Entscheidungsstichwort (Thema)
Regelaltersrente. verspätete Antragstellung. Hinweispflicht des Rentenversicherungsträgers. Verjährung. Rentenbeginn. Erstfeststellungsverfahren. sozialrechtlicher Herstellungsanspruch
Orientierungssatz
Erstfeststellungsverfahren unterfallen nicht dem sachlichen Anwendungsbereich des § 44 Abs 4 SGB 10 (Anschluss an BSG vom 2.8.2000 - B 4 RA 54/99 R = SozR 3-2600 § 99 Nr 5 und BSG vom 6.3.2003 - B 4 RA 38/02 R = BSGE 91, 1 = SozR 4-2600 § 115 Nr 1). Die Norm, die einen materiell-rechtlichen, anspruchsvernichtenden Einwand, der sich wie eine rückwirkende Leistungsausschlussfrist verhält, enthält, begründet keinen allgemeinen Rechtsgrundsatz und ist nicht analogiefähig. Somit kommt es hier bei einer verspäteten Beantragung einer Regelaltersrente und Anwendung des sozialrechtlichen Herstellungsanspruch auf Grund einer versäumten Hinweispflicht des Rentenversicherungsträgers nicht zur Einrede der Verjährung.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 25. Februar 2004 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt auch die Kosten des Klägers im Berufungsverfahren.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist der Beginn der dem Kläger gewährten Regelaltersrente.
Der 1930 geborene Kläger sprach am 24. April 2001 bei der Auskunfts- und Beratungsstelle der Beklagten vor und stellte einen Antrag auf Gewährung einer Regelaltersrente wegen Vollendung des 65. Lebensjahres, die ihm mit Bescheid vom 02. Oktober 2001 ab 01. April 2001 bewilligt wurde. Mit dem dagegen eingelegten Widerspruch begehrte der Kläger die Regelaltersrente bereits ab Vollendung des 65. Lebensjahres. Unter Bezugnahme auf eine Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 02. August 2000, Az.: B 4 RA 54/99 R, machte der Kläger eine Verletzung des § 115 Abs. 6 Sozialgesetzbuch VI (SGB VI) geltend.
Mit Widerspruchsbescheid vom 28. Januar 2002 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Der Kläger habe den Rentenantrag erst am 24. April 2001 gestellt, so dass die Rente gemäß § 99 Abs. 1 Satz 2 SGB VI vom Kalendermonat der Antragstellung, also vom 01. April 2001 an, zu leisten gewesen sei. Vom Antragsprinzip seien Ausnahmen vorgesehen, in denen der Rentenversicherungsträger von Amts wegen das Verwaltungsverfahren eröffnen müsse bzw. in denen kraft ausdrücklicher gesetzlicher Regelung ein Rentenantrag fingiert sei. Durch § 115 Abs. 6 SGB VI werde die Aufklärungs-, Beratungs- und Hinweispflicht nach §§ 13 bis 15 Sozialgesetzbuch I (SGB I) konkretisiert und dem Rentenversicherungsträger aufgegeben, Leistungsberechtigte auf ihr Antragsrecht hinsichtlich einer ihnen zustehenden Leistung hinzuweisen. Die Verletzung der in § 115 Abs. 6 Satz 1 SGB VI beschriebenen Hinweispflicht könne einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch begründen. Ein solcher liege hier jedoch nicht vor, da der Rentenversicherungsträger mit dem Rentenantrag vom 24. April 2001 erstmals Kenntnis über die zurückgelegten Beitrags- und Anrechnungszeiten erhalten habe. Er habe vor der Rentenantragstellung über keinerlei Daten verfügt. Es habe somit keine Veranlassung bestanden, Ermittlungen einzuleiten oder den Kläger zur Antragstellung aufzufordern. Deshalb sei eine Pflichtverletzung, die einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch zur Folge habe, nicht zu erkennen.
Mit der dagegen bei dem Sozialgericht Berlin erhobenen Klage hat der Kläger sein Ziel, die Regelaltersrente bereits ab 01. Mai 1995 zu erhalten, weiter verfolgt.
Er hat zur Begründung auf eine Rentenauskunft vom 16. November 1987 verwiesen und ausgeführt, die Beklagte habe sehr wohl Kenntnis von den zurückgelegten Beitrags- und Anrechnungszeiten gehabt. Immerhin habe sie in der Rentenauskunft eine Wartezeit von 87 Monaten mit Beitragszeiten vorgemerkt.
Zunächst hat die Beklagte geltend gemacht, der Kläger habe sein 65. Lebensjahr bereits am 26. April 1995 vollendet und falle damit nicht unter die für die Rentenversicherungsträger durch den Fachausschuss für Versicherung und Rente des Verbandes Deutscher Rentenversicherungsträger in der Sitzung vom 11. Februar 1998 erarbeiteten Richtlinien zu § 115 Abs. 6 Satz 2 SGB VI, wonach nur Versicherte, die bei Inkrafttreten der Richtlinien am 01. Juli 1998 das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet hätten, auf die Notwendigkeit der rechtzeitigen Antragstellung hinzuweisen seien. Der Kläger habe aber zu diesem Zeitpunkt bereits das 65. Lebensjahr vollendet gehabt, so dass ihm gegenüber keine Hinweispflicht bestanden habe.
Mit Schriftsatz vom 28. Oktober 2002 hat die Beklagte ihre Auffassung überprüft und dem Kläger vergleichsweise angeboten, den Rentenbeginn nach den Grundsätzen des sozialrechtlichen Herstellungsanspruches vorzuverlegen, den Rentenbeginn jedoch in analoger Anwendung von § 44 Abs. 4 Sozialgesetzbuch X (SGB X) auf den 01. Januar 1997 zu begrenzen. Der Auffassung des Bundessozialgerichts vom 02. August 2000, Az.: B 4 RA 54/99 R, wonach bei der Erfüllung...