Entscheidungsstichwort (Thema)
Berufsausbildungsbeihilfe. Freibetrag gemäß. Einkommenanrechnung. besonderer Freibetrag bei auswärtiger Unterbringung
Leitsatz (amtlich)
Die Voraussetzungen des § 71 II Satz 2 Nr. 2 SGB II zur Berücksichtigung eines Freibetrages sind erfüllt, wenn die Ausbildung außerhalb des Tagespendelbereichs des Wohnorts der Eltern notwendig ist, weil innerhalb des Tagespendelbereichs geeignete Ausbildungsstellen nicht zur Verfügung stehen und wenn die Aufnahme der zu fördernden Ausbildung kausal für den Auszug ist.
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Cottbus vom 05. Oktober 2005 wird zurückgewiesen, soweit die Klägerin Berufsausbildungsbeihilfe von mehr als monatlich 6,80 Euro zusätzlich für den Zeitraum vom 01. August 2003 bis 31. Januar 2005 begehrt.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt höhere Berufsausbildungsbeihilfe (BAB) für die Zeit vom 01. August 2003 bis 31. Januar 2005.
Die ... geborene Klägerin absolvierte in der Zeit vom 01. Oktober 2000 bis Juli 2003 ein Studium, das sie ohne Abschluss beendete. Anlässlich dieses Studiums war sie am 25. Januar 2001 aus der Wohnung ihrer Mutter in F M in eine eigene Wohnung nach C gezogen.
Am 14. August 2003 stellte die Klägerin bei der Beklagten einen Antrag auf Gewährung von BAB für die Ausbildung zur Steuerfachangestellten bei der Steuerberatungsgesellschaft B & P in der K in C. Laut Bescheinigung der Ausbildungsstätte vom 21. August 2003 betrug die Ausbildungsvergütung für die Zeit vom 1. August 2003 bis 30. Juli 2004 (richtig müsste es wohl heißen: 31. Juli 2004) 340 Euro monatlich und für die Zeit vom 1. August 2004 bis 31. August 2005 380 Euro monatlich. Die tägliche Arbeitszeit betrug laut Ausbildungsvertrag vom 21. Juli 2003 acht Stunden. Außerdem bezog die Klägerin laut Leistungsmitteilung des Rentenservices der Deutschen Post AG (ohne Datum) Waisenrente, die ab 1. Juli 2003 115, 64 Euro monatlich betrug. Die von der Klägerin für ihre Wohnung in der B in C zu zahlende Miete belief sich laut Bescheinigung des Vermieters, der G„, vom 25. August 2003 seit dem 25. Januar 2001 auf 259,87 Euro monatlich einschließlich Nebenkosten. Laut Antrag entstanden der Klägerin für die Monatskarte für öffentliche Verkehrsmittel innerhalb Cottbus 22 Euro monatlich und für Familienheimfahrten 6,80 Euro monatlich.
Laut Einkommensteuerbescheid des Finanzamts C vom 15. Oktober 2002 verfügte die Mutter der Klägerin im Jahr 2001 über Einkünfte in Höhe von 75.109 DM (38.402,62 Euro). Laut ihren Angaben in der “Erklärung über ihre Einkünfte„ vom 17. August 2003 wurden ihr im maßgeblichen Kalenderjahr, dem Jahr 2001, vermögenswirksame Leistungen von ihrem Arbeitgeber erbracht.
Zum Zeitpunkt der Antragstellung auf BAB durch die Klägerin wohnte im Haushalt der Mutter noch die Schwester der Klägerin, die die 12. Klasse des F in F besuchte (Bescheinigung des F von 28. März 2003 über den Besuch der 11. Klassenstufe).
Mit Bescheid vom 28. Oktober 2003 bewilligte die Beklagte der Klägerin BAB in Höhe von 40 Euro monatlich für die Zeit vom 01. August 2003 bis 31. Januar 2005. Dabei legte sie einen Bedarf der Klägerin in Höhe von 540 Euro zugrunde. Von diesem Betrag setzte sie 281,01 Euro als zu berücksichtigendes Einkommen der Klägerin und 218,78 Euro als zu berücksichtigendes Einkommen der Mutter der Klägerin ab, so dass sich ein auf 40 Euro abgerundeter Zahlbetrag ergab.
Mit ihrem am 12. November 2003 bei der Beklagten eingegangenen Widerspruch bemängelte die Klägerin u. a., dass kein Freibetrag für eine auswärtige Unterbringung berücksichtigt worden sei. Sie sei im Januar 2001 nach C gezogen, weil die Vorlesungen ihres damaligen Studiums über den ganzen Tag verteilt gewesen seien und die letzte um 21.00 Uhr geendet habe. Eine Ankunft in F wäre dann fahrplanbedingt erst um 22.30 Uhr erfolgt. Eine optimale Vorbereitung auf Seminare und Klausuren wäre unter diesen Umständen nicht möglich gewesen. Ein Wiedereinzug bei ihrer Mutter sei aus Platzgründen nicht möglich. In der Zweieinhalbzimmerwohnung lebe auch noch ihre Schwester, die die 12. Klasse des Gymnasiums besuche.
Mit Widerspruchsbescheid vom 04. Februar 2004 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Sie führte aus, dass die Voraussetzungen des § 71 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 Sozialgesetzbuch III (SGB III) für die Einräumung eines weiteren Freibetrages nicht erfüllt seien. Dieser Freibetrag sei nur zu gewähren, wenn die Vermittlung einer geeigneten beruflichen Ausbildungsstelle nur bei Unterbringung des Auszubildenden außerhalb des Haushalts der Eltern oder eines Elternteils möglich sei. Es komme dabei nur darauf an, ob die Entfernung zwischen elterlicher Wohnung und Ausbildungsstätte so groß sei, dass ein tägliches Pendeln für den Auszubildenden nicht möglich oder unzumutbar sei. Dieser Sachverhalt liege nicht vor.
Am 05. März 2004 hat die Klägerin Klage vor dem Sozialgericht Cott...