Entscheidungsstichwort (Thema)
Pflegevereinbarung. Vergütungsvereinbarung. Qualitätsvereinbarung. Koppelung. Kündigungsrecht. Treu und Glauben. im Glauben
Orientierungssatz
1.Die Vollmachtsrüge hat nach § 174 BGB unverzüglich zu erfolgen, weil es sich bei einer Kündigung um ein einseitiges Rechtsgeschäft handelt. Schuldhaftes Zögern nach § 121 Abs. 1 Satz 1 BGB setzt neben der objektiven Komponente - einem nicht mehr hinnehmbaren Zeitablauf - subjektiv ein vorwerfbares Handeln voraus. Ein Zeitraum von knapp drei Wochen ist objektiv nicht mehr hinnehmbar.
2.Ergibt sich aus der streitgegenständlichen Qualitätsvereinbarung, dass es eines Kündigungsgrundes nicht bedarf, kann sich die Klägerin (ein Unternehmen der häuslichen Krankenpflege) nicht darauf berufen, dass die Kündigung unsachlich gewesen ist. Ist die Kündigung im Übrigen zur Einsparung von Kosten erfolgt, lag ein sachlicher Grund vor.
3.Ist die Qualitätsvereinbarung lediglich an die Vergütungsvereinbarung gekoppelt, was § 7 Abs. 1 Satz 2 der Qualitätsvereinbarung ausdrücklich klarstellt, ergibt sich daraus umgekehrt dagegen keine Abhängigkeit der Vergütungsvereinbarung vom Bestand der Qualitätsvereinbarung.
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Im Streit steht, ob eine der Rechtsvorgängerinnen der Beklagten, die AOK Berlin, eine Qualitätsvereinbarung mit der Klägerin wirksam gekündigt hat.
Zwischen der Klägerin, einem Unternehmen der häuslichen Krankenpflege, und der beklagten Krankenkasse bestand bzw. besteht ein Vertrag betreffend die Versorgung der Versicherten der Beklagten mit häuslicher Krankenpflege gemäß § 132 a Abs. 2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) (Rahmenvertrag)und eine diesen Vertrag ergänzende Vergütungsvereinbarung vom 25. Juni 2004. Der Vertrag nach § 132 a Abs. 2 SGB V kann gemäß § 20 Abs. 1 mit einer Frist von sechs Monaten gekündigt werden. Die Vergütungsvereinbarung war zunächst befristet bis zum 30. November 2006.
Als drittes Regelungswerk wurde am gleichen Tag wie die Vergütungsvereinbarung schließlich eine Qualitätsvereinbarung abgeschlossen.
Diese lautet auszugsweise wie folgt:
“Die Vertragsparteien haben im Vertrag nach § 132a Abs. 2 SGB V vereinbart, dass die Versicherten der AOK Berlin mit den gesetzmäßigen Leistungen der Hauskrankenpflege in der fachlich gebotenen Qualität, entsprechend dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen und pflegefachlichen Erkenntnisse und auf wirtschaftliche Weise versorgt werden. Mit vorliegender Vertragsergänzung treffen die Vertragsparteien zum Wohle des krankenpflegebedürftigen Versicherten zusätzliche Vereinbarungen, die zu einer kontinuierlichen Weiterentwicklung in der Qualität der Versorgung mit häuslicher Krankenpflege beitragen.
§ 1 permanente Ergebnis Qualitätskontrolle in der Prozesssteuerung
§ 2 Internes Qualitätsmanagement
§ 3 AVG - Qualitätsanalyse
§ 4 Zufriedenheitsabfrage
§ 5 Patienten - Beschwerdemanagement
§ 6 Bericht und Vergütung
(1)
(2) Auf der Basis der mit den Berichten eingehenden Ergebnisse nach Absatz 1 vereinbaren die Vertragsparteien die Gewährung von Qualitätszuschlägen (siehe Anlage 4)
§ 7 Inkrafttreten/Laufzeit
(1) diese Qualitätsvereinbarung tritt am 01.06.2004 in Kraft. Die Laufzeit wird an die der Vergütungsvereinbarung gekoppelt.
(2) Es besteht Einvernehmen, rechtzeitig vor Ablauf dieser Qualitätsvereinbarung Gespräche über eine eventuelle Fortführung aufzunehmen.
(3) Mit der Beendigung der Qualitätsvereinbarung endet auch die Vereinbarung über Qualitätszuschläge nach § 6 Absatz 2.
(4)
§ 8 Kündigung
(1) Diese Qualitätsvereinbarung kann von jedem Vertragspartner mit einer Frist von sechs Monaten gekündigt werden.
(2) Das Recht zur außerordentlichen Kündigung dieser Qualitätsvereinbarung ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist bleibt unberührt.
(3) Diese Qualitätsvereinbarung endet darüber hinaus unabhängig von der vorstehenden Kündigungsmöglichkeit zeitgleich mit der Beendigung des Vertrages gemäß § 132a Abs. 2 SGB V.
(4)
(5) Die Kündigung hat schriftlich durch eingeschriebenen Brief zu erfolgen.
§ 9 Sonstiges
(1) Änderungen, Ergänzungen oder Erweiterungen dieser Qualitätsvereinbarung bedürfen der Schriftform.„
Die Qualitätsvereinbarung wurde seitens der Beklagten unterzeichnet mit “i.A. B„.
In der der Vereinbarung beigefügten Anlage 4 sind die Qualitätszuschläge aufgeführt, die bis zu 3 % der Vergütung betragen.
Am 17. Oktober 2006 vereinbarten die Beteiligten eine neue Vergütungsvereinbarung. Die Vergütung wurde um 3 % gesenkt. Die neue Vergütungsvereinbarung galt ohne Kündigungsmöglichkeit befristet bis zum 31. Oktober 2010.
Am selben Tag übersandte die Beklagte allen Pflegediensten ein Schreiben zusammen mit der “einvernehmlich abgestimmten Neufassung der Vergütungsvereinbarung häuslicher Krankenpflege„. In diesem heißt es: “Die mit den Mitgliedern des Avereinbarten Inhalte und Verfahren der zum 30.11.2006 durch Fristablauf endenden Qualitätsvereinbarung werden bis zu...