Entscheidungsstichwort (Thema)
Chromosomenanalyse nach EBM 2014. Subtelomerscreening nach EBM 2014. begrenzte Auslegbarkeit von EBM Bestimmungen
Orientierungssatz
1. Nach § 106a Abs. 2 S. 1 SGB 5 stellt die Kassenärztliche Vereinigung die sachliche und rechnerische Richtigkeit der Abrechnung des Vertragsarztes fest.
2. Aus dem Gesamtkonzept des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs als einer abschließenden Regelung folgt, dass diese keine Ergänzung oder Lückenfüllung durch Rückgriff auf andere Leistungsverzeichnisse bzw. Gebührenordnungen oder durch analoge Anwendung zulässt.
3. Die Prüfung durch die Kassenärztliche Vereinigung erfolgt quartalsgleich. Allein die fehlende Beanstandung der Abrechnung in den Vorjahren begründet infolgedessen keinen Vertrauensschutz des Vertragsarztes.
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 12. Juni 2019 geändert.
Die Klage wird insgesamt abgewiesen.
Die Anschlussberufung des Klägers wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen eine sachlich-rechnerische Richtigstellung für das Quartal III/2014 im Hinblick auf die Abrechnung der Gebührenordnungspositionen (GOP) 11310 bis 11312 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes (EBM).
Der Kläger ist Facharzt für Humangenetik und nahm von 2009 bis 2014 mit eigener Praxis an der vertragsärztlichen Versorgung in C teil.
Mit Schreiben vom 14. August 2014 informierte die Beklagte den Kläger, dass bei seiner Honorarabrechnung für das Quartal II/2014 Unstimmigkeiten im Hinblick auf die gehäufte Abrechnung der GOP 11312 aufgefallen seien und die Praxis darüber hinaus aufgrund einer zufälligen Stichprobe für eine durchzuführende Plausibilitätsprüfung ausgewählt worden sei, und bat ihn um eine allgemeine Stellungnahme zur Abrechnung der GOP 11312.
Daraufhin teilte der Kläger mit Schreiben vom 22. August 2014 mit, dass er bei gegebener Indikation eine Chromosomenanalyse nach GOP 11310 durchführe und zur Charakterisierung der Chromosomen anhand ihres Bandenmusters eine Färbung (z.B. Giesma für die GTG-Bandenfärbung) durchführe, welche nach der GOP 11312 (Chromosomenbandenanalyse) abgerechnet werde. Für die konventionelle Chromosomenanalyse seien wegen der Erforderlichkeit der Bandenfärbung daher stets die GOP 11310 und zugleich die GOP 11312 anzusetzen. Um ein valides Ergebnis zu erreichen, sei nach der S2 Leitlinie der Gesellschaft für Humangenetik eine gewisse Metaphasenanzahl zu analysieren, so dass fast immer mehrere Färbungen/Untersuchungen notwendig seien, die er jeweils gesondert abrechne. Sofern die konventionelle Chromosomenanalyse im Hinblick auf die Indikation nicht ausreichend sei, führe er eine molekular-zytogenetische Untersuchung mittels Fluoreszens-in-situ-Hybridisierung (FISH) durch, häufig als Screening der Subtelomerregion aller Chromosomen. Hierfür setze er zur Minderung des Arbeitsaufwandes und Sicherung der Qualität DNA-Sonden ein, die in Kombination gleichzeitig mehrere Zielsequenzen ansteuerten. Da laut GOP 11312 die FISH-Analyse je untersuchter Zielsequenz abgerechnet werden könne, falle diese GOP mitunter mehrfach für einen Behandlungsfall an. Bei dem von ihm verwendeten Sondenkit würden alle 23 Chromosomenpaare gleichzeitig mit insgesamt 62 Einzelsonden in 53 Zielsequenzen untersucht, so dass von ihm für das Subtelomerscreening die GOP 11310 einmal und die GOP 11312 53 Mal abgerechnet werde. Die Subtelomer-FISH werde unter anderem bei komplexen Entwicklungsstörungen und habitueller Abortneigung eingesetzt. Hier seien häufig Aberrationen im Subtelomerbereich festzustellen, die in seiner Praxis nur mit der Subtelomer-FISH nachweisbar bzw. auszuschließen seien.
Mit Schreiben vom 16. September 2014 wies die Beklagte den Kläger darauf hin, dass nach Ansicht der Kassenärztlichen Bundesvereinigung die normale Chromosomenbandenfärbung zur Klassifizierung der Chromosomen bereits von der GOP 11310 und 11311 umfasst sei und daher bei einer konventionellen Chromosomenanalyse die GOP 11312 nicht zusätzlich abrechnungsfähig sei. Überdies setze die Abrechnung nach Punkt 2.1 der allgemeinen Bestimmungen des EBM stets eine Vollständigkeit der Leistungserbringung voraus, so dass notwendige mehrfache Färbungen/Untersuchungen für eine Chromosomenanalyse nicht gesondert abgerechnet werden könnten. Schließlich erfülle das Subtelomerscreening nicht die Legende der GOP 11312, da mit diesem nicht spezifische Strukturen eines speziellen Chromosoms analysiert würden, sondern alle Subtelomerbereiche aller Chromosomen. Die Beklagte bat den Kläger, diese Abrechnungshinweise zu beachten und den Ansatz der GOP 11312 bereits für das Quartal III/2014 zu prüfen.
Mit Schreiben vom 18. September 2014 teilte der Kläger zur Erläuterung seiner Abrechnungspraxis mit, dass er sich als Humang...