Entscheidungsstichwort (Thema)
Statusfeststellungsverfahren. späterer Beginn der Versicherungspflicht. ausreichende Absicherung gegen das finanzielle Risiko von Krankheit. ausreichende Absicherung zur Altersvorsorge. Versicherungspflicht nach dem Recht der Arbeitsförderung
Leitsatz (amtlich)
1. Der nach § 7a Abs 6 SGB IV vorgesehene spätere Beginn der Versicherungspflicht betrifft nicht die Versicherungspflicht nach dem Recht der Arbeitsförderung.
2. Eine Absicherung zur Altersvorsorge iSv § 7a Abs 6 Satz 1 Nr 2 SGB IV liegt vor, wenn der Beschäftigte Mitglied eines berufsständischen Versorgungswerks iSv § 6 Abs 1 Nr 1 SGB VI ist.
3. Eine Absicherung gegen das finanzielle Risiko von Krankheit iSv § 7a Abs 6 Satz 1 Nr 2 liegt vor, wenn der Krankenversicherungsschutz den Anforderungen von § 193 Abs 3 VVG 2008 genügt.
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 8. Mai 2015 geändert, soweit es die Versicherungspflicht nach dem Recht der Arbeitsförderung betrifft. Insoweit wird die Klage abgewiesen. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu ¼ und die Beklagte zu ¾ mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Frage, ob die Versicherungspflicht der Beigeladenen zu 1) aufgrund ihrer Tätigkeit für die Klägerin im Hinblick auf § 7a Abs. 6 Sozialgesetzbuch / Viertes Buch (SGB IV) nicht bestanden hat.
Die 1957 geborene Beigeladene zu 1) - sie ist Architektin und seit 1995 Mitglied der Bayerischen Architektenversorgung - und die Klägerin schlossen für die Zeit ab dem 1. April 2009 einen Dienstleistungsvertrag, dessen Gegenstand von der Beigeladenen zu 1) zu erbringende Koordinierungs- und Managementleistungen im Zusammenhang mit einem größeren Bauprojekt waren. Der Vertrag sah eine Vergütung von 452,- Euro netto täglich, maximal 9.500,- Euro netto monatlich, jeweils zuzüglich Umsatzsteuer, vor. Auf dieser Grundlage zahlte die Klägerin an die Beigeladene zu 1) Beträge zwischen 6.454,56 Euro (April 2009) und 11.295,48 Euro (Juli 2009).
Am 17. April 2009 beantragten beide Vertragspartner bei der Beklagten die Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status der Beigeladenen zu 1) aufgrund dieser Tätigkeit. Mit Bescheid vom 3. Dezember 2009 stellte die Beklagte fest, dass die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) bei der Klägerin seit dem 1. April 2009 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt werde und seither Versicherungspflicht dem Grunde nach bestehe.
Mit ihrem hiergegen gerichteten Widerspruch, aber auch auf einem von der Beklagten herausgegebenen Formblatt erklärte die Beigeladene zu 1), dass sie dem Beginn der Versicherungspflicht mit Bekanntgabe des Bescheides nicht zustimme. Zugleich reichte sie Unterlagen ein, die ihre Absicherung gegen das finanzielle Risiko von Krankheit und zur Altersvorsorge bestätigen sollten. Während des Widerspruchverfahrens änderte die Beklagte den o.g. Bescheid dahin ab, dass in der von der Beigeladenen zu 1) ausgeübten Beschäftigung bei der Klägerin Versicherungspflicht in allen Zweigen der gesetzlichen Sozialversicherung seit dem 1. April 2009 bestehe (Bescheid vom 31. Mai 2010). Mit Widerspruchsbescheid vom 20. Januar 2011 wies sie den Widerspruch zurück und wies darauf hin, dass die Regelungen zum hinausgeschobenen Beginn der Versicherungspflicht in § 7a SGB IV keine Anwendung fänden, da die Beigeladene zu 1) dem ausdrücklich nicht zugestimmt habe.
Gegen diesen Widerspruchsbescheid erhoben sowohl die Beigeladene zu 1) - vor dem Sozialgericht Frankfurt/Main (Az.: S 25 KR 123/11) - als auch die Klägerin - vor dem Sozialgericht Berlin - Klage. Das Klageverfahren vor dem Sozialgericht Frankfurt/Main, in dem die Klägerin sich auch gegen die Feststellung der Versicherungspflicht aufgrund eines Beschäftigungsverhältnisses wandte, endete spätestens im Juni 2012 durch eine Rücknahme nach § 102 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG). In dem bis dahin ruhenden hiesigen Klageverfahren hat die Klägerin zum einen eine zwischen ihr und der Beigeladenen zu 1) unter dem 30. November 2009 geschlossene Vereinbarung, wonach der o.g. Dienstleistungsvertrag vom 29. April 2009 zum 30. November 2009 einvernehmlich aufgehoben werde, zum anderen mehrere Bescheinigungen der Versicherungskammer Bayern eingereicht. Die Beigeladene zu 1) hat angegeben, mit ihrer Erklärung gegen über der Beklagten vom 17. Dezember 2009 habe sie ausdrücken wollen, dass ihre Versicherungspflicht erst beginnen solle, wenn durch Bescheid feststehe, dass sie Arbeitnehmerin sei.
Mit Urteil vom 8. Mai 2015 stellte das Sozialgericht unter Änderung der o.g. Bescheide der Beklagten antragsgemäß fest, dass die Beigeladene zu 1) in ihrer Tätigkeit bei der Klägerin in der Zeit vom 1. April bis 30. November 2009 aufgrund des hinausgeschobenen Beginns der Versicherun...