Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialhilfe. Hilfe in anderen Lebenslagen. Übernahme von Bestattungskosten. Geltendmachung durch einen Nachlasspfleger für einen unbekannten Erben. Aktivlegitimation. Kostentragungspflicht. Bestattungspflicht des Erben nach § 1968 BGB. Ausweichmöglichkeit durch Ausschlagung der Erbschaft. Unmöglichkeit von Feststellungen zur Zumutbarkeit der Kostentragung
Orientierungssatz
1. Die Aktivlegitimation für eine Klage auf Übernahme von Bestattungskosten durch den Sozialhilfeträger liegt im Falle unbekannter Erben bei diesen, gesetzlich vertreten durch den Nachlasspfleger (§ 1960 Abs 2 BGB), und nicht etwa beim Nachlasspfleger kraft eigenen Rechts.
2. § 74 SGB 12 stellt darauf ab, wer letztlich ausgehend von der Pflicht zur Bestattung verpflichtet ist, die Kosten zu tragen, und damit darauf, wer aufgrund öffentlich-rechtlicher Bestattungspflichten oder anderer gesetzlicher Bestimmungen zur Bestattung verpflichtet ist, eine Verpflichtung aus einem Werkvertrag mit einem Bestattungsunternehmer eingegangen ist und den Kosten nicht ausweichen kann.
3. Eine Verpflichtung der unbekannten Erben kommt nur aus erbrechtlichen Vorschriften (hier: § 1968 BGB) in Betracht. Der Erbe kann jedoch seiner Verpflichtung nach § 1968 BGB dadurch entgehen, dass er die Erbschaft ausschlägt.
4. Bei unbekannten Erben ist die positive Feststellung nicht möglich, dass ihnen die Tragung der Kosten nicht zumutbar iS des § 74 SGB 12 ist, da ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse nicht bekannt sind.
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Kläger begehren die Übernahme von Bestattungskosten aus Sozialhilfemitteln.
Kläger sind die durch den Nachlasspfleger gesetzlich vertreten unbekannten Erben der am 1915 geborenen und 2005 verstorbenen Frau K Sch (im Folgenden die Verstorbene).
Am 17. März 2005 bestellte das Amtsgericht Schöneberg Rechtsanwalt M M zum Nachlasspfleger für die unbekannten Erben der Verstorbenen.
Der Nachlasspfleger beauftragte ein Bestattungsunternehmen mit der Bestattung der Verstorbenen, für die Kosten in Höhe von 2.610,89 Euro entstanden sind.
Nach einer Anzeige der Landesbank Berlin vom 24. März 2005 über die Verwahrung oder Verwaltung fremden Vermögens an die Erbschaftssteuerstelle des Finanzamts Schöneberg nach § 33 Absatz 1 des Erbschaftssteuergesetzes, war die Verstorbene Inhaberin zweier Konten bei der Landesbank Berlin über einen Gesamtwert in Höhe von 33.335,00 Euro. Eines dieser Konten mit einem Wert von 30.930,30 Euro stand allerdings aufgrund eines Vertrages zugunsten Dritter von Todes wegen der früheren gesetzlichen Betreuerin der Verstorbenen zu. Die Betreuerin informierte den Nachlasspfleger am 24. März 2005 von der Verfügung der Verstorbenen zu ihren Gunsten. Nach Abzug des verschenkten Vermögens standen dem tatsächlichen Nachlass der Verstorbenen in Höhe von 2.731,17 Euro nach dem vorläufigen Vermögensverzeichnis des Nachlasspflegers zum Todestag Forderungen in Höhe von 4.427,32 Euro gegenüber.
Versuche des Nachlasspflegers, vor den Zivilgerichten die Bestattungskosten von der ehemaligen Betreuerin erstattet zu bekommen, scheiterten in den Jahren 2005 und 2006/2207 im Rahmen zweier Prozesskostenhilfeverfahren (Landgericht Berlin/Kammergericht - 8 O 270/05 / 16 W 22/05 - und Amtsgericht Tiergarten/Landgericht Berlin - 7C 223/06 / 51 T 6/07 -).
Am 2. März 2007 beantragte der Nachlasspfleger beim Beklagten die Übernahme der Bestattungskosten für die Verstorbene nach § 74 SGB XII. Der Beklagte lehnte dies mit Bescheid vom 9. August 2007 mit der Begründung ab, der Kläger zähle als Nachlasspfleger nicht zu den bestattungspflichtigen Personen und habe daher keine Anspruchsberechtigung nach § 74 SGB XII.
Hiergegen legte der Nachlasspfleger am 17. August 2007 Widerspruch ein, mit dem er geltend machte, die von ihm vertretenen unbekannten Erben seien bestattungspflichtig. Aufgrund einer Abfrage bei der kontoführenden Bank der Verstorbenen habe er davon ausgehen können, dass der Nachlass über ausreichende Mittel verfügt habe. Erst später habe sich herausgestellt, dass die Erblasserin zu ihrem Sparkonto einen Vertrag zu Gunsten Dritter auf den Todesfall abgeschlossen gehabt habe. Im Übrigen wären auch ohne den von ihm erteilten Bestattungsauftrag die für die Beisetzung der Erblasserin entstandenen Kosten dem Sozialhilfeträger zur Last gefallen.
Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 11. Dezember 2008 mit der Begründung zurück, der Kläger habe als Nachlasspfleger die Bestattung ohne rechtliche Verpflichtung in Auftrag gegeben. Wäre die Beisetzung mangels bekannter Angehöriger durch das Bezirksamt veranlasst worden, würden die Erben als Kostenpflichtige in Anspruch genommen werden.
Am 15. Januar 2009 hat der Nachlasspfleger Klage der unbekannten Erben der Verstorbenen vor dem Sozialgericht Berlin erhoben mit dem Ziel der Verpflichtung des Beklagten zur Übernahme der Besta...