Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Vergütung von Krankenhausleistungen nach dem DRG-System. Fallzusammenführung mit nur einer Fallpauschale

 

Orientierungssatz

Bei der Falldatenzusammenfassung und Neueinstufung in eine Fallpauschale nach § 3 Abs 3 Fallpauschalenvereinbarung 2009 (juris: KFPVbg 2009) ist die Verweildauer der Versicherten um die Tage zu kürzen, in denen keine medizinische Behandlungsbedürftigkeit bestand.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 17.11.2015; Aktenzeichen B 1 KR 13/15 R)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 26. September 2013 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des gesamten Rechtsstreits trägt die Klägerin.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt weitere Kosten einer Krankenhausbehandlung. Im Streit ist insbesondere, ob zwei stationäre Krankenhausbehandlungen im Wege der Fallzusammenführung mit nur einer Fallpauschale abzurechnen sind.

Die Klägerin ist Trägerin eines nach § 108 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) zugelassenes Krankenhauses. Am 4. Januar 2009 wurde die 1934 geborene Versicherte der Beklagten notfallmäßig in der Klinik für Chirurgie dieses Krankenhauses wegen einer pathologischen Fraktur des Oberschenkelknochens aufgenommen und noch am selben Tag operativ versorgt. Die histologische Untersuchung des intraoperativen Gewebes bestätigte eine Knochenmetastase eines mäßig differenzierten Karzinoms. Am 13. Januar 2009 erfolgte eine Verlegung der Versicherten in die Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe desselben Krankenhauses. Dort wurde ein Mammakarzinom der linken Brustdrüse diagnostiziert. Bekannt war bereits ein Zustand nach operativer Entfernung der kontralateralen Brustdrüse bei Mammakarzinom rechts. Zur weiteren postoperativen Mobilisierung wurde die Klägerin am 3. Februar 2009 in das St. krankenhaus B, Klinik für Innere Medizin (Geriatrie) verlegt. Die Rückverlegung erfolgte am 17. Februar 2009. Am 18. Februar 2009 erfolgte die diagnostische Teilentfernung und am 24. Februar 2009 die komplikationslose Entfernung der linken Brustdrüse sowie der Lymphknoten. Der postoperative Verlauf gestaltete sich komplikationslos. Die Entlassung erfolgte am 7. März 2009.

Die Klägerin rechnete für den Aufenthalt die DRG I08E (andere Eingriffe am Hüftgelenk und Femur mit Mehrfacheingriff, komplexer Prozedur oder Diagnose oder äußerst schweren CC oder mit Osteotomie oder Muskel/Gelenkplastik) mit einer Verweildauer von 48 Behandlungstagen einen Gesamtbetrag in Höhe von 11.489,43 € ab. Dieser Betrag wurde zunächst vollständig von der Beklagten bezahlt. Nach Einschaltung des medizinischen Dienstes der Krankenversicherung Berlin-Brandenburg e. V. (MDK) teilte dieser am 25. Januar 2010 mit, dass für die Zeit vom 22. Januar 2009 bis zum 3. Februar 2009 eine vollstationäre Behandlung medizinisch nicht begründet gewesen sei. Es sei nicht plausibel, warum die Diagnostik des Karzinoms so lange gedauert habe. Am 12. März 2010 verrechnete die Beklagte einen Differenzbetrag in Höhe von 2.563,38 € mit einer weiteren unstreitigen Forderung der Klägerin.

Die Klägerin erhob am 5. Mai 2011 Klage. Sie führte aus, dass die Überschreitung der oberen Grenzverweildauer auf die parallele Behandlung von zwei Krankheitsbildern und der Zusammenführung beider Fälle nach Wiederaufnahme nach § 2 der Vereinbarung zum Fallpauschalensystem für Krankenhäuser für das Jahr 2009 (FPV 2009) zurückzuführen sei. Die Diagnostik habe auch nicht zügiger erfolgen können.

Das Sozialgericht hat über die vollstationäre Behandlungsdürftigkeit der Versicherten Beweis erhoben durch Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens. Zum Sachverständigen hat das Gericht den Arzt und Vorsitzenden der D AG, M E, ernannt. Dieser hat in seinem Gutachten vom 5. März 2013 und in seinem Folgegutachten vom 25. Juni 2013 im Wesentlichen ausgeführt, dass eine Behandlungsbedürftigkeit der Versicherten lediglich in der Zeit vom 4. Januar 2009 bis zum 22. Januar 2009 sowie vom 17. Februar 2009 bis zum 7. März 2009 bestanden habe. Der Behandlungsfall solle wegen der “potentiell mögliche(n) Entlassung„ am 22. Januar 2009 über zwei DRG vergütet werden. Die stationäre Behandlung der Versicherten vom 4. Januar 2009 bis zum 22. Januar 2009 müsse durch die DRG I08E und vom 17. Februar 2009 bis zum 7. März 2009 durch die DRG J23Z abgerechnet werden.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Gutachten und auf das Folgegutachten verwiesen.

Die Klägerin stornierte daraufhin ihre Rechnung vom 10. März 2009 und stellte der Beklagten mit Rechnungen vom 16. April 2013 für die Behandlung der Versicherten vom 4. Januar 2009 bis zum 22. Januar 2009 unter Zugrundelegung der DRG I08E 5.218,66 € und für die Behandlung der Versicherten vom 17. Februar 2009 bis zum 7. März 2009 unter Zugrundelegung der DRG J23Z 5.030,36 €, also insgesamt 10.249,02 €, in Rechnung.

Das Sozialgericht hat die Beklagte mit Urteil vom 26. September 2013 antragsgemäß verurteilt, den insoweit noch offene...

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