni 1990 eine Beschäftigung ausgeübt worden sei, für die der Kläger aus bundesrechtlicher Sicht den obligatorisch Versorgungsberechtigten zugeordnet werden könne. Das AAÜG sei nicht anwendbar.

Der Widerspruch, mit dem der Kläger geltend machte, in der Zeit vom 1. März 1966 bis 30. April 1975 sei er in den volkseigenen Produktionsbetrieben gleichgestellten Betrieben beschäftigt gewesen und bei dem anschließenden Beschäftigungsbetrieb RVB habe es sich um einen Produktionsbetrieb gehandelt, in dem Radios, Bauteile, spezielle Mess- und Prüfmittel und Komponenten für und von elektronischen Datenverarbeitungsanlagen hergestellt worden seien, blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 6. März 2003). Zur Begründung führte die Beklagte im Wesentlichen aus, dass das AAÜG auf den Kläger nach dessen § 1 AAÜG nicht anwendbar sei, da er die von der Rechtsprechung entwickelten Voraussetzungen für eine (fiktive) Einbeziehung in die AVItech nicht erfülle; er sei am 30. Juni 1990 nicht in einem volkseigenen Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens oder in einem diesen gleichgestellten Betrieb beschäftigt gewesen.

Hiergegen hat sich der ...

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