Entscheidungsstichwort (Thema)
Sonderversorgung der Angehörigen der Zollverwaltung. ehemalige DDR. Berücksichtigung von Verpflegungsgeld sowie Reinigungszuschuss als Arbeitsentgelt
Orientierungssatz
1. Das den Angehörigen des Amtes für Zoll und Kontrolle des Warenverkehrs, später der Zollverwaltung der DDR gezahlte Verpflegungsgeld ist kein Arbeitsentgelt iSd § 14 Abs 1 S 1 SGB 4. Vielmehr handelte es sich dabei lediglich um arbeitgeberseitige Zahlungen, die sich als notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzungen erweisen (vgl LSG Halle vom 19.11.2015 - L 1 RS 33/12, LSG Chemnitz vom 24.11.2015 - L 5 RS 609/11 sowie LSG Berlin-Potsdam vom 13.1.2016 - L 16 R 770/12).
2. Zum betriebsfunktionalen Zweck des den Angehörigen der Zollverwaltung der DDR gezahlten Reinigungszuschlages bzw -zuschusses.
3. Die zusätzlich zur Besoldung gewährten Reinigungszuschüsse (bzw Reinigungszuschläge) wären auch gem § 3 Nr 12 EStG in der am 1.8.1991 geltenden Fassung lohnsteuerfrei gewesen (vgl LSG Berlin-Potsdam vom 21.8.2013 - L 16 R 670/11 = juris Rdnr 34).
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 20. Juli 2012 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt im Überprüfungsverfahren die Feststellung höherer Arbeitsentgelte für Zeiten seiner Zugehörigkeit zum Sonderversorgungssystem der Zollverwaltung der ehemaligen DDR wegen des Erhalts von Verpflegungs- und Reinigungszuschüssen.
Der 1932 geborene Kläger war in der Zeit vom 1. Mai 1969 bis 31. Mai 1990 Mitarbeiter der Zollverwaltung der DDR. Für die Zeit ab 1. Januar 1973 finden sich in der Verwaltungsakte Besoldungsstammkarten, nach denen der Kläger im genannten Zeitraum Verpflegungsgeld in unterschiedlicher Höhe und einen Reinigungszuschlag (bzw. ab 1988: “Reinigungszuschuss„) in Höhe von 3,50 Mark monatlich erhalten hat.
Mit Bescheid vom 2. Oktober 1996 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 9. April 1997 stellte die Oberfinanzdirektion B für den genannten Zeitraum die vom Kläger im Sonderversorgungssystem der Zollverwaltung der ehemaligen DDR (System Nr. 3 der Anlage 2 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz - AAÜG - ) erworbenen Ansprüche und Anwartschaften zur Überführung in die gesetzliche Rentenversicherung gemäß § 8 Abs. 2 AAÜG fest. Der Änderungsbescheid wurde bestandskräftig.
Am 16. Oktober 2008 stellte der Kläger einen Antrag auf Überprüfung des letztgenannten Bescheides. Es seien in der Entgeltbescheinigung zwar sein Arbeitsentgelt und einige Zulagen wie Hauptstadtzulage, Grenzdienst- und Hundeführerzuschlag sowie Wohnungsgeld bescheinigt worden. Es fehlten jedoch das Verpflegungsgeld, das Bekleidungsgeld, der Reinigungszuschlag und der Schichtzuschlag. Mit Bescheid vom 5. Januar 2009 lehnte die Beklagte die Berücksichtigung weiterer Zahlungen als Arbeitsentgelt im Sinne des § 8 AAÜG ab. Diese hätten lediglich einen Aufwandsersatzcharakter gehabt. Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 24. Juni 2009 zurück.
Die hiergegen erhobene Klage hat das Sozialgericht Berlin mit Urteil vom 20. Juli 2012 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass dahinstehen bleiben könne, ob es sich bei dem Verpflegungsgeld oder dem Reinigungszuschuss statt eines Arbeitsentgeltes vielmehr um eine Sozialleistung gehandelt habe. Ebenfalls dahinstehen könne, ob der beantragte Umfang mangels Vorlage sämtlicher Besoldungsstammkarten tatsächlich nachgewiesen worden sei. Denn gemäß § 17 Abs. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch, Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung (SGB IV), i. V. m. § 1 Arbeitsentgeltverordnung (ArEV) bzw. seit 2007 § 1 Sozialversicherungsentgeltverordnung (SvEV) seien unter anderem laufende Zulagen, Zuschläge, Zuschüsse sowie ähnliche Einnahmen, die zusätzlich zu Löhnen oder Gehältern gewährt werden, nicht dem Arbeitsentgelt zuzurechnen, soweit sie lohnsteuerfrei seien. Die streitigen Zahlungen seien im Zuflusszeitpunkt steuerfrei zusätzlich zu Löhnen oder Gehältern gezahlt worden und daher nicht als Arbeitsentgelt im Sinne des § 6 Abs. 1 AAÜG anzuerkennen. Die Anwendung des am 1. August 1991, dem Tage des In-Kraft-Tretens des AAÜG, geltenden bundesdeutschen Lohnsteuerrechtes halte die Kammer nicht für sachgerecht.
Gegen dieses ihm am 22. August 2012 zugegangene Urteil richtet sich die am 14. September 2012 eingegangene Berufung des Klägers. Der Kläger trägt zur Begründung vor, dass das Sozialgericht mit dem Abstellen auf das Steuerrecht im Zuflusszeitpunkt von der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) abgewichen sei. Abzustellen sei mit dem BSG auf die am 1. August 1991 gegebene Rechtslage unter Anwendung des seinerzeit geltenden bundesdeutschen Steuerrechtes. Danach wäre das Verpflegungsgeld steuerpflichtig gewesen.
Der Kläger trägt weiter vor, dass das Verpflegungsgeld nach der am 1. Mai 1957 in Kraft getretenen Vergüt...