Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausschluss der Kostenerstattung für ein Hörgerät bei Nichteinhaltung des Beschaffungsweges durch den Versicherten
Orientierungssatz
1. Der gehörgeschädigte Versicherte hat bei der Versorgung mit einem Hörgerät gemäß § 33 SGB 5 durch die Krankenkasse nach der Auslegungsregel des § 2 Abs. 2 SGB 1 einen Anspruch auf bestmögliche Versorgung nach Maßgabe der Vorschriften der gesetzlichen Krankenversicherung. Dabei ist eine Aufspaltung des Begehrens in zwei getrennte Leistungsanträge, nämlich einmal auf Bewilligung des Festbetrags für ein Hörgerät und zum anderen auf Bewilligung einer über den Festbetrag hinausgehenden Versorgung ausgeschlossen.
2. Der Kostenerstattungsanspruch des Versicherten aus § 13 SGB 5 ist ausgeschlossen, wenn dieser den Beschaffungsweg nicht eingehalten hat.
3. Die für eine Kostenerstattung durch die Krankenkasse erforderliche Kausalität zwischen Leistungsablehnung und Kostenbelastung ist nicht gegeben, wenn die Krankenkasse mangels eines rechtzeitig gestellten Leistungsantrags überhaupt keine Gelegenheit zu dessen Prüfung und Bescheidung gehabt hat. Hat sich der Versicherte bereits vor Stellung des Leistungsantrags bei der Krankenkasse für einen bestimmten Gerätetyp unter erklärter Inkaufnahme eines Eigenanteils bei dem Hörgeräteakustiker entschieden, so ist die Krankenkasse mangels Einhaltung des Beschaffungsweges zur Kostenerstattung nicht verpflichtet.
4. Etwas Anderes gilt nur dann, wenn das konkrete Verfahren der Hörgeräteversorgung es dem Versicherten nachweislich unmöglich gemacht hat, vor der Selbstbeschaffung auf eine Entscheidung der Krankenkasse zu drängen oder wenn die Krankenkasse pflichtwidrig dem Versicherten gegenüber Anlass zur Selbstbeschaffung gegeben hat.
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 21. November 2013 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind für das gesamte Verfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Übernahme der Kosten für die Versorgung der Klägerin mit Hörgeräten.
Die Klägerin ist 1960 geboren, als staatlich anerkannte Erzieherin an einer Grundschule bei der Senatsverwaltung für (vormals Sport) beschäftigt und bei der Beklagten rentenversichert. Sie war im streitgegenständlichen Zeitraum bei der beigeladenen Krankenkasse krankenversichert und leidet seit 2005 an einer beidseitigen Schwerhörigkeit; auf das Attest ihres behandelnden Hals-Nasen-Ohren-Arztes Dr. L vom 5. Februar 2007 wird verwiesen.
Die Klägerin wandte sich mit der ohrenärztlichen Verordnung einer Hörhilfe des Dr. L vom 31. August 2006, auf der als Versicherung die Beigeladene eingetragen war, ausweislich der Empfangsbestätigung über Hörgeräte vom 30. November 2006 spätestens in diesem Monat an die Firma Hörgeräte Akustik F & K (nachfolgend Hörgeräteakustiker). Auf der Empfangsbestätigung hatte die Klägerin zugleich erklärt, als gesetzlich Krankenversicherte über das zuzahlungsfreie Angebot informiert worden und mit Zuzahlungen für die von ihr ausgewählten Hörsysteme bzw. für eventuell anfallende Reparaturen einverstanden zu sein. Der Hörgeräteakustiker fertigte am 4. Januar 2007 einen Anpassbericht über die beidohrige Versorgung der Klägerin mit dem Hörgerätetyp Phonak Eleva 211 dAZ, auf den wegen der Einzelheiten verwiesen wird, nachdem die Klägerin bereits am 15. Dezember 2006 auf dem Verordnungsvordruck bestätigt hatte, die verordnete Hörhilfe erhalten zu haben. Der behandelnde Arzt bescheinigte unter dem 12. Januar 2007 auf der Verordnung die Zweckmäßigkeit der vorgeschlagenen Geräte. Am 26. Januar 2007 unterbreitete der Hörgeräteakustiker der Klägerin einen Kostenvoranschlag über Eigenanteilskosten in Höhe von 3.160,86 € (Gesamtkosten 4.384,86 € abzüglich Kassenleistung in Höhe von 1.224 €). Nach Aufnahme eines seitens des Hörgeräteakustikers vermittelten Kredits am 31. Oktober 2007 (“KaufKredit-Vertrag„ der K Bank) erwarb die Klägerin die Hörgeräte (Rechnung des Hörgeräteakustikers vom 31. Oktober 2007).
Bereits am 27. März 2007 hatte die Klägerin unter Verwendung des hierfür vorgesehenen Antragsformulars, Beifügung des Anpassungsberichts vom 4. Januar 2007 sowie des Attests des Dr. L vom 5. Februar 2007, ferner des Kostenvoranschlags (Eigenanteil) des Hörgeräteakustikers vom 26. Januar 2007 Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben bei der Beklagten beantragt. Sie gab an, ohne die Hörgeräte hätte sie im Rahmen ihrer Berufsausübung als Erzieherin die Stimmen der Kinder in der Schule nicht zuordnen können und auch während Gesprächen mit Kollegen öfter nachfragen müssen. Ihr sei mit den Hörgeräten ein Stück Lebensqualität wiedergegeben worden.
Mit Bescheid vom 17. April 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Oktober 2007 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin auf Gewährung der über dem Festbetrag der Krankenkassen liegenden Kosten für die Anschaffung einer Hörhilfe ab. Der sozialmedizinische Dienst hätte festgestellt, die speziell...