Entscheidungsstichwort (Thema)

Eintritt einer Sperrzeit wegen Ablehnung eines Arbeitsangebotes. überzogene Lohnforderung. Tariflohn

 

Orientierungssatz

1. Eine Sperrzeit tritt u. a. dann ein, wenn das Verhalten des Arbeitslosen bei dem Vorstellungsgespräch das Zustandekommen des Arbeitsverhältnisses vereitelt.

2. Eine angebotene Vergütung ist zumutbar, wenn kein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung vorliegt. Nur ein unangemessen niedriger Lohn führt zu einem unzumutbaren Beschäftigungsangebot.

3. Ist das Gehalt bereits im Vermittlungsvorschlag genannt, stellt das massive Einfordern einer tariflichen Entlohnung eine überzogene Lohnforderung dar, wenn die ortsübliche Entlohnung deutlich unter dem Tariflohn liegt.

4. Bei der Härtefallprüfung des § 144 Abs. 3 SGB 3 bleiben außerhalb des Sperrzeittatbestandes liegende Tatsachen unberücksichtigt.

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 29. Juni 2004 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen den Eintritt einer Sperrzeit von zwölf Wochen und in diesem Zusammenhang gegen den Rückforderungsanspruch der Beklagten.

Der 1951 geborene Kläger hat 1971 eine Lehre als Reproduktionsfotograf und 1973 ein Fachschulstudium zum staatlich geprüften Fototechniker abgeschlossen. Von September 1988 bis Januar 1990 nahm er an einer Umschulung zum Kaufmann der Grundstücks- und Wohnungswirtschaft teil. Von Juli 1990 bis März 1996 (nach den Angaben des Klägers) bzw. bis November 1994 (nach den Angaben der Beklagten) arbeitete er als Wohnungseigentumsverwalter bei der D AG (BauGrund). In der Zeit von April 1997 bis April 1998 nahm er an einem Fortbildungslehrgang “EDV-, Finanz- und Rechnungswesen„ mit der Spezialisierung Bilanzbuchhaltung teil. Von Mai 1998 bis Oktober 1999 stand er in einem geförderten Beschäftigungsverhältnis im Bereich der Hausverwaltung bei der Firma G. Im Übrigen bezog der Kläger mit größeren Unterbrechungen seit 1980 Leistungen der Beklagten. In dem hier relevanten Zeitraum erhielt er Arbeitslosenhilfe in Höhe von 32,09 Euro kalendertäglich bzw. 224,63 Euro wöchentlich auf der Grundlage der Verfügung vom 18. März 2002.

Mit Vermittlungsvorschlag vom 1. Oktober 2002 unterbreitete die Beklagte dem Kläger ein Stellenangebot als Kaufmann der Grundstücks- und Wohnungswirtschaft bei der K GmbH & Co Verwaltungs KG. Als Anforderungen für die Tätigkeiten waren genannt: Vorbereitung und Durchführung von Eigentümerversammlungen, Beiratsgespräche, Rechnungsprüfung, kaufmännische Betreuung von Instandhaltungsmaßnahmen mit Berufserfahrung WEG-Verwalter. Als Gehalt war ein monatliches Bruttoarbeitsentgelt in Höhe von 1800,00 € angegeben. Der Vermittlungsvorschlag enthielt auf der Rückseite eine Rechtsfolgenbelehrung. Wenn der Kläger danach ohne wichtigen Grund das Zustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses durch sein Verhalten verhindere, trete eine Sperrzeit (Sperrzeit wegen Arbeitsablehnung) ein, die regelmäßig zwölf Wochen dauere und in Härtefällen auf sechs Wochen begrenzt werde.

Mit Datum vom 11. Oktober 2002 bewarb sich der Kläger schriftlich bei der K GmbH und Co. Verwaltungs KG. In der Bewerbung verwies er u.a. darauf, dass er mehrere Jahre bei der D AG tätig gewesen sei, die sich mit der treuhänderischen Verwaltung von Wohnungseigentum und Städtebau beschäftigt habe und er in diesem Zusammenhang Qualifikationen erworben habe, die für die angebotene Stelle sinnvoll seien. Dem Bewerbungsschreiben beigefügt ist ein Lebenslauf, an dessen Ende der Kläger als “Gehaltswunsch„ aufführt: “Orientierung am Gehaltstarif der Wohnungswirtschaft entsprechend der Tätigkeit und Position„. Auf der Grundlage der schriftlichen Bewerbung erfolgte eine Einladung zum Vorstellungsgespräch am 22. Oktober 2002, bei dem es nicht zu einer Einstellung des Klägers kam. Die K GmbH & Co. Verwaltungs KG teilte der Beklagten mit, dass keine Übereinstimmung beim Lohn/Gehalt erzielt worden sei. Die Forderung des Klägers habe 2800,00 € betragen, das Angebot hingegen 1800,00 €.

Auf Anfrage der Beklagten zu den unterschiedlichen Gehaltsvorstellungen teilte der Kläger unter dem 16. November 2002 schriftlich mit, dass er das Beschäftigungsangebot nicht abgelehnt, sondern ausdrücklich betont habe, dass er “aus formalen und rechtlichen Gründen nicht ablehnen kann und werde, da (ihm) anderenfalls eine Sperrzeit beim Arbeitsamt droh(e)„. Es sei allerdings richtig, dass es bei der Diskussion über die Höhe der Dotierung unterschiedliche Auffassungen gegeben habe. Auf die Frage nach seinem Gehaltswunsch habe er geantwortet, dass er “eine Orientierung am Gehaltstarif der Wohnungswirtschaft bei Anerkennung von zehn Berufsjahren für angebracht halte„. Diesen Wunsch habe er auch in der schriftlichen Bewerbung geäußert. Angeboten worden sei ihm nur ein Bruttogehalt von 1800,00 €, dies entspreche einem Nettogehalt, welches nur geringfügi...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge