Entscheidungsstichwort (Thema)

Berücksichtigung von Zeiten einer Strafhaft als rentenrechtliche Zeit

 

Orientierungssatz

1. Eine im geschlossenen Strafvollzug geleistete Arbeit löst Versicherungspflicht in der Rentenversicherung nicht aus. Erhält der Strafgefangene Arbeitsentgelt, so wird er hierdurch lediglich beitragspflichtig zur Bundesagentur für Arbeit und wird von der Unfallversicherung erfasst. Mangels eines freiwilligen Beschäftigungsverhältnisses entsteht keine Versicherungspflicht in der Rentenversicherung.

2. Der Einbezug des Strafvollzugs in die gesetzliche Rentenversicherung ist weder vom verfassungsrechtlichen Resozialisierungsgebot, noch vom Gleichheitssatz gefordert.

 

Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen und die Klage abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Verfahren vor dem Landessozialgericht nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt noch von der Beklagten den Wert seiner Altersrente unter Berücksichtigung des Zeitraums vom 01. September 1979 bis 15. September 1983 als Beitragszeit, hilfsweise als Ersatzzeit neu festzustellen und ihm ab 01. Januar 2003 eine höhere Rente zu zahlen.

Der 1939 geborene Kläger war nach eigenen Angaben bis 31. Oktober 1971 als Stadtinspektor bei der Stadtverwaltung S (Polizeipräsidium, Steueramt, Sozialamt), anschließend bis 31. Mai 1974 als Sekretär des Fremdenverkehrsverbandes AG W UH/N tätig. Vom 01. Juni 1974 an war der Kläger als Geschäftsführer eines L in M beschäftigt. Ab Sommersemester 1976 studierte der Kläger Rechtswissenschaften an der Universität H. In der Zeit vom 11. September 1979 bis 14. Oktober 1983 befand sich der Kläger in Strafhaft im geschlossenen Vollzug, zunächst in der Vollzugsanstalt S später in der Vollzugsanstalt F. Während der Haft arbeitete der Kläger im Materiallagerbetrieb und erzielte in dieser Zeit Entgelt. Nach Mitteilung der Justizvollzugsanstalt F wurde mit dem Kläger kein Arbeitsvertrag geschlossen und nur Beiträge zur Arbeitslosenversicherung entrichtet.

Mit Bescheid vom 29. April 1996 lehnte die Beklagte die Anerkennung einer Zeit vom 01. Januar bis 31. Dezember 1991 als rentenrechtliche Zeit ab. Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein.

Mit Bescheid vom 10. Dezember 1998 stellte die Beklagte nach § 149 Abs. 5 SGB VI die Zeiten, die länger als sechs Kalenderjahre zurücklagen, als rentenrechtliche Zeiten bis zum 31. Dezember 1992 verbindlich fest, soweit sie nicht bereits früher festgestellt worden waren. Ausgeführt wurde u. a., dass die Zeit vom 18. Juli 1974 bis 03. November 1974 sowie die Zeit vom 16. Mai 1975 bis 01. November 1975 nicht als Anrechnungszeit anerkannt werde, weil eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit nicht unterbrochen worden sei. Mit Widerspruch vom 18. Dezember 1998 machte der Kläger die bisher abgelehnten Zeiten vom 18. Juli 1974 bis 03. November 1974 sowie vom 16. Mai 1975 bis 01. November 1975 sowie die Anerkennung der Ausbildungszeit inklusive Hochschulausbildung ab dem 16. Lebensjahr geltend.

Die Beklagte wies mit Bescheid vom 28. September 1999 den Widerspruch mit der Begründung zurück, die Berücksichtigung von Schul-, Fachschul- und Hochschulausbildung sowie der Teilnahme an einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme zwischen dem 16. und 17. Lebensjahr sehe der Gesetzgeber nicht vor. Die Zeit vom 18. Juli 1974 bis 03. November 1974 sowie vom 16. Mai 1975 bis 01. November 1975 sei keine Anrechnungszeit. In der Zeit vom 17. Mai 1974 bis 17. Juli 1974 sowie vom 27. April 1975 bis 15. Mai 1975 hätten jedoch keine rentenrechtlichen Zeiten vorgelegen, so dass der Anschluss hieran durch die begehrten Zeiten nicht gewahrt sei.

Mit seiner am 14. Oktober 1999 vor dem Sozialgericht Cottbus erhobenen Klage hat der Kläger zunächst die Berücksichtigung der Zeit vom 18. Juli 1974 bis 03. November 1974 und vom 16. Mai 1975 bis 01. November 1975 begehrt. Darüber hinaus hat er geltend gemacht, im Zeitraum vom 01. September 1979 bis 15. September 1983 im geschlossenen Vollzug der Justizvollzugsanstalt S bzw. F tätig gewesen zu sein. Er habe je 0,95 DM/Std. für acht Stunden Arbeit erhalten. Er beantrage, diese Zeiten rentenrechtlich anzuerkennen mit einem hochgerechneten Stundenlohn einer Raumpflegerin. Mit der Arbeitsverwaltung der JVA F habe er einen mündlichen Arbeitsvertrag abgeschlossen, nach dem er täglich acht Stunden im Materiallagerbetrieb zu arbeiten gehabt und hierfür Lohn der Vergütungsgruppe IV erhalten habe. Er sei daher pflichtversicherter Arbeitnehmer gewesen. Weiter hat er die Berücksichtigung von Zeiten des Bezuges von Leistungen der Bundesanstalt für Arbeit für andere Zeiträume geltend gemacht.

Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,

die Beklagte unter Änderung des Bescheides vom 10. Dezember 1998 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. September 1999 zu verurteilen, den Zeitraum vom 17. März 1974 bis 03. November 1974 und vom 27. April 1975 bis 01. November 1975 als Anrechnungszeiten festzustellen sowie d...

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