Entscheidungsstichwort (Thema)

Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz

 

Orientierungssatz

1. Ob die betriebliche Voraussetzung für eine Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz erfüllt ist, richtet sich danach, ob der Versicherte am Stichtag 30. 6. 1990 in einem volkseigenen Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens oder in einem gleichgestellten Betrieb beschäftigt gewesen ist.

2. Der VEB Betriebsdirektion des Straßenwesens war kein solcher Produktionsbetrieb. Er verfolgte nicht die Massenproduktion von Bauwerken, sondern die Straßeninstandhaltung. Er war infolgedessen auch kein gleichgestellter Betrieb.

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 12. April 2013 wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt von der Beklagten im Wege des Zugunstenverfahrens die Feststellung des Zeitraums vom 01. Januar 1978 bis zum 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz (Zusatzversorgungssystem nach Anlage 1 Nr. 1 des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes ≪AAÜG≫ - AVItech -) und der in diesem Zeitraum tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte.

Der 1940 geborene Kläger absolvierte zunächst eine Maurerlehre und war als Maurer tätig. Von 1958 bis 1962 war er Soldat auf Zeit bei der Nationalen Volksarmee. Während dieser Zeit gehörte er vom 14. Oktober 1961 bis zum 31. August 1962 der Sonderversorgung der Angehörigen der Nationalen Volksarmee (Anlage 2 Nr. 1 zum AAÜG) an (Entgeltbescheinigung vom 04. Januar 1999). Anschließend war er als Angestellter im Bauamt des Stadtbezirkes B tätig. Seit März 1967 bis 30. Juni 1990 war er bei dem Straßen- und Tiefbauamt B bzw. der Bezirksdirektion des Straßenwesens (ab dem 01. Dezember 1976) bzw. bei dem VEB Bezirksdirektion des Straßenwesens B (ab dem 01. Januar 1978) zunächst als Meister, dann ab dem 01. Januar 1977 als Ingenieur für Leiteinrichtungen bzw. Gruppenleiter und zuletzt als Betriebsteilleiter B beschäftigt. Vom 01. September 1971 bis zum 31. Dezember 1976 besuchte der Kläger die Ingenieurschule für Bauwesen B Studienrichtung Tiefbau. Durch Urkunde vom 06. Dezember 1976 wurde ihm das Recht verliehen, die Berufsbezeichnung Ingenieur zu führen. Er entrichtete ab dem 01. Mai 1973 Beiträge zur freiwilligen Zusatzrentenversicherung (FZR). Seit dem 01. Oktober 2005 bezieht er Regelaltersrente. Eine Versorgungszusage wurde ihm in der DDR nicht erteilt.

Der am 2003 vom Kläger gestellte erste Antrag auf die Überführung von Zusatzanwartschaften für den Zeitraum von 1976 bis zum 30. Juni 1990 wurde von der Beklagten mit Bescheid vom 19. Februar 2003 abgelehnt. Der Widerspruch des Klägers wurde mit Widerspruchsbescheid vom 25. Juni 2003 zurückgewiesen. Zur Begründung führte die Beklagte aus, die im VEB Bezirksdirektion des Straßenwesens B ausgeübte Beschäftigung habe zwar der technischen Qualifikation entsprochen, sie sei jedoch nicht in einem volkseigenen Produktionsbetrieb oder einem gleichgestellten Betrieb ausgeübt worden.

Hiergegen erhob der Kläger vor dem Sozialgericht Berlin (SG) Klage (Aktenzeichen S 7 RA 3535/03) und trug vor, die Produktion habe dem VEB Bezirksdirektion des Straßenwesens das Gepräge gegeben. Der Betrieb sei einem Betrieb des Bauwesens gleichzustellen. Dazu legte er Auszüge aus dem Buch “Straßeninstandhaltung, Rechtliche Grundlagen und Erfordernisse„ von Dr. Kurt H und einen Auszug aus dem Register der volkseigenen Wirtschaft vor. Ferner reichte er eine vom Minister für Verkehrswesen am 13. Februar 1984 erlassene Preisliste über die Industriepreise für Verkehrsbauleistungen ein.

Mit Urteil vom 17. Dezember 2003 verurteilte das SG die Beklagte, die Beschäftigungszeit vom 1. Januar 1978 bis 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zu dem Versorgungssystem der Anlage 1 Nr. 1 zum AAÜG sowie die in diesen Zeiträumen hieraus erzielten Arbeitsentgelte festzustellen. Bei dem VEB Bezirksdirektion des Straßenwesens B habe es sich um einen volkseigenen Produktionsbetrieb des Bauwesens gehandelt. Im Rahmen des Berufungsverfahrens vor dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg (LSG) zu dem Aktenzeichen L 17 RA trug der Kläger vor, er habe im Gebiet von B gearbeitet. In diesem Bereich habe die VO-AVItech des Magistrats von Groß-Berlin vom 25. November 1950 und die 2. DB des Magistrats von Groß-Berlin vom 25. Juni 1951 gegolten. Dabei habe es sich um übernommene Vorschriften der DDR gehandelt, die für das Gebiet von B angepasst worden seien. Die Unterstellung des Betriebes unter ein Industrieministerium sei danach nicht notwendig gewesen. Nach § 1 Abs. 1 2. DB Groß-Berlin gelte die AVItech in den volkseigenen Betrieben, die dem Magistrat unterstünden, und zwar für Ingenieure der Metallurgie des Maschinenbaus, der Elektrotechnik, der Feinmechanik und -optik, der Chemie, des Bauwesens und Statiker. Betriebe dieser Wirtschaftszweige se...

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