Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Kostenübernahme eines Blinden Barcode-Lesegeräts mit Sprachausgabe
Orientierungssatz
Ein Blinden Barcode-Lesegerät mit Sprachausgabe gehört zu den Hilfsmitteln iS von § 33 Abs 1 SGB 5 und ist von den Krankenkassen zu übernehmen. Leistungen nach dem Landespflegegeldgesetz Berlin (§ 3 Abs 3) oder nach § 72 Abs 1 S 1 SGB 12 sind demgegenüber nachrangig.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt auch die außergerichtlichen Kosten der Klägerin im Berufungsverfahren.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Im Streit steht die Versorgung der Klägerin mit einem “Einkaufs-Fuchs„ der S GmbH (Hilfsmittelverzeichnis Nr. 07.99.03.0001).
Die 1959 geborene Klägerin ist bei der Beklagten gesetzlich versichert. Sie leidet an Erblindung durch Lebersche Optikus Atrophie mit Restsehfähigkeit von 2 % links und rechts.
Sie ist mit dem noch vorhandenen Restsehvermögen (Hell/Dunkelwahrnehmung, grobe Kontrastwahrnehmung) weder in der Lage, zu lesen, noch Gegenstände anhand ihrer optisch wahrnehmbaren Beschaffenheit zu identifizieren.
Unter Einreichung einer ärztlichen “Verordnung von vergrößerten Sehhilfen„ ihrer Augenärztin Dipl. med. S beantragte der Hersteller für die Klägerin die Gewährung eines Einkaufs-Fuchses bestehend aus einem ergonomischen omnidirektionalen Strichcode-Handscanner, einem Sprachausgabegerät, einer austauschbaren Speicherkarte mit aktuellem Datenbestand sowie einem hochwertigen Akku. Der Kostenvoranschlag belief sich auf 3094,00 Euro. Mit dem Einkaufs-Fuchs können die Strichcodes, die sich auf den meisten der im Handel befindlichen Produkten finden, erfasst und dem Benutzer durch Vorlesen der wichtigsten Produktinformationen verfügbar gemacht werden. Das System erkennt derzeit rund 900.000 verschiedene Waren. Über das eingebaute Mikrophon lassen sich auch neue Daten selbst eingeben. So können auch Lebensmittelvorräte oder andere Gebrauchsgegenstände am Arbeitsplatz wie zu Hause (Aktenordner, CDs oder ähnliches) mit selbstklebenden Strichcode-Etiketten versehen werden.
Mit Schreiben vom 20. Juni 2007 mahnte die Klägerin eine Entscheidung an. Die Untätigkeit verursache ihr bei der Gestaltung ihres Alltagslebens erhebliche Probleme.
Mit Bescheid vom 28. Juni 2007 lehnte die Beklagte daraufhin den Antrag ab. Die Aufnahme eines Hilfsmittels in das Hilfsmittelverzeichnis führe nicht automatisch zu einer Leistungsverpflichtung. Die Kosten für Hilfsmittel dürften nur dann übernommen werden, wenn diese den speziellen Bedürfnissen bzw. der Befriedigung der Grundbedürfnisse des täglichen Lebens kranker oder behinderter Menschen dienten. Das Bundessozialgericht (BSG) habe in mehren Urteilen entschieden, dass das Erreichen von Einkaufsmöglichkeiten zu dem Grundbedürfnis Mobilität zu rechnen sei. Hier gehe es jedoch nicht um die Tätigkeit des Einkaufes selbst.
Die Klägerin erhob hiergegen Widerspruch (Schreiben vom 16. Juli 2007, eingegangen 25. Juli 2007). Der Einkaufs-Fuchs ermögliche ihr ähnlich wie bei Gehörlosen das Hörgerät, sich ihre Umwelt in einem besseren Maße zu erschließen. Es helfe ihr, ein sicheres und selbstbestimmteres Leben als Blinde zu führen. Es diene auch der Abwehr von Gefahren im Haushalt, so durch Verwechslungen bei Medikamenten und Haushaltschemikalien.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 20. November 2007 zurück. Zur Begründung führte sie zusätzlich aus, Aufwendungen für hauswirtschaftliche Hilfen, worunter auch das Einkaufen falle, seien durch die pauschalen und nicht zweckgebunden Zahlungen des Blindengeldes nach den Landesblindengeldgesetzen bzw. der Blindenhilfe nach § 72 Sozialgesetzbuch 12. Buch (SGB XII) abgegolten. Die Klägerin sei mit einem Vorlesegerät mit Braillezeile ausgestattet, welches ihr eine Erschließung eines gewissen körperlichen Freiraumes ermögliche. Die Ausstattung mit dem Einkaufs-Fuchs gehe über den Basisausgleich hinaus und falle nicht in den Leistungsbereich der gesetzlichen Krankenversicherung.
Hiergegen richtet sich die Klage vom 13. November 2007 vor dem Sozialgericht Berlin (SG). Zur Begründung hat die Klägerin ausgeführt, der Einkaufs-Fuchs sei in seiner Funktion als Hilfsmittel für Blinde einem Farberkennungsgerät vergleichbar, welches das BSG im Urteil vom 17. Januar 1997 (3 RK 38/94) als ein im Einzelfall medizinisch notwendiges und wirtschaftliches Hilfsmittel anerkannt habe. Auch bei dieser Hilfe stehe nicht das Erkennen der Farben als solches im Vordergrund, sondern die Möglichkeit für Blinde, mit ihm Gegenstände im Haushalt und anderswo unterscheiden und identifizieren zu können, die sich anhand der zu ertastenden Form oder Oberfläche nicht unterscheiden ließen. Beim Einkaufs-Fuchs erfolge diese Unterscheidung anhand des aufgedruckten Strichcodes. So könnten z. B. sich gleich anfühlende Hygieneartikel oder Konservendosen zweifelsfrei identifiziert werden. Auf diese Weise sei nicht nur der Artikel als solches e...