Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfassungsmäßigkeit der Regelleistung. Regelleistung. Leistungen für Unterkunft und Heizung. Menschenwürde. Soziokulturelles Existenzminimum. Bedarfsermittlung. Einschätzungsspielraum. Regelsatzverordnung
Orientierungssatz
1. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Höhe der Regelleistung bestehen nicht. Diese gewährt das verfassungsrechtlich garantierte Existenzminimum und verstößt nicht gegen die Menschenwürde sowie gegen fürsorgerechtliche Strukturprinzipien.
2. Die Höhe der Regelleistung widerspricht nicht höherrangigem Recht. Ihr liegen ausreichende Erfahrungswerte zugrunde; es ist nicht erkennbar, dass der Gesetzgeber den ihm zuzubilligenden Einschätzungsspielraum in unvertretbarer Weise überschritten hätte.
3. Die Höhe der Regelleistung ist unter dem Gesichtspunkt des Lohnabstandsgebotes nicht zu beanstanden. Der Gesetzgeber stellt nämlich nicht nur die Regelleistung, sondern in nicht unwesentlichem Umfang weitere Leistungen zur Verfügung.
Normenkette
SGB II § 7 Abs. 1 S. 1, § 20 Abs. 2-3, § 22 Abs. 1 S. 1; SGG § 96
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 24. Mai 2006 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander außergerichtliche Kosten auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt von dem Beklagten die Bewilligung von einer monatlichen Regelleistung von 600,00 € nach den Vorschriften des Sozialgesetzbuches 2. Buch (SGB II) im Zeitraum vom 01. Januar 2005 bis zum 30. Juni 2005.
Der geborene Kläger bezog von der Agentur für Arbeit Berlin Nord - Geschäftsstelle Berlin-Reinickendorf - bis zum 31. Dezember 2004 Arbeitslosenhilfe zuletzt mit einem wöchentlichen Leistungsbetrag von 152,67 € nach einem wöchentlichen Bemessungsentgelt von 445 €; (Leistungsgruppe A; Leistungssatz 53 %; Leistungsentgelt-Verordnung 2004; Änderungsbescheid vom 27. Juli 2004).
Der Kläger beantragte am 02. Oktober 2004 bei dem Beklagten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Er gab u. a. an, eine Gesamtmiete von 468,63 € monatlich (Kaltmiete 297,35 €, Betriebskosten 145,72 €; Heizkosten 25,56 €) für eine Zweizimmerwohnung einschließlich Küche und Bad mit einer Wohnfläche von 59,47 Quadratmeter zu zahlen und weder über Einkünfte oder Vermögen, mit Ausnahme eines 6,5 Jahren alten Pkw (geschätzter Restwert 4.000,00 €), wofür er monatliche Haftpflichtversicherungsbeiträge von 23,61 € zu entrichten habe, zu verfügen. Die Beklagte bewilligte dem Kläger Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts von monatlich 813,63 € (Regelleistungen 345,00 € zzgl. Kosten der Unterkunft und Heizung - KdU - 468,63 €) für den Zeitraum vom 01. Januar 2005 bis zum 30. Juni 2005 (Bewilligungsbescheid vom 01. November 2004).
Mit seinem am 21. Dezember 2004 bei dem Beklagten eingegangenen Widerspruch vertrat der Kläger die Auffassung, Hartz IV bzw. die Zusammenlegung der Arbeitslosen- und Sozialhilfe verstießen gegen die Verfassung, die Grundrechte, das Bundesvertriebenengesetz und in der Welt anerkannte Rechte. Hartz IV sei menschenrechtswidrig, denn es berücksichtige nicht die ausbildungsmäßige bzw. berufliche Biografie einer jeden Person.
Der Beklagte wies durch Widerspruchsbescheid vom 17. Januar 2005 den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück; wegen der Einzelheiten des Widerspruchsbescheides wird auf Bl. 22 - 25 der Verwaltungsakten des beklagten verwiesen.
Der Kläger hat am 18. Februar 2005 gegen den ihm nach eigenen Angaben am 20. Januar 2005 zugestellten Widerspruchsbescheid vom 17. Januar 2005 Klage vor dem Sozialgericht Berlin erhoben, mit der er eine monatliche Regelleistung von mindestens 600,00 € geltend gemacht hat. Ein Regelsatz von monatlich 345,00 € entspreche keineswegs der Kaufkraft des Geldes im Jahr 2005. Er beanspruche einschließlich der KdU insgesamt 1.068,63 € monatlich. Dabei sei noch ein monatlicher Zuschlag zu berücksichtigen.
Das Sozialgericht Berlin hat durch Gerichtsbescheid vom 24. Mai 2006 die Klage abgewiesen. Dem Kläger stehe kein Zuschlag zu, wobei diesbezüglich schon die Zulässigkeit der Klage zweifelhaft sei, jedenfalls habe der Kläger Alg nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) nicht innerhalb von zwei Jahren vor dem Bezug von Arbeitslosengeld II erhalten. Er habe auch keinen Anspruch auf eine höhere Regelleistung als 345,00 € monatlich. Die Regelungen zur Leistungshöhe seien nicht verfassungswidrig und verstießen auch nicht gegen das Bundesvertriebenengesetz.
Gegen den am 31. Mai 2006 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 06. Juni 2006 “angesichts der Verletzung„ seiner “Menschenrechte und Betruges in der Sache S 65 AS 712/05 … gegen die Richterin Beschwerde„ beim SB eingelegt. Auf Nachfrage des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg hat der Kläger mit Schreiben vom 20. Juli 2006 mitgeteilt, dass die Beschwerde als Berufung angesehen werden soll und weiter die Verfassungswidrigkeit der Höhe der Regelleistung behauptet und wei...