Entscheidungsstichwort (Thema)
Herbeiführen der Hilfebedürftigkeit. Ersatzanspruch bei sozialwidrigem Verhalten. Erstattungsumfang. Kausalität
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 1. Juli 2016 aufgehoben und die Klage vollumfänglich abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob der Beklagte gegen den Kläger einen Anspruch auf Ersatz erbrachter Leistungen in Höhe von - noch - 3.719,56 Euro nach Maßgabe des § 34 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) hat.
Der 1964 geborene Kläger, dem für den Zeitraum vom 1. August bis zum 31. Dezember 2013 Leistungen nach dem SGB II zuerkannt waren, schloss mit der B B mbH (BPG) am 28. Juni 2013 einen Arbeitsvertrag als Malerhelfer zum Außenanstrich mit Beginn ab dem 1. Juli 2013 auf unbestimmte Zeit ab. Im Arbeitsvertrag ist als Einsatzbereich vereinbart: “Gesamtes Gebiet der Bundesrepublik Deutschland„ (Nr. 1 e des Vertrages). Vereinbart war außerdem, dass die ersten sechs Monate des Beschäftigungsverhältnisses als Probezeit gelten sollten (Nr. 4 Buchstabe b des Vertrages); außerdem war auch ein Anspruch des Klägers auf Wegezeitvergütung und Übernahme von Übernachtungskosten durch den Arbeitgeber sowie der Ersatz erstattungsfähiger Aufwendungen nach § 670 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) geregelt (Nr. 6 h des Vertrages).
Mit Bescheid vom 22. November 2013 hob der Beklagte die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts mit Wirkung vom 1. August 2013 auf wegen des Wegfalls der Hilfebedürftigkeit nach Arbeitsaufnahme.
Am 1. November 2013 stellte der Kläger erneut einen Antrag auf Leistungen nach dem SGB II und gab unter Beifügung des Kündigungsschreibens der B vom 28. Oktober 2013 an, vom 1. Juli bis 13. September 2013 sozialversicherungspflichtig beschäftigt gewesen zu sein. In dem beigefügten Kündigungsschreiben der B heißt es:
“Hiermit kündigen wir den mit Ihnen am 28. Juni 2013 geschlossenen Arbeitsvertrag innerhalb der Probezeit fristlos am 28. Oktober 2013 zum 29. Oktober 2013 wegen unentschuldigten Fehlens seit dem 13. September 2013. Ersatzweise wird das Arbeitsverhältnis fristgerecht zum nächstmöglichen Termin gekündigt...„
Vom 11. bis 22. November 2013 nahm der Kläger an einer vom Beklagten finanzierten Maßnahme teil.
Mit Bescheid vom 27. November 2013 gewährte der Beklagte vorläufig Leistungen für die Zeit vom 1. November bis 31. Dezember 2013 in Höhe von 758,23 Euro monatlich, wobei 158,54 Euro monatlich für die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung hinzukamen; für die Zeit vom 1. Januar bis zum 30. April 2014 setzte die Beklagte die Leistungen für den Kläger in Höhe von 767,23 Euro fest, wobei an Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung noch 162,66 Euro monatlich hinzukamen.
Nach Anhörung stellte die Beklagte mit Bescheid vom 2. April 2014 fest, dass der Kläger zum Ersatz der ihm für die Zeit vom 1. November 2013 bis 30. April 2014 gezahlten Leistungen nach dem SGB II in Höhe von 5.593,14 Euro verpflichtet sei. Der Ersatzanspruch werde in voller Höhe geltend gemacht. Nach den vorliegenden Unterlagen habe der Kläger seine Hilfsbedürftigkeit herbeigeführt, in dem er durch besonders schwere Verletzungen der im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit obliegenden Sorgfaltspflichten seinen Arbeitsplatz und damit das existenzsichernde Einkommen verloren habe, wobei er zumindest grob fahrlässig gehandelt habe, weil er seit dem 13. September 2013 unentschuldigt gefehlt habe, ohne dass ein wichtiger Grund hierfür vorgelegen habe.
Mit Änderungsbescheid vom 3. April 2014 gewährte die Beklagte dem Kläger für den Monat April 2014 eine um 7 Euro höhere Leistung (774,23 Euro).
Den Widerspruch des Klägers, mit dem dieser sich gegen die Geltendmachung des Ersatzanspruchs mit der Begründung wehrte, er sei zu keinem Zeitpunkt über die Möglichkeit der Geltendmachung eines solchen Anspruchs aufgeklärt worden und könne den Rückzahlungsbetrag auch nicht begleichen, wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 8. Juli 2014 zurück.
Am 17./18. Juli 2014 hat er beim Sozialgericht Berlin (SG) Klage erhoben.
Nachdem er zunächst vorgetragen hatte, dass das Beschäftigungsverhältnis mit der B nur deshalb gekündigt worden sei, weil keine Aufträge in B vorhanden gewesen seien, wobei vereinbart gewesen sei, dass er nur in B habe arbeiten sollen, hat er später vorgebracht, dass er sich den Arbeitsvertrag von Juni 2013 gar nicht mehr durchgelesen habe, bevor er ihn unterschrieben habe. Er sei davon ausgegangen, dass er nur in B zum Arbeitseinsatz kommen sollte. In der mündlichen Verhandlung des SG vom 1. Juli 2016 hat der Kläger schlussendlich erklärt, dass er vom Arbeitgeber in P und Umgebung eingesetzt worden sei, obwohl ihm sowohl das Jobcenter als auch der Arbeitgeber vorher gesagt hätten, dass die Stelle in B sei. Ihm sei auch vorgeworfen worden, dass er nicht gut gearbeitet habe, woraufhin er geäußert habe, dass er sich nicht den Mund verbieten lasse; er sei d...