Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld II. Unterkunft und Heizung. Heizkostennachforderung nach Umzug. Angemessenheit der Heizkosten in Berlin. Heizkostenspiegel. Wohnflächengrenze. Zweipersonenhaushalt
Leitsatz (amtlich)
1. Heizkostennachforderungen des Vermieters sind bei bestehender Hilfebedürftigkeit als tatsächliche Aufwendungen im Fälligkeitsmonat anzuerkennen.
2. Soweit der Leistungsträger im Abrechnungszeitraum die Heizkostenvorauszahlungen übernommen hat, sind Heizkostennachforderungen auch dann in vollem Umfang zu übernehmen, wenn die Leistungen für Unterkunft und Heizung später auf einen angemessenen Betrag abgesenkt worden sind.
3. Soweit der Leistungsträger im Abrechnungszeitraum die Leistungen für Unterkunft und Heizung auf einen angemessenen Betrag abgesenkt hat, sind Heizkostennachforderungen zu übernehmen, wenn sich die Heizkosten nicht als unangemessen hoch erweisen. Die Angemessenheitsprüfung hinsichtlich der Heizkosten ist getrennt von der Angemessenheitsprüfung hinsichtlich der Unterkunftskosten vorzunehmen. Hierbei ist in Berlin nicht der Berliner Heizkostenspiegel, sondern der bundesweite Heizkostenspiegel anzuwenden. In Berlin gilt für einen Zweipersonenhaushalt eine Wohnfläche von sechzig Quadratmetern als angemessen.
Tenor
Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 19. Juni 2009 aufgehoben. Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 24. Januar 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. März 2008 verpflichtet, den Klägern unter Änderung des Bescheides vom 7. August 2007 in der Gestalt des Überprüfungsbescheides vom 10. November 2008 und des Änderungsbescheides vom 10. November 2008 sowie des Widerspruchsbescheides vom 27. Februar 2009 für den Monat Oktober 2007 weitere Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe von 389,20 EUR zu gewähren.
Die außergerichtlichen Kosten der Kläger sind vom Beklagten zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Kläger begehren vom Beklagten die Übernahme einer Heizkostennachforderung.
Die im Jahre 1968 geborene Klägerin zu 1) ist die Mutter des im Jahre 2002 geborenen Klägers zu 2). Die beiden beziehen seit dem 1. Januar 2005 als Bedarfsgemeinschaft laufende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II). Bis zum 31. März 2007 lebten sie zusammen in einer 65,36 Quadratmeter großen Wohnung, die sich in einer mit Erdöl zentral beheizten und mit einer zentralen Warmwasserversorgung ausgestatteten Wohnanlage befindet. Die Wohnanlage umfasst eine beheizte Nettowohnfläche von 2.631,27 Quadratmetern. Da die Klägerin zu 1) eine Arbeit in Wiesbaden aufnehmen wollte, kündigte sie den Mietvertrag zum 31. März 2007. Als die Arbeitsaufnahme scheiterte, konnte das bisherige Mietverhältnis nicht fortgesetzt werden, da die Wohnung schon anderweitig vermietet war. Deshalb bezogen die Kläger aufgrund eines mit dem bisherigen Vermieter abgeschlossenen neuen Mietvertrages vom 20. März 2007 am 1. April 2007 in demselben Haus eine neue Wohnung mit einer Wohnfläche von 59,95 Quadratmetern, für die eine monatliche Bruttowarmmiete in Höhe von 459,- EUR zu entrichten war, obwohl der Beklagte am 15. März 2010 nur eine Zustimmung hinsichtlich einer Bruttowarmmiete in Höhe von 444,- EUR erteilt hatte. Nachdem der Beklagte vor dem Umzug die tatsächlichen Mietaufwendungen für die alte Wohnung abzüglich einer Warmwasserpauschale als Bedarf anerkannt hatte, beschränkte er die Leistungen für Unterkunft und Heizung hinsichtlich der neuen Wohnung mit einem Änderungsbescheid vom 12. April 2007 in der Gestalt des Überprüfungsbescheides vom 10. November 2008 und des Änderungsbescheides vom 10. November 2008 sowie des Widerspruchsbescheides vom 27. Februar 2009 für die Zeit vom 1. April 2007 bis zum 31. Juli 2007 auf den von ihm für angemessen gehaltenen Betrag in Höhe von 444,- EUR. Dasselbe geschah mit Bescheid vom 7. August 2007 in der Gestalt des Überprüfungsbescheides vom 10. November 2008 und des Änderungsbescheides vom 10. November 2008 sowie des Widerspruchsbescheides vom 27. Februar 2009 für die Zeit vom 1. August 2007 bis zum 31. Januar 2008.
Mit einer Heiz- und Warmwasserkostenrechnung vom 26. Oktober 2007 forderte der Vermieter für den Abrechnungszeitraum vom 1. Mai 2006 bis zum 30. April 2007 von den Klägern eine Nachzahlung in Höhe von 440,82 EUR. Von den berechneten Gesamtkosten der Kläger in Höhe von 834,62 EUR, auf die die Kläger bereits 393,80 EUR vorausgezahlt hatten, entfielen 97,77 EUR (11,71 Prozent) auf die Kosten der Warmwasserbereitung. Nach dem Mietvertrag vom 20. März 2007 war die Nachforderung innerhalb eines Monats nach Vorlage der Abrechnung zu entrichten.
Den Antrag der Kläger auf Übernahme der Nachforderung vom 21. Januar 2008 lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 24. Januar 2008 ab. Den am 22. Februar 2008 eingelegten Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 6. März 2008 zurück. Zur Begründung führte der Beklagte aus, das...