Entscheidungsstichwort (Thema)

Streitgegenstand des Verfahrens gegen eine Rentenanpassungsmitteilung. Anspruch auf eine Rentenerhöhung in Höhe des Inflationsausgleichs

 

Orientierungssatz

1. Die in Bescheiden enthaltenen Rentenanpassungen zum 01. Juli eines jeweiligen Jahres, die allein die wertmäßige Fortschreibung eines bereits zuerkannten Werts des Rechts auf Rente betreffen, bilden jeweils selbständige Streitgegenstände.

2. Für einen Anspruch auf eine Rentenerhöhung in Höhe des Inflationsausgleichs fehlt es an einer gesetzlichen Grundlage.

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 22. März 2011 wird zurückgewiesen. Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist die Anpassung der Altersrente der Klägerin zum 01. Juli 2008.

Die am 1942 geborene Klägerin bezieht seit dem 01. September 2007 eine Regelaltersrente von der Beklagten (Bescheid vom 23. Mai 2007). Die Rentenhöhe errechnet sich auf der Grundlage von 39,6362 Entgeltpunkten Ost (EP (Ost)) und betrug anfangs 915,20 Euro. Den wegen einer Aberkennung der in der DDR rechtmäßig erworbenen Ansprüche auf eine angemessene Altersversorgung im Sinne einer Vollversorgung eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 09. Juni 2008 zurück. Dagegen ist eine Klage beim Sozialgericht Berlin - S 23 R 4116/08 - anhängig.

Zum 01. Juli 2008 wurde die Altersrente der Klägerin um den nunmehr 23,34 Euro betragenden aktuellen Rentenwert (Ost) angepasst [zuvor: 23,09 Euro], sie erhöhte sich auf 925,11 Euro. Mit dem dagegen eingelegten Widerspruch machte die Klägerin geltend, der vom Grundgesetz geschützte Anspruch auf Rentenangleichung Ost an West werde seit dem 01. Juli 2000 verweigert. Durch die Einführung von Dämpfungsfaktoren in der Rentenformel sowie die sog. Entgeltumwandlung seien auch zukünftig weitere Kürzungen am Rentenbetrag vorgesehen. Die gesetzliche Rente werde somit immer weiter abgeschmolzen und entwertet. Ein Bezug zur Lebensarbeitsleistung und den eingezahlten Beiträgen der Versicherten sei nicht mehr gegeben. Mit Widerspruchsbescheid vom 18. November 2008 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Der Widerspruch richte sich gegen eine Regelung, die sich unmittelbar aus dem Gesetz ergebe. Sie, die Beklagte, sei als Rentenversicherungsträger an die gesetzliche Regelung gebunden, die sie im Fall der Klägerin auch vollständig angewandt habe.

Dagegen richtet sich die am 19. Dezember 2008 bei dem Sozialgericht Berlin erhobene Klage, mit der die Klägerin beantragt hat, ihre Rente nach den verbindlichen Vorgaben des Einigungsvertrags (EV) und des Grundgesetzes (GG) an die Lohn- und Einkommensentwicklung im Beitrittsgebiet anzupassen, wobei zum Schutz der Eigentumsgarantie des Art. 14 GG die Inflationsrate nicht unterschritten werden dürfe, und den der Anpassung zugrunde liegenden Rentenwert (Ost) an den Rentenwert (West) anzugleichen, hilfsweise die Anpassung der Rente zumindest in Höhe der Anpassung der Beamtenversorgung vorzunehmen. Sie hat geltend gemacht hat, die andauernden realen Rentenkürzungen seien offensichtlich verfassungswidrig. Mit der Anpassung der Regelsätze an die Wirklichkeit stelle sich automatisch die Frage nach der Daseinsberechtigung der gesetzlichen Rentenversicherung sowie der Riesterrente. Nach aktuellen Untersuchungen werde zukünftig ein immer größer werdender Kreis auf die Grundsicherung im Alter angewiesen sein, bei vollständiger Anrechnung der Riesterrente. Die vom Statistischen Bundesamt ausgewiesenen Bruttolöhne und -gehälter seien bekanntermaßen zu gering ausgewiesen. So sei z. B. für das Jahr 2006 ein um 130,- Euro geringeres durchschnittliches Jahresentgelt berücksichtigt worden. Im Rahmen der Beweiserhebung seien die Daten daher im Einzelnen zu prüfen. Sie wende sich auch gegen die unterlassene Rentenangleichung Ost an West sowie gegen die sog. Dämpfungsfaktoren, speziell gegen den Abschlag durch den Riesterfaktor von 0,6 % in der Rentenanpassungsformel zur Berücksichtigung eines Altersvorsorgeanteils. Danach sollen kollektive Belastungen der Versicherten bei der Berechnung der Rentenanpassungshöhe mit berücksichtigt werden.

Durch Gerichtsbescheid vom 22. März 2011 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die angefochtene Rentenanpassungsmitteilung zum 01. Juli 2008 sei rechtmäßig. Die Beklagte habe das zum 01. Juli 2008 in Kraft getretene Gesetz über die Bestimmung der aktuellen Rentenwerte ab 01. Juli 2008 zutreffend angewandt. Dieses entspreche den gesetzlichen Vorgaben und verstoße auch nicht gegen Verfassungsrecht. Das GG gebiete keine Rentenanpassung in bestimmter Höhe, insbesondere nicht in Höhe des Inflationsausgleichs. Sie folge vielmehr der Lohn- und Gehaltsentwicklung. Sowohl der eingeführte Altersvorsorgeanteil als auch der Nachhaltigkeitsfaktor seien verfassungsgemäß. Die Rentenanpassung zum 01. Juli 2008 sei schließlich auch nicht deshalb rechtswidrig,...

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