Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialhilfe. Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung. einmaliger Bedarf. Wohnungserstausstattung. Waschmaschine. Ersatzbeschaffung. Verweis auf Ansparung aus dem Regelbedarf. Grenzen einer verfassungskonformen Auslegung
Orientierungssatz
1. Der Erhaltungs- bzw Ersatzbedarf soll nach der gesetzgeberischen Konzeption durch den im Regelbedarf enthaltenen Ansparbetrag auch dann abgedeckt werden, wenn es sich um größere Anschaffungen handelt (vgl BSG vom 27.9.2011 - B 4 AS 202/10 R = SozR 4-4200 § 23 Nr 13).
2. In Fällen, in denen eine leistungsberechtigte Person über eine Wohnungsausstattung der geltend gemachten Art zu irgendeinem Zeitpunkt bereits einmal verfügt hat, stellt eine Neubeschaffung nur dann begrifflich eine Erstausstattung dar, wenn die bisherige Ausstattung aufgrund eines besonderen Ereignisses nicht mehr vorhanden ist oder sich der bisherige Bedarf so grundlegend geändert hat, dass er durch den vorhandenen Gegenstand nicht mehr gedeckt werden kann.
3. Eine verfassungskonforme Auslegung ist nur im Rahmen anerkannter rechtswissenschaftlicher Auslegungsmethoden zulässig. Erst recht kann ein Gericht keine Anspruchsnorm schaffen, die im Gesetz nicht vorgesehen ist.
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 21. Juli 2017 wird zurückgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist eine einmalige Leistung der Sozialhilfe für die Anschaffung einer Waschmaschine.
Die alleinstehende Klägerin ist türkische Staatsangehörige und besitzt einen Aufenthaltstitel für die Bundesrepublik Deutschland. Nach den Eintragungen in dem Aufenthaltstitel ist sie im April 1950 geboren. Der Vergabe der Versicherungsnummer in der deutschen Sozialversicherung der erstmals 1971 in Deutschland berufstätig gewesenen Klägerin lag noch ein Geburtsdatum im April 1952 zugrunde.
Seit April 2006 bezog die Klägerin mit Ausnahme des Zeitraums Mai bis November 2009 durchgehend Arbeitslosengeld II nach den Vorschriften des Sozialgesetzbuchs Zweites Buch (SGB II) und war beschäftigungslos. Ihre jetzige Wohnung bewohnt sie aufgrund eines mit Wirkung ab 1. November 2011 geschlossenen Mietvertrags.
Im Februar 2015 bewilligte die Deutsche Rentenversicherung Berlin-Brandenburg der Klägerin rückwirkend ab 1. Januar 2014 Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Dauer durchgehend bis zum Ende des Monats des Erreichens der Regelaltersgrenze, die sie, ausgehend von einem Geburtsdatum im April 1952, mit dem 31. Oktober 2017 angab. Die laufende Rentenzahlung begann am 1. März 2015, der monatliche Zahlbetrag der Rente betrug in diesem Zeitpunkt 204,91 €.
Nachdem die Klägerin Arbeitslosengeld II noch bis Ende Juli 2015 aufgrund einer Bewilligung des zuständigen Jobcenters bezogen hatte, bewilligte ihr der Beklagte auf ihren im März 2015 gestellten Antrag hin Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel des Sozialgesetzbuchs Zwölftes Buch ((SGB XII) im Folgenden: Grundsicherung), zunächst für die Zeit vom 1. August 2015 bis zum 31. Juli 2016 (Bescheid vom 14. August 2015 mit nachfolgenden schriftlichen Änderungsbescheiden vom 16. September 2015, 15. Oktober 2015 und 5. Juli 2016). Als Bedarfe berücksichtigte er - auch in den folgenden Bewilligungszeiträumen - neben dem Regelbedarf der Stufe 1 nach der Anlage zu § 28 SGB XII in der jeweiligen Höhe die tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung für die von der Klägerin bewohnte Wohnung. Ihnen stellte er als anrechenbares Einkommen den Zahlbetrag der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung und gelegentlich Überweisungen des Vermieters wegen Betriebskostenguthaben gegenüber. Über Vermögen verfügte die Klägerin mit Ausnahme des Guthabens auf dem Girokonto, dessen regelmäßig vorhandener Sockelbetrag wenige 100,-- € nicht überschritt, nicht. Daraus ergab sich zu Beginn des ersten Bewilligungszeitraums eine Leistung der Grundsicherung in Höhe von 640,47 €. Der Leistungsbezug war zu keinem Zeitpunkt wegen der Höhe des anrechenbaren Einkommens der Klägerin unterbrochen.
Mit einen beim Beklagten am 13. Oktober 2015 eingegangenen Schreiben ihrer Bevollmächtigten vom 28. September 2015 beantragte die Klägerin, ihr einen Zuschuss zur „Erstanschaffung“ einer Waschmaschine zu gewähren. Sie habe in ihrer jetzigen Wohnung noch nie eine gehabt. Wegen ihres Gesundheitszustands falle es ihr zunehmend schwer, ohne Waschmaschine auszukommen, im Besonderen, die Wäsche extern zu waschen und entsprechend schwere Lasten zu tragen. Aus dem Regelsatz ließen sich keine Beträge für die Anschaffung ansparen. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) habe bereits darauf hingewiesen, dass bei der Berechnungsweise der Regelbedarfe die Gefahr einer Unterdeckung für akut erforderliche, aber langlebige Konsumgüter bestehe (Hinweis auf dessen Beschluss vom 23. Juli 2014 ...