Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Hilfsmittel ≪hier salzwasserfeste Badeprothese≫. Behinderungsausgleich. Grundbedürfnis des täglichen Lebens. keine Kostenübernahme für Aktivitäten im Freizeitbereich
Orientierungssatz
1. Ein Hilfsmittel (hier: salzwasserfeste Badeprothese) ist von der gesetzlichen Krankenversicherung nur dann zu gewähren, wenn es die Auswirkungen der Behinderung im gesamten täglichen Leben beseitigt oder mildert und damit ein Grundbedürfnis des täglichen Lebens betrifft (vgl BSG vom 26.2.1991 - 8 RKn 13/90 = SozR 4-2500 § 33 Nr 3). Nach der ständigen Rechtsprechung (vgl ua BSG vom 16.9.1999 - B 3 KR 8/98 R = SozR 3-2500 § 33 Nr 31) gehören zu den Grundbedürfnissen des täglichen Lebens das Gehen, Stehen, Greifen, Sehen, Hören, Nahrungaufnehmen, Ausscheiden, (elementare) Körperpflegen, selbstständige Wohnen sowie Erschließen eines gewissen körperlichen und geistigen Freiraums.
2. Nicht zu den Grundbedürfnissen des täglichen Lebens zählt der Freizeitbereich (vgl vom 8.11.2006 - B 3 KR 17/06 B), wozu ein Familienurlaub an der See als auch der Besuch eines Salzwasserthermalbads - sei es mit oder ohne Familie - zählt.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 26. Juli 2007 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Im Streit zwischen den Beteiligten ist, ob die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger mit einer salzwasserfesten Badeprothese auszustatten.
Der ...1972 geborene Kläger ist mit einer Oberschenkelprothese versorgt. Aufgrund einer Verordnung des Allgemeinmediziners J vom 01. November 2004 und einem Kostenvoranschlag sollte er mit einer Badeprothese versorgt werden (Kosten: 5065,86 €). Der Medizinische Dienst der Krankenkassen Sachsen-Anhalt e. V. - MDK - regte die Versorgung mit einer Badeprothese an, der Kläger teilte fernmündlich mit, er begehre eine salzwasserfeste Ausführung und nicht lediglich eine einfache Badeprothese, da er mit seinen Kindern in einem Salzwasserthermalbad zu baden pflege.
Mit Bescheid vom 30. März 2005 bewilligte die Beklagte dem Kläger die Kostenübernahme einer Badeprothese, nicht jedoch die Mehrkosten für eine salzwasserfeste Ausführung.
Den Widerspruch des Klägers hiergegen wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 20. Februar 2006 zurück.
Hiergegen hat sich die am 24. Februar 2006 beim Sozialgericht Potsdam erhobene Klage gerichtet, die der Kläger damit begründet, er verbringe seit einigen Jahren mit seiner Familie den Urlaub an der Ostsee und besuche dort regelmäßig mit seinen Kindern eine Salzwassertherme, so dass er auf eine salzwasserfeste Badeprothese angewiesen sei.
Die Beklagte ist dem entgegengetreten, sie hat ihre angegriffenen Bescheide für rechtmäßig gehalten.
Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 26. Juli 2007 die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt:
Die zulässige Klage ist nicht begründet. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, den Kläger mit einer salzwasserfesten Badeprothese zu versorgen.
Gemäß § 33 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch V (SGB V) in der seit dem 01. April 2007 geltenden Fassung haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs. 4 SGB V ausgeschlossen sind.
Diese Voraussetzungen liegen im Falle des Klägers nicht vor.
Zwar ist eine salzwasserfeste Badeprothese kein allgemeiner Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens, sondern ein speziell für Behinderte entwickeltes Hilfsmittel. Sie ist auch nicht durch Rechtsverordnung nach § 34 Abs. 4 SGB V ausgeschlossen. Sollte sie im Hilfsmittelverzeichnis nach § 128 SGB V nicht erwähnt sein, würde dies einer Gewährung ebenfalls nicht entgegenstehen (ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts - BSG - SozR 4-2500 § 33 Nr. 3).
Eines salzwasserfeste Badeprothese ist für den Kläger zunächst nicht erforderlich, um den Erfolg einer Krankenbehandlung zu sichern (§ 33 Abs. 1 Satz 1 1. Alternative) - dies behauptet nicht einmal die Klägerseite - oder einer drohenden Behinderung vorzubeugen (2. Alternative) - auch hierfür ist nichts ersichtlich oder vorgetragen -.
Der in § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V genannte Zweck des Behinderungsausgleichs eines von der gesetzlichen Krankenkasse zu leistenden Hilfsmittels bedeutet auch nach In-Kraft-Treten des SGB IX (vgl. hier § 31 Abs. 1 Nr. 3 SGB IX) nicht, dass nicht nur die Behinderung als solche, sondern auch sämtliche direkten und indirekten Folgen der Behinderung auszugleichen wären. Aufgabe der gesetzlichen Krankenversicherung ist nach wie vor allein die medizinische Rehabilitation, also die möglichst weitgehende Wiederherstellung der Ges...