Entscheidungsstichwort (Thema)
Rentenüberleitung. Ausbildungs-, Anrechnungszeiten. Beitragsbemessungsgrenze-Ost. Stichtagsregelung. Zugangsrentner im Beitrittsgebiet. Verfassungsmäßigkeit der Anrechnung von im Beitrittsgebiet zurückgelegten rentenrechtlichen Versicherungszeiten
Orientierungssatz
1. Die gekürzte Berücksichtigung von schulischen Anrechnungszeiten durch das Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetz (WFG) ist verfassungsgemäß und verstößt insbesondere nicht gegen die Eigentumsgarantie aus Art. 14 Abs. 1 GG.
2. Die Regelung zur Höhe der Beitragsbemessungsgrenze-Ost in § 275 a SGB 6 steht im Einklang mit dem GG. Bis zur Herstellung einheitlicher Einkommensverhältnisse begegnet die gesonderte Festlegung einer BBG-Ost keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken. Denn im Gegenzug werden die im Beitrittsgebiet erzielten Entgelte nach Maßgabe der Anlage 10 zum SGB 6 hochgewertet.
3. Die Stichtagsregelung des § 4 Abs. 4 AAÜG ist verfassungskonform. Sie verstößt nicht gegen den Eigentumsschutz nach Art. 14 Abs. 1 GG und nicht gegen den den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG.
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 28. Oktober 2002 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Rentenhöhe im Rahmen eines Zugunstenverfahrens nach § 44 Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X).
Die 1938 geborene Klägerin besuchte bis 31. August 1956 die Oberschule und absolvierte anschließend vom 01. September 1956 bis 16. August 1962 ein Studium der Medizin. Nach ihrer Approbation als Ärztin (01. Oktober 1963) war sie ab September 1964 an der Charité B versicherungspflichtig beschäftigt, und zwar als Assistenzärztin, Fachstationsärztin, Oberärztin und schließlich Leiterin der Poliklinik der Hautklinik. 1980 wurde sie zur ordentlichen Professorin berufen. In ihrer Eigenschaft als Zusatzversorgungsträger stellte die Beklagte gemäß § 8 Abs. 2 Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) Zugehörigkeitszeiten der Klägerin zum Zusatzversorgungssystem Nr. 4 der Anlage 1 zum AAÜG vom 01. Oktober 1963 bis 30. Juni 1990 bestandskräftig fest (Bescheid vom 26. Februar 1997).
Mit Bescheid vom 27. Januar 1998 bewilligte die Beklagte der Klägerin antragsgemäß Altersrente (AR) für Frauen für die Zeit ab 01. März 1998 (Zahlbetrag ab 01. März 1998 = monatlich 2.627,27 DM). Bei der Rentenwertfeststellung berücksichtigte die Beklagte dabei Ausbildungs- Anrechnungszeiten ab Vollendung des 17. Lebensjahres der Klägerin, und zwar Anrechnungszeiten wegen Schulausbildung vom 18. Februar 1955 bis 31. August 1956 (19 Monate) und Anrechnungszeiten wegen Hochschulausbildung vom 01. September 1956 bis 31. August 1960 (48 Monate). In den Jahren 1991, 1993 und 1994, in denen die Klägerin versicherte Entgelte bis zu den jeweiligen Beitragsbemessungsgrenzen-Ost (BBG-Ost) bezogen hatte, wertete die Beklagte diese Entgelte nach Maßgabe der Anlage 10 zum Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Rentenversicherung - (SGB VI) hoch und berücksichtigte insoweit 66.182,40 DM (1991), 83.932,92 DM (1993) sowie 89.823,96 DM (1994) als Beitragsbemessungsgrundlage. Der Widerspruch der Klägerin gegen diesen Rentenbescheid blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 23. Juni 1998). Die Bescheide erwuchsen in Bestandskraft.
Mit ihrem Überprüfungsantrag vom März 2001 wandte sich die Klägerin gegen die Kürzung der berücksichtigten Ausbildungs- und Anrechnungszeiten durch das Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetz (WFG) vom 25. September 1996 (BGBl. I S. 1461) und begehrte daneben höhere Entgeltpunkte (EP) für die Jahre 1991, 1993 und 1994 nach Maßgabe der Anlage 2b zum SGB VI sowie eine Vergleichsberechnung entsprechend § 4 Abs. 4 AAÜG. Mit Bescheid vom 21. Dezember 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08. April 2002 lehnte die Beklagte eine Änderung des Bescheides vom 27. Januar 1998 ab mit der Begründung, dass bei Erteilung dieses Bescheides weder das Recht unrichtig angewandt noch von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen worden sei. Die Berücksichtigung der Ausbildungs-Anrechnungszeiten richte sich nach dem WFG. Grundlage für die Ermittlung der EP für Beitragszeiten in den neuen Bundesländern sei die Vervielfältigung der individuellen Arbeitsentgelte mit den Werten der Anlage 10 zum SGB VI. Die Berücksichtigung der Höchstwerte an EP gemäß Anlage 2b zum SGB VI in den betreffenden Jahren sei daher nicht möglich. Auch eine Vergleichsberechnung nach § 4 Abs. 4 AAÜG komme nicht in Betracht, weil diese nur bei einem Rentenbeginn bis 30. Juni 1995 gesetzlich vorgesehen sei.
Im Klageverfahren hat die Klägerin beantragt, die Beklagte zu verurteilen, höhere Rente zu gewähren und “hierbei bei der Gewährung von Anrechnungszeiten von der Rechtslage vor Inkrafttreten des WFG auszugehen, für das in den Jahren 1991, 1993 und 1994 erzielte, die Beitragsbemessungsgrenze...