Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragsarzt. Qualitätsprüfungs-Richtlinie (juris: QPRL) des Gemeinsamen Bundesausschusses. Substitutionsbehandlung. Pseudonymisierung. Verstoß gegen höherrangiges Recht
Leitsatz (amtlich)
§ 4 Abs 4 S 2 der Qualitätsprüfungs-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses verstieß im Jahre 2011 gegen § 299 Abs 1 S 1 Nr 1 und 2, Abs 2 SGB 5.
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 28. Mai 2014 und der Bescheid der Beklagten vom 11. Mai 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. November 2011 aufgehoben.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu 2) im erstinstanzlichen Verfahren; im Übrigen tragen die Beigeladenen ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen eine Maßnahme der Beklagten im Rahmen der Qualitätssicherung.
Der Kläger nimmt seit 1994 in B-R an der vertragsärztlichen Versorgung (hausärztlicher Bereich) teil und ist aufgrund des Bescheids der Beklagten vom 24. Juni 1996 berechtigt, Substitutionsbehandlungen durchzuführen. Mit Schreiben vom 24. November 2010 teilte ihm die Beklagte mit, dass im Rahmen der Qualitätsprüfung für das Quartal I/10 er sowie 12 seiner Patienten nach dem Zufallsprinzip zur Prüfung ausgewählt worden seien. Er möge daher für diese 12 (namentlich benannten) Patienten bis zum 28. Dezember 2010 Unterlagen vorlegen, bestehend aus:
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einer ausführlichen Anamnese (Suchtanamnese, durchgeführte Suchttherapien, ggf. konsiliarische Behandlungen), |
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der körperlichen Untersuchung (einschl. Urinanalyse) zur Sicherung der Diagnose der manifesten Opiatabhängigkeit und zur Diagnostik des Beigebrauchs, |
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Abklärung ggf. vorliegender Suchtbegleit- und Suchtfolgeerkrankungen, |
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der sorgfältigen Abwägung zwischen drogenfreier oder substitutionsgestützter Behandlung, |
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der Ermittlung des Hilfebedarfs im Rahmen der psychosozialen Betreuung durch eine psychosoziale Drogenberatungsstelle (schriftliche Bescheinigung der psychosozialen Drogenberatungsstelle, auch über eine evtl. Beendigung der psychosozialen Betreuung des Patienten), |
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der Erstellung eines individuellen Therapieplanes, der Folgendes enthält |
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zeitliche und qualitative Festlegung der Therapieziele, |
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Auswahl, Dosierung und Dosierungsschema (ggf. auch Art der Reduktion) des Substitutionsmittel, |
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die im Einzelfall ggf. erforderlichen psychosozialen Betreuungs- und/oder Behandlungsmaßnahmen, |
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der Verlaufs- und Ergebniskontrollen einschließlich unangekündigter Beigebrauchskontrollen, Urinkontrollen (wenn möglich mit EDDP-Bestimmung - Methadonmetaboliten), |
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der Behandlungsvereinbarung mit dem Patienten. |
Nachdem der Kläger am 22. Dezember 2010 die von ihm beantragte Akteneinsicht bei der Beklagten genommen und “Aussetzung des Fristablaufs bis zum Ablauf von einer Woche nach der hier beantragten Akteneinsichtnahme„ begehrt hatte, forderte ihn die Beklagte mit Schreiben vom 29. Dezember 2010 auf, die o.g. Unterlagen bis zum 31. Januar 2011 vollständig einzureichen. Der Kläger bat daraufhin “um die umgehende Spezifizierung des informationstechnisch gesteuerten und statistisch gesicherten Verfahrens„ sowie die “Überlassung der entsprechenden EDV-Auszüge der zum Auswahlverfahren zu [seiner] Person und [seinen] Patienten festgehaltenen Daten„; erst nach Eingang dieser Informationen beginne die in der Qualitätsprüfungs-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) genannte Frist. Die Beklagte übersandte ihm entsprechende EDV-Auszüge, wies aber zugleich auf die am 31. Januar 2011 endende Frist zur Vorlage der Patientendokumentation hin (Schreiben vom 18. Januar 2011). Der Kläger hielt die ihm übersandten EDV-Auszüge für unzureichend und forderte weitere Informationen (zugrunde liegende DIN-Norm, Protokoll des Auswahlverfahrens, Nachweis, nach welchen Kriterien er bzw. die betroffenen Patienten ausgewählt worden seien) an (Schreiben vom 26. Januar 2011). In der Folgezeit stritten die Beteiligten um die Frage, ob dem Akteneinsichtsgesuch des Klägers vollständig entsprochen worden sei. Die Beklagte verlängerte die o.g. Einreichungsfrist bis zum 7. März 2011 (Schreiben vom 4. Februar 2011). Gegen dieses Schreiben legte der Kläger Widerspruch ein, weil vereinbarungsgemäß die erste Bearbeitungsfrist nach § 5 Abs. 2 Qualitätsprüfungs-Richtlinie erst nach Übermittlung der o.g. Auskünfte beginnen solle und er wegen der fehlenden Auskünfte und Nachweise zur Weitergabe der erbetenen Informationen datenschutzrechtlich nicht befugt sei. Unter dem 24. Februar 2011 übersandte die Beklagte dem Kläger das von einem Mitarbeiter ihrer IT-Abteilung entwickelte zufallsgesteuerte Auswahlprogramm EFPNG.
Mit Bescheid vom 11. Mai 2011 stellte die Beklagte fest, dass die Überprüfung der qualitätsgesicherten Substitutions...