Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. Zuschuss zu den Beiträgen einer private Kranken- und Pflegeversicherung. Anspruch auf Übernahme der vollen Beiträge. Befreiung von der Versicherungspflicht
Orientierungssatz
1. Das Urteil des BSG vom 18. Januar 2011 - B 4 AS 108/10 R zur Höhe des Zuschusses zum Versicherungsbeitrag zur privaten Krankenversicherung für Bezieher von Arbeitslosengeld II betrifft die seit dem 01.01.2009 geänderte Rechtslage. Die vom BSG in dieser Entscheidung angenommene gesetzliche Regelungslücke bestand nicht für die bis zum 31.12.2008 geltende Rechtslage, denn damals bestand Versicherungspflicht nach § 5 Abs 1 Nr 2a SGB 5 mit Beginn des Bezuges von Arbeitslosengeld II.
2. Den (ausnahmsweise) möglichen Verbleib in der privaten Kranken- und Pflegeversicherung konnte der Hilfebedürftigen selbst beeinflussen: Er hatte diesbezüglich die Entscheidungsmöglichkeit, ob er einen Antrag auf Befreiung nach § 8 Abs 1 Nr 1a SGB 5 mit den dann ihn treffenden Kostenfolgen stellen wollte.
Tenor
Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 3. März 2010 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Kläger begehren höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - SGB II - unter Berücksichtigung der tatsächlichen Beiträge für ihre private Kranken- und Pflegeversicherung im Zeitraum vom 1. Juli 2007 bis zum 30. September 2007.
Der 1943 geborene Kläger, ein Diplomkaufmann, und seine 1946 geborene Ehefrau waren seit 1970 angesichts des über der Beitragsbemessungsgrenze liegenden Einkommens des Klägers privat kranken- bzw. später auch pflegeversichert. Die Eheleute bezogen für die letzten Monate des Jahres 2004 Sozialhilfe nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG) unter Berücksichtigung der (tatsächlichen) Beiträge für ihre private Kranken- und Pflegeversicherung, die C Krankenversicherung a. G. (nachfolgend C-KV/PV). Seit März 2008 erhalten die Kläger Rentenleistungen, aufgrund derer ihre Hilfebedürftigkeit nach dem SGB II entfiel.
Am 3. Dezember 2004 beantragten sie beim Beklagten Arbeitslosengeld II für die Zeit ab dem 1. Januar 2005. Der Sozialhilfeträger teilte ihnen mit Schreiben vom 13. Dezember 2004 unter Beifügung eines Merkblattes zur Gesetzesänderung und in Bezug auf ihren Antrag auf Gewährung von Arbeitslosengeld II mit, ab dem 1. Januar 2005 sei die Krankenversicherung neu zu klären. Wenn, wie von den Klägern bisher angedacht, weiterhin von diesen beabsichtigt sei, privat versichert zu bleiben, sei eine Befreiung von der gesetzlichen Krankenversicherungspflicht von einer gesetzlichen Krankenkasse erforderlich. Zudem würden die Beiträge für die private Versicherung nur noch durch einen Zuschuss in Höhe der gesetzlichen Krankenversicherungsbeiträge vom SGB II-Träger übernommen werden.
Mit Schreiben vom 22. Dezember 2004 teilte die Klägerin für sich und ihren Ehemann unter Bezugnahme auf das Schreiben vom 13. Dezember 2004 mit, mittlerweile sei die Rückstufung auf den Standard-Tarif bei der C-KV/PV bestätigt worden. Sie fügte dem Schreiben eine Kopie des Versicherungsscheins für sich und ihren Ehemann bei und bat zugleich darum, den ab Januar 2005 fälligen Monatsbeitrag für die Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 479,82 EUR insgesamt zu übernehmen.
Unter Bezugnahme auf eine telefonische Beratung übersandte die Klägerin dem Beklagten mit Schreiben vom 18. Januar 2005 die mit Bescheiden der AOK vom 17. Januar 2005 erteilten, sie und ihren Ehemann betreffenden Befreiungen von der Kranken- und Pflegeversicherungspflicht, die den Hinweis enthielten, dass die Befreiungen für die gesamte Dauer des Leistungsbezugs gälten und unwiderruflich wären.
Der Beklagte leistete den Klägern - teilweise vorschussweise - seit dem 1. Januar 2005 Grundsicherung nach dem SGB II und gewährte ihnen monatlich einen Zuschuss zu den Beiträgen, die von ihnen für die Dauer ihres Leistungsbezuges für eine Versicherung gegen Krankheit oder Pflegebedürftigkeit an ein privates Krankenversicherungsunternehmen gezahlt würden.
Seit dem 1. März 2007 entrichteten die Kläger für ihre private Kranken- und Pflegeversicherung bei der C-KV/PV insgesamt 483,12 EUR im Monat; davon entfielen auf den Kläger 153,66 EUR für die Kranken- und 55,62 EUR für die Pflegeversicherung und auf die Klägerin 238,35 EUR für die Kranken- und 35,49 EUR für die Pflegeversicherung.
Auf ihren Fortzahlungsantrag vom 27. April 2007 bewilligte ihnen der Beklagte mit Bescheid vom 21. März 2007 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für den Zeitraum vom 1. April 2007 bis zum 30. September 2007 einschließlich des Zuschusses zu den Versicherungsbeiträgen für die C-KV/PV.
Mit Änderungsbescheid vom 2. Juni 2007 gewährte der Beklagte den Klägern für den Zeitraum vom 1. Juli 2007 bis zum 30. Juni 2007 Grundsicherungsleistungen in Höhe von insgesamt nunmehr 1.592...