Entscheidungsstichwort (Thema)
Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Weitergewährung einer Zeitrente. Verweisbarkeit einer Stewardess. Rente wegen Erwerbsminderung nach neuem Recht
Orientierungssatz
1. Zur beruflichen Einstufung einer Stewardess nach dem Mehrstufenschema des BSG und die damit verbundene Problematik der Verweisbarkeit.
2. Zur Rechtmäßigkeit einer Ablehnung einer Rente wegen voller bzw teilweiser Erwerbsminderung nach neuem Recht ab 1.1.2001, obwohl die Antragsstellerin nur einen Antrag auf Weitergewährung von Rente wegen Erwerbs- bzw Berufsunfähigkeit nach altem Recht (hier im Jahr 1998) gestellt hatte.
3. Zum Vorliegen einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 4. Juni 2003 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Weiterzahlung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit über den 31. März 1998 hinaus.
Die 1958 geborene Klägerin verfügt über keine abgeschlossene Berufsausbildung. Sie war seit März 1978 bei der B beschäftigt, zunächst als Bodenpersonal und von Februar 1979 bis einschließlich März 1993 als Stewardess. Aus betrieblichen Gründen wurde das Arbeitsverhältnis zum 31. März 1993 arbeitgeberseitig gekündigt. Seit dem 24. März 1993 war die Klägerin arbeitsunfähig. Seit dem 15. Juni 1998 war sie als kaufmännische Angestellte im Bereich des Telefonmarketing bei der Firma E beschäftigt, anfangs in einem Umfang von 9 Stunden wöchentlich, später als Halbtagskraft. Das Arbeitsverhältnis endete aufgrund arbeitgeberseitiger Kündigung aus personen- und verhaltensbedingten Gründen - im Wesentlichen aufgrund gesundheitlicher Probleme der Klägerin - zum 30. Juni 2002.
Am 3. Mai 1993 beantragte die Klägerin die Bewilligung einer Rente wegen Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit. Zur Begründung gab sie an, sich seit August 1992 aufgrund zweier operierter Bandscheibenvorfälle für berufs- bzw. erwerbsunfähig zu halten. Die Beklagte, die die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen bei der Klägerin als erfüllt ansah, nahm einen ärztlichen Entlassungsbericht des D zu den Akten, wo die Klägerin sich vom 25. Februar 1992 bis zum 9. Juni 1992 wegen Alkoholabhängigkeit zur Entwöhnungsbehandlung befunden hatte. Außerdem ließ sie die Klägerin psychiatrisch, internistisch und orthopädisch begutachten.
Der Arzt für Psychiatrie Dr. H sah in seinem Gutachten vom 30. August 1993 bei der Klägerin eine Alkoholabhängigkeit und ein lumbales Nervenwurzelkompressionssyndrom. Als Stewardess sei sie damit nicht mehr einsatzfähig. Nach Durchführung einer Entwöhnungsbehandlung sei Belastbarkeit für berufsfördernde Leistungen gegeben. Es bestehe vollschichtige Belastbarkeit mit leichten Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung.
Die Internistin Dr. G diagnostizierte in ihrem Gutachten vom 27. Dezember 1993 eine Alkoholkrankheit, subjektiv empfundene Herzrhythmusstörungen sowie Schmerzzustände am Bewegungsapparat. Die Ärztin sah sich jedoch außerstande, aus internistischer Sicht eine Stellungnahme zur Leistungsfähigkeit der Klägerin im Erwerbsleben abzugeben.
In seinem Gutachten vom 11. Januar 1994 diagnostizierte der Orthopäde Dr. Z bei der Klägerin ein Postnukleotoie-Syndro m L5/S1 (zweifache Bandscheibenoperation). Bei der Untersuchung sei die Störung im LWS-Bereich derart ausgeprägt gewesen, dass die Beweglichkeit aufgehoben gewesen sei. Die Einschränkungen seien therapeutisch in einem Jahr behebbar, insbesondere durch ein Heilverfahren. Auch mit leichter körperlicher Frauenarbeit sei die Klägerin nur 2 Stunden bis unterhalbschichtig belastbar. Die Beeinträchtigungen bestünden seit dem Reprolaps im Jahre 1993.
Vom 23. August 1994 bis zum 20. September 1994 befand die Klägerin sich zur stationären Heilbehandlung in der Klinik in B. Von dort wurde sie als arbeitsfähig mit den Diagnosen Postdiskotomiesyndrom bei Zustand nach Nukleotomie L5/S1 rechts (07/89) und Chemonukleolyse (07/92) sowie Alkoholkrankheit entlassen. Mit körperlich leichten Tätigkeiten im Wechsel von Sitzen, Gehen und Stehen sei die Klägerin vollschichtig belastbar.
Mit Bescheid vom 23. März 1995 (bestätigt durch Widerspruchsbescheid vom 16. April 1996, die Klägerin hatte sich gegen das Datum des Rentenbeginns gewandt) bewilligte die Beklagte daraufhin eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit für die Zeit vom 21. September 1994 bis zum 31. August 1997. Dabei legte die Beklagte zugrunde, dass die Minderung der Erwerbsfähigkeit am 24. März 1993 (erster Tag der Arbeitsunfähigkeit) eingetreten sei und die Rente damit am 1. Oktober 1993 beginne. Für die Zeit ab dem 1. Oktober 1993 (fiktiver Rentenbeginn) bis zum Beginn der Heilmaßnahmen am 23. August 1994 und für den Zeitraum des stationären Heilverfahrens bis einschließlich 20. September 1994 bezog die Klägerin ...