Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. Vermögensberücksichtigung. Verkauf einer im Eigentum des Leistungsberechtigten stehenden Eigentumswohnung. Verfügungsbeschränkungen
Leitsatz (amtlich)
Eine wirtschaftlich und rechtlich wertlose Rechtsstellung stellt kein Vermögen im Sinne des § 12 SGB II dar.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 25. Juni 2015 wird zurückgewiesen.
Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen eine Rückforderung des Beklagten für den Zeitraum 3. Dezember 2010 bis zum 31. Januar 2011 wegen einer erst nachträglich angezeigten Verwertung einer Eigentumswohnung.
Der 1975 geborene Kläger ist von Beruf Reiseverkehrskaufmann und war bis Herbst 2008 selbstständig tätig. Am 19. Juli 2010 beantragte er erstmals beim Beklagten Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Zur Begründung gab er unter anderem an, er sei seit knapp 17 Monaten arbeitslos und ohne Einkommen. Seit September 2009 verweigere ihm seine private Krankenversicherung den Versicherungsschutz. Sein Vater sei ein hoffnungsloser Krebspatient, den er zu Hause intensiv pflege. Nun solle auch noch sein Eigenheim versteigert werden, da er das Annuitätendarlehen nicht mehr bedienen könne. Er sei bereits bei allen verbliebenen Freunden verschuldet. Er brauche dringend Hilfe zwecks Grundsicherung seiner selbst, damit er würdevoll seinen Vater begleiten könne. Außerdem habe er seit März 2010 kein Öl mehr. Er erhalte kleine Hilfen von den Minirenten seiner Eltern, um das Nötigste zu bezahlen (Wasser, Strom, Grundsteuer). Er besitze ein Eigenheim unter der im Rubrum angegeben Adresse mit einer Gesamtgröße von 140 m² und einem Wohnflächenanteil von 120 m², von denen er selbst ca. 25 m² nutze. Es bestehe ein freies Wohnrecht für seine Eltern G und H K, das notariell bestellt worden sei. Zum Erwerb dieses Hauses hatte der Kläger am 12. Juni 2011 ein Darlehen bei der Berliner Volksbank in Höhe von 100.000,00 DM aufgenommen.
Mit Schreiben vom 9. Februar 2010 hatte der Darlehensgeber, die Berliner Volksbank, die Geschäftsverbindung fristlos gekündigt und von dem Kläger einen Betrag in Höhe von 17.558,36 € zurückgefordert, weiter wurde in diesem Schreiben darauf hingewiesen, dass das Darlehenskonto aufgelöst und der fällige Saldo auf das Kontokorrentkonto übertragen worden sei. Daraufhin hatte der Kläger dem Darlehensgeber mit Schreiben vom 16. Februar 2010 mitgeteilt, dass die Rückführung der Forderung in Höhe von 17.558,36 € bis zum 23. Februar 2010 leider nicht möglich sei.
Der Kläger überreichte dem Beklagten einen notariellen Schenkungsvertrag vom 19. Januar 1995. Aus diesem geht hervor, dass seine Mutter ihm eine in B (Sstraße) gelegene Eigentumswohnung geschenkt hatte. In § 5 dieses Vertrages hatte sich der Kläger verpflichtet, die erworbene Eigentumswohnung zu Lebzeiten seiner Mutter nicht zu veräußern oder mit Grundpfandrechten zu belasten. In § 7 des Vertrages wurde der Mutter ein Nießbrauchsrecht für ihre Lebensdauer eingeräumt. In § 10 des Vertrags wurde zur Sicherung der Rechte der Mutter an der Eigentumswohnung eine Rückauflassungsvormerkung zu ihren Gunsten bewilligt, mit deren Wirkung sie sich ohne Beteiligung des beschenkten Klägers wieder das Eigentumsrecht an der Wohnung hätte verschaffen können.
Mit Bescheid vom 13. August 2010 hatte der Beklagte dem Kläger Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 19. Juli 2010 bis zum 31. Januar 2011 bewilligt.
Nachdem der Kläger weitere Nachweise über kalte und warme Betriebskosten eingereicht hatte, änderte der Beklagte mit Änderungsbescheiden vom 25. März 2011 und 2. Januar 2012 den Bewilligungsbescheid und gewährte dem Kläger für die hier streitigen Monate Leistungen in Höhe von 566,42 € (Dezember 2010) bzw. 650,78 € (Januar 2011).
Am 4. Oktober 2010 verstarb der Vater des Klägers. Das Erbe schlug der Kläger am 8. November 2010 wegen einer befürchteten Überschuldung des Nachlasses aus.
Mit Schreiben vom 27. März 2012 forderte der Beklagte den Kläger zu einer Stellungnahme im Hinblick auf die Eigentumswohnung in der Sstraße auf. Daraufhin teilte der Kläger mit Schreiben vom 15. April 2012 mit, er habe bereits bei seiner Beantragung der Leistungen nach dem SGB II angegeben, dass er von seiner Mutter 1995 die Eigentumswohnung in der Sstraße geschenkt bekommen habe. Im Schenkungsvertrag sei ein Nießbrauchsrecht seiner Mutter eingetragen gewesen sowie eine Rückauflassungsvormerkung. Der Sachbearbeiter habe damals die Unterlagen kopiert und nach genauerer Prüfung darauf verwiesen, dass aufgrund des Nießbrauchsrecht seiner Mutter die Wohnung nicht zu seinem Vermögen zählen würde und somit nicht relevant für die Arbeitsagentur sei, solange seine Mutter lebe. Seine Mutter habe dann im Oktober 2010 von ihrem vertraglichen Recht Gebrauch gemacht, die Wohnung sei veräußert worden und der Verkaufserlös direkt an seine Mutter geflossen. Die Wohnun...