Entscheidungsstichwort (Thema)
gesetzliche Unfallversicherung. Berufskrankheit. Infektionskrankheit. haftungsbegründende Kausalität. Nachweis. besondere Ansteckungsgefahr. zeitlicher Zusammenhang. Inkubationszeit. Zahnarzthelferin. Hepatitis-C-Erkrankung
Orientierungssatz
Zur Nichtanerkennung einer Hepatitis-C-Erkrankung einer Zahnarzthelferin, die aushilfsweise für vier Monate und fünf Stunden in der Woche in einer Zahnarztpraxis tätig war, als Berufskrankheit gem BKV Anl Nr 3101 mangels Nachweises der ursächlichen Zusammenhangs zwischen beruflicher Tätigkeit und der Infektionskrankheit.
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 15. Juli 2005 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Rechtsstreits sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt die Anerkennung ihrer Hepatitis C-Erkrankung als Berufskrankheit nach Nr. 3101 der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV).
Die im Jahre 1976 geborene Klägerin war nach ihrer Ausbildung zur Zahnarzthelferin in diesem Beruf von November 1996 bis März 1997 tätig, unternahm im Jahre 1998 eine Ausbildung zur Köchin und war von August 2000 bis November 2000 für fünf Stunden in der Woche aushilfsweise als Zahnarzthelferin in der Praxis von Dr. G beschäftigt. Im Jahre 2001 wurde wegen des Verdachts auf Endometriose (eine Gebärmuttererkrankung) eine Laparoskopie durchgeführt.
Bei der Klägerin wurde im Januar 2002 eine akute Hepatitis C-Infektion diagnostiziert. Im Endbericht des A-V-Klinikums vom 17. Januar 2002 führte die Stationsärztin W aus, ein Expositionsrisiko für Hepatitis C sei anamnestisch nicht zu eruieren.
Im April 2002 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Anerkennung ihrer Erkrankung als Berufskrankheit. Sie äußerte die Vermutung, sich während ihrer Beschäftigung bei Dr. G angesteckt zu haben, da sie durch die Spritzenentsorgung und die Stuhlassistenz unmittelbar mit Blut in Berührung gekommen sei. Auf die formularmäßige Frage, ob im maßgeblichen Zeitraum innerhalb ihres Arbeitsbereichs an einer gleichartigen Virushepatitis erkrankte Personen behandelt oder untersucht worden seien, antwortete sie mit: "keine Ahnung". Nach Anfrage der Beklagten teilte Dr. G im Juni 2002 mit, dass in ihrer Praxis am 8. August und 9. Oktober 2000 ein an Hepatitis C erkrankter Patient mit den Initialen J.R. behandelt worden sei. Sie könne sich nicht mehr daran erinnern, ob die Klägerin für die Assistenz oder für die Rezeption eingeteilt gewesen sei. Bei einer Vorsprache bei der Beklagten am 14. August 2002 erklärte die Klägerin, sie wisse selbst nicht mehr, ob sie bei der Behandlung des an Hepatitis C erkrankten Patienten assistiert habe. Mit Schreiben vom 18. Oktober 2002 führte Prof. Dr. H vom Universitätsklinikum C (...), in dessen Lebersprechstunde die Klägerin betreut wurde, aus, es sei von einer akuten Hepatitis C Ende 2001 / Anfang 2002 auszugehen. Der Infektionszeitpunkt der Klägerin mit Hepatitis C-Viren falle somit nicht in die Zeit ihrer beruflichen Tätigkeit.
Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 14. Februar 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Juli 2004 die Anerkennung der Erkrankung der Klägerin als Berufskrankheit ab.
Mit ihrer Klage vor dem Sozialgericht Berlin hat die Klägerin ihr Begehren weiter verfolgt. Das Sozialgericht hat eine Auskunft des Prof. Dr. H vom 21. Oktober 2004 eingeholt, der sich zu der Frage, ob es denkbar sei, dass eine am 9. Oktober 2000 erfolgte Infektion mit dem Hepatitis C-Virus sich erst im Dezember 2001 bemerkbar mache, dahingehend geäußert hat, dass Symptome auftreten könnten, aber nicht müssten.
Das Sozialgericht hat die Beklagte mit Urteil vom 15. Juli 2005 zur Anerkennung der Hepatitis C-Infektion als Berufskrankheit verpflichtet. Die erforderliche Wahrscheinlichkeit eines ursächlichen Zusammenhangs zwischen der Infektion und der versicherten Tätigkeit sei zu bejahen, da die Klägerin in beruflichem Kontakt mit dem infizierten Patienten J.R. gestanden habe. Hiergegen spreche auch nicht der Zeitraum von einem Jahr zwischen der Ansteckung und dem erstmaligen Bemerken der Erkrankung. Es wäre nicht ungewöhnlich, wenn die Klägerin erst nach Ablauf eines Jahres Symptome der stattgehabten Infektion bemerkt hätte, obwohl diese serologisch früher nachweisbar gewesen wäre.
Mit ihrer hiergegen gerichteten Berufung bezieht die Beklagte sich auf das in ihrem Auftrag nach Aktenlage erstattete fachinternistisch-sozialmedizinische Gutachten des Prof. Dr. O vom 30. August 2005, der ausgeführt hat, dass ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der Hepatitis C-Erkrankung und der beruflichen Tätigkeit der Klägerin nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit gegeben sei: Eine Infektion vor Juni 2001 sei bei Annahme einer akuten Hepatitis C sehr unwahrscheinlich. Aufgrund des Gesamtverlaufs sei ein akuter Schub einer bestehenden chronischen Hepatitis C ebenfa...