Entscheidungsstichwort (Thema)
Bewilligung von Entschädigungsrente nach dem EntschRG
Orientierungssatz
1. § 3 des Entschädigungsrentengesetzes bezweckt nicht die nachträgliche Erfassung und Entschädigung von in der DDR anzuerkennenden Verfolgten des Naziregimes. Nur für die Personen soll Entschädigungsrente gewährt werden, denen in der DDR eine Ehrenpension in rechtsstaatswidriger Weise versagt oder eine bereits zuerkannte Entschädigungsleistung rechtsstaatswidrig entzogen worden ist.
2. Es kommt nicht darauf an, ob aus heutiger Sicht eine Anerkennung als Verfolgter des Naziregimes in der ehemaligen DDR zu erfolgen hatte oder möglich war.
3. Nur dann, wenn die Gründe für die Ablehnung der Anerkennung des Status als Verfolgter des Naziregimes in der ehemaligen DDR mit rechtsstaatlichen Grundsätzen oder mit Regelungen des Einigungsvertrages nicht vereinbar gewesen sind, kommt die Bewilligung von Entschädigungsrente in Betracht.
Tenor
Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt von der Beklagten die Zuerkennung eines gegen die Beigeladene zu 2) gerichteten Rechts auf Bewilligung einer Entschädigungsrente.
Nach seinen eigenen Angaben und den in den Verwaltungsvorgängen der Beklagten vorliegenden Beschreibungen anderer Personen wurde der 1940 geborene Kläger im Frühjahr 1942 seiner polnischen Mutter zwangsweise entzogen, nachdem sich diese geweigert hatte, die so genannte Volksliste in Polen zu unterzeichnen. Der leibliche Vater des Klägers war 1941 aus der Deutschen Wehrmacht desertiert und ist seitdem verschollen. Der Kläger wurde zunächst in einem Kinderheim untergebracht und kam 1942 zu deutschen Pflegeeltern. Die leibliche Mutter war bis zum Ende des Krieges in einem Konzentrationslager inhaftiert; sie verstarb im Jahr 1971, ohne dass der Kläger - trotz Suchhilfen durch das Rote Kreuz - wieder Kontakt zu ihr finden konnte.
Der Kläger bezieht seit Oktober 1996 von der Beigeladenen zu 2) eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit und seit November 2005 eine Regelaltersrente.
Am 04. Januar 1976 hatte der Kläger sich an den Rat des Kreises Potsdam der ehemaligen DDR gewandt und die Feststellung der Anerkennung als Verfolgter des Naziregimes - VdN - begehrt. In einer mündlichen Verhandlung vom 05. Februar 1976 wurde ihm nach eigener Schilderung nach geheimer Beratung der Kommission mitgeteilt, eine Anerkennung als VdN könne nicht erfolgen, weil die vorgelegten Unterlagen nicht ausreichten.
Der Kläger wandte sich 1992 an die Beklagte und begehrte eine Entschädigung nach dem Entschädigungsrentengesetz - EntschRG -. Nachdem die Beklagte dem Kläger mitgeteilt hatte, dass ein Anspruch nach dem EntschRG nicht bestünde und angeboten hatte, den Antrag zur Prüfung weiterer Entschädigungsleistungen an das zuständige Bundesfinanzministerium abzugeben, leitete die Beklagte die Unterlagen an die Oberfinanzdirektion Köln weiter. Am 05. Mai 1997 wandte der Kläger sich erneut an die Beklagte mit der Bitte um erneute Prüfung seiner Ansprüche nach dem EntschRG. Er trug vor, dass sein Antrag damals im Beitrittsgebiet nicht nach den anzuwendenden Richtlinien bearbeitet worden sei. So sei kein schriftlicher Verwaltungsakt erteilt und nicht auf ein Beschwerderecht hingewiesen worden. Vom Deutschen Roten Kreuz der DDR sei ein Suchauftrag bewusst oder unbewusst nicht korrekt bearbeitet worden. Ihm sei damit die Chance genommen worden, damals eine besser fundierte Antragstellung vorzubereiten. Er reichte u. a. ein Gutachten des Hochschuldozenten Dr. phil. et. med. habil. G L vom 29. März 1995, ein Gutachten des Prof. Dr. med. W G vom 23. August 1996 sowie Ablichtungen von Publikationen zur Gerichtsakte.
Nachdem die Beigeladene zu 1) mit Beschluss vom 15. Dezember 2000 der Beklagten vorgeschlagen hatte, den Antrag des Klägers auf Bewilligung eines Rechts auf den Bezug einer Entschädigungsrente abzulehnen, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 20. Februar 2001 den Antrag des Klägers ab und folgte dem Vorschlag der Beigeladenen zu 1). Der Kläger gehöre nicht zu dem Personenkreis, bei dem am 30. April 1992 nur deshalb nicht die Voraussetzungen für den Bezug einer Entschädigungsrente erfüllt gewesen seien, weil ihm die Anerkennung der Eigenschaft als VdN in der DDR in mit rechtsstaatlichen Grundsätzen oder den Regelungen des Einigungsvertrages unvereinbarer Weise vorenthalten worden sei. Der Kläger sei aus Sicht der DDR-Organe nicht als objektiv Verfolgter anzuerkennen gewesen. Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger nach der Verwaltungspraxis der DDR aus Sicht der DDR-Organe objektiv Verfolgter gewesen sei, seien nicht gegeben. Mangels solcher Anhaltspunkte habe auch kein Erfordernis bestanden, den Kläger bei der Beschaffung von Dokumenten aus der NS-Zeit zu unterstützen. Verfahrensverstöße, wie etwa die Nichtweiterleitung eines Antrages und die unterlassenen Informationen über das Beschwerderecht, führten nic...