Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialpädiatrisches Zentrum. Leistungserbringung unter mehreren Anschriften. Feststellungsanspruch. Zuständigkeit der Zulassungsgremien. Feststellungsklage. Umstellung des Antrags im Berufungsverfahren. Vertragsärztliche Versorgung. sozialgerichtliches Verfahren
Leitsatz (amtlich)
1. Sozialpädiatrische Zentren dürfen ihre Leistungen in unterschiedlichen Gebäuden bzw. unter unterschiedlichen Anschriften erbringen, wenn gewährleistet ist, dass einerseits die versicherten Kinder den Weg zwischen den einzelnen Gebäuden ungefährdet in kurzer Zeit zurücklegen können und dass andererseits der Informationsaustausch zwischen den in den einzelnen Gebäuden tätigen Mitarbeitern zügig und umfassend möglich ist (Leistungserbringung "unter einem Dach").
2. Für die Entscheidung, ob diese Voraussetzungen vorliegen, sind die Zulassungsgremien zuständig, die auf Antrag entsprechende Feststellungen auszusprechen haben.
3. Es stellt keine Klageänderung dar, wenn der erstinstanzlich obsiegende Kläger erst im Berufungsverfahren einen seinem Anliegen entsprechenden sachgerechten Klageantrag stellt.
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 16. Oktober 2013 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass festgestellt wird, dass die Räumlichkeiten in der S Straße 13 in die Ermächtigung des Zulassungsausschusses vom 26. November 2012 einbezogen sind.
Der Beklagte trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um den Umfang einer Ermächtigung.
Der klagende Verein betreibt in Berlin seit Jahren mehrere Sozialpädiatrische Zentren (SPZ), u.a. im Bezirk S. Für die Jahre 2007 bis 2010 ermächtigte der Zulassungsausschuss die SPZ des Klägers “mit den Standorten Berlin-S, S Straße 9-11 und 13
Berlin-L […]
Berlin-W […]„
zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung. Fußläufig maximal 200 Meter entfernt vom Gebäude S Straße 9-11 liegen auf derselben Straßenseite die sechs vom Kläger genutzten Räumlichkeiten in der S Straße 13. Dorthin hat der Kläger nach eigenen Angaben “Therapieleistungen […] ausgelagert„ (Gruppentherapie, Frühförderung sowie die Sozialberatung als Teil der Komplexleistung). Die Bereiche Diagnostik, Verwaltung und Supervision sind hingegen ausschließlich in der S Straße 9-11 untergebracht. Beide Standorte sind telefonisch einheitlich ausgestattet und haben via Internet gemeinsamen Zugriff auf einen zentralen EDV-Server. Die medizinischen Leistungen werden nur in der S Straße 9-11 erbracht.
Nachdem zwischen den Beteiligten Meinungsverschiedenheiten über die rechtliche Qualifikation u.a. der vom SPZ S genutzten weiteren Räume entstanden waren, zahlte die zu 1) beigeladene Krankenkasse, beginnend ab dem Quartal III/09 für ein anderes vom Kläger betriebenes SPZ, einen hohen Anteil des von diesem beanspruchten Quartalshonorars nur unter Vorbehalt und verrechnete es später mit laufenden Forderungen des Klägers. Zur Klärung der Rechtslage trat der Kläger an die Kassenärztliche Vereinigung (Beigeladene zu 6) heran, welche ihm mit Bescheid vom 20. April 2011, bestätigt durch den Widerspruchsbescheid vom 18. Oktober 2011, mitteilte, dass es sich bei den Räumlichkeiten in der S Straße 13 nicht um ausgelagerte Praxisräume i.S.v. § 24 Abs. 5 Zulassungsverordnung-Ärzte (Ärzte-ZV) handele und die Voraussetzung für den Betrieb einer Nebenbetriebsstätte i.S.v. § 24 Abs. 3 Ärzte-ZV nicht vorlägen; beide Vorschriften seien auf SPZ nicht anwendbar. Die hiergegen gerichtete Klage (S 83 KA 239/11 vor dem Sozialgericht Berlin) ruht im Hinblick auf den hiesigen Rechtsstreit.
Mit Beschluss vom 1. November 2010 (bzw. 26. November 2012) wurde das im Bezirk S gelegene SPZ des Klägers in der S Straße 9-11 für die Zeit vom 1. Januar 2011 bis zum 31. Dezember 2012 (bzw. vom 1. Januar 2013 bis 31. Dezember 2014) zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung ermächtigt, der “Miteinbezug von ausgelagerten Therapieräume in der S Straße 13„ hingegen jeweils abgelehnt. Die hierauf bezogenen Widersprüche wies der beklagte Berufungsausschuss mit Beschluss vom 4. Mai 2011 (bzw. vom 27. März 2013) zurück. Der Beklagte vertrat jeweils die Auffassung, dass sich die Ermächtigung auf das SPZ in seiner Gesamtheit beziehe, wobei als “Standort„ der im Antrag genannte Sitz des SPZ maßgeblich sei. Aus der Verbindlichkeit der vertraglichen Bestimmungen für ermächtigte Einrichtungen gemäß § 95 Abs. 4 Sozialgesetzbuch / Fünftes Buch (SGB V) folge, dass nur ein Standort für jeweils ein SPZ möglich sei. Wenn am gewählten Standort eine leistungsfähige und wirtschaftliche sozialpädiatrische Versorgung nicht möglich sei, bleibe nur eine Sitzverlegung.
Die Klage richtete sich zunächst nur gegen den Beschluss des Beklagten vom 4. Mai 2011, bezog sich aber auch auf die darin ebenfalls abgelehnte Einbeziehung weiterer Räume in die Ermächtigung des SPZ im Berliner Bezirk C. Später e...