Entscheidungsstichwort (Thema)
Rentenversicherung. Befreiung von der Versicherungspflicht. angestellte Rechtsanwältin. angestellte Verwaltungsjuristin- Aufgabe der Rechtsanwaltszulassung. fortdauernde Beschäftigung. Beendigung der Pflichtmitgliedschaft im Versorgungswerk und Fortführung als freiwilliges Mitglied. Wirksamkeit des Befreiungsbescheids. Gegenstandslosigkeit
Leitsatz (amtlich)
Eine Befreiung nach § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB 6 wird nicht von selbst gegenstandslos, wenn bei fortdauernder Beschäftigung die Mitgliedschaft in der Versorgungseinrichtung als Pflichtmitglied endet und durch eine freiwillige ersetzt wird.
Orientierungssatz
Ein noch nach AVG ergangener Befreiungsbescheid erstreckt sich ungeachtet einer fortgeführten Mitgliedschaft in einem berufsständischen Versorgungswerk nicht auf eine andere Beschäftigung (vgl LSG Berlin-Potsdam vom 15.3.2013 - L 1 KR 204/10 = juris RdNr 37ff).
Tenor
Die Berufungen der Beigeladenen zu 3) und 7) werden zurückgewiesen.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 21. Dezember 2012 teilweise aufgehoben, soweit dort der Bescheid vom 23. Dezember 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Juni 2009 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 26. Mai 2010, 20. Juli 2010 und 13. August 2010 auch hinsichtlich des Beigeladenen zu 6) aufgehoben wurde. Die Klage wird abgewiesen, soweit sie den Beigeladenen zu 6) betrifft. Im Übrigen wird die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.
Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens außer denen der Beigeladenen tragen die Klägerin zu 95 % und die Beklagte zu 5 %.
Die Beklagte hat dem Beigeladenen zu 6) die diesem für das gesamte Verfahren entstandenen Kosten sowie den Beigeladenen zu 1), zu 2) und zu 4) die diesen erstinstanzlich entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten. Im Übrigen findet eine Kostenerstattung nicht statt.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitbefangen ist noch in Teilen ein Prüfbescheid der Beklagten, mit dem von der Klägerin, vertreten durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, für den Zeitraum Januar 2004 bis Dezember 2007 für die Beigeladenen zu 3) und 5) bis 7) Rentenversicherungsbeiträge nachgefordert werden.
Alle Beigeladenen arbeiteten seit Anfang der 1990er Jahre als angestellte Volljuristen bei der Klägerin, konkret als Einzelentscheider bei der Bearbeitung von Asylanträgen. Sie verfügten jeweils über Bescheide über die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht, die vom Rechtsvorgänger der Beklagten, der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA), erlassen worden waren. Zum Zeitpunkt der Befreiung waren sie alle als Rechtsanwälte zugelassen, Mitglieder in einer Rechtsanwaltskammer und in den jeweiligen Versorgungswerken für Rechtsanwälte.
Der Beigeladene zu 3) hatte in seinem Befreiungsantrag vom 26. Februar 1993/29. April 1993 unter “versicherungspflichtige Tätigkeit„ angegeben: “seit 1.02.93 arbeitslos bis 23.03.1993 u. v. 30.03. bis 31.03.1993 Arbeitsamt B„.
Das Versorgungswerk der Rechtsanwälte im Lande Nordrhein-Westfalen bestätigte eine Pflichtmitgliedschaft ab 10. Februar 1993. Die BfA forderte vom Beigeladenen zu 3) im Hinblick auf den von diesem gestellten Antrag, von der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung der Angestellten zu Gunsten eines Versorgungswerkes nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V befreit zu werden, mit Schreiben vom 14. Juni 1993 Unterlagen zum Bezug von Arbeitslosengeld bzw. -hilfe an, da auch bei Arbeitslosigkeit Rentenversicherungspflicht bestehen könnte.
Mit Standardformularbescheid vom 13. Juli 1993 mit dem Betreff “Befreiung von der Rentenversicherungspflicht nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 des Sechsten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI)„ befreite sie den Beigeladenen zu 3) ab 10. Februar 1993. Unter “Beginn des Beschäftigungsverhältnisses bzw. der Versicherungspflicht„ war dabei der 1. Februar 1993 eingetragen.
Die Tätigkeit des Beigeladenen zu 3) bei der Klägerin begann zum 1. April 1993.
Der Beigeladene zu 5) war seit dem 27. September 1989 Mitglied in der Bayerischen Rechtsanwaltsversorgung und aufgrund seiner am 1. Oktober 1989 begonnenen Beschäftigung beim Freistaat Bayern für die Zeit ab 1. Oktober 1999 von der Rentenversicherungspflicht befreit worden. Er stellte am 6. November 1989 den Antrag, ihn von der Rentenversicherung der Angestellten nach dem Angestelltenversicherungsgesetz (AVG) zu befreien. Die BfA befreite ihn mit Bescheid vom 26. Januar 1990 ab 1. Oktober 1989. Seit Dezember 1990 war er bei der Klägerin beschäftigt. Die Beklagte hob gegenüber dem Beigeladenen zu 5) mit Bescheid vom 17. Oktober 2005 die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht mit Ablauf des 31. Oktober 2005 auf.
Der Beigeladene zu 6) hatte bei bestehender Pflichtmitgliedschaft bei der Bayerischen Rechtsanwaltsversorgung seinen Befreiungsantrag am 18. Juni 1993 für die ab 1. Mai 1993 begonnene Beschäftigung bei der Klägerin gestellt. Er gab dabei unter dem Punkt “Beginn des Beschäftigungsverhältnisses bzw. der Versicherungspflicht„...