Entscheidungsstichwort (Thema)
Merkzeichen "aG". außergewöhnliche Gehbehinderung. Kombination orthopädisches Leiden und Adipositas
Orientierungssatz
1. Der Nachteilsausgleich "außergewöhnliche Gehbehinderung" ist solchen Schwerbehinderten zuzuerkennen, die sich wegen der Schwere ihres Leidens dauernd nur mit fremder Hilfe oder nur mit großer Anstrengung außerhalb ihres Kraftfahrzeuges bewegen können.
2. Im Rahmen der Beurteilung der Gleichstellung darf nur auf solche Gesundheitsstörungen abgestellt werden, die sich auf die Gehfähigkeit beeinträchtigend auswirken. Der berechtigte Personenkreis ist eng zu fassen.
3. Wird die Gehstreckenlimitierung durch massives Übergewicht des Betroffenen hervorgerufen, liegen die Voraussetzungen zur Feststellung des Nachteilsausgleichs "aG" nicht vor.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 21. August 2002 wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Zuerkennung des Merkzeichens “aG„ - außergewöhnliche Gehbehinderung -.
Bei dem Kläger war durch Bescheid des Amtes für Soziales und Versorgung Potsdam vom 4. Dezember 1992 ein Grad der Behinderung (GdB) nach dem Schwerbehindertengesetz (SchwbG) von 60 nebst den gesundheitlichen Voraussetzungen für eine erhebliche Gehbehinderung (Merkzeichen “G„) festgestellt worden.
Mit Bescheid vom 19. April 1994 wurde in Ausführung eines gerichtlichen Vergleichs ab dem 7. Mai 1992 (Antragstellung) ein GdB von 70 festgestellt.
Mit Antrag vom 15. September 1998 begehrte der Kläger die Zuerkennung des Merkzeichens “aG„ wegen Verkürzung der Laufstrecke durch Luftnot und Thrombose. Nach Beiziehung von Entlassungsberichten des Klinikums E v B vom 21. Dezember 1998 sowie vom 11. Juni 1999, eines Kurzberichtes des J-Krankenhauses i F vom 16. Juli 1999 und eines Befundberichtes der behandelnden Internistin Dr. H vom 28. Dezember 1998 stellte der Beklagte mit Bescheid vom 10. September 1999 nunmehr einen GdB von 80 wegen folgender Behinderungen fest:
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Funktionseinschränkung der Hüftgelenke und der Wirbelsäule, künstliches Hüftgelenk rechts - GdB 60 - |
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Herzleistungsminderung, Bluthochdruck - GdB 30 - |
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Postthrombotisches Syndrom des linken Beines - GdB 20 |
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Schlaf-Apnoe-Syndrom mit nasaler Überdruckbeatmung - GdB 20 -. |
Die Zuerkennung des Merkzeichens “aG„ wurde abgelehnt, “G„ hingegen weiterhin gewährt. In seinem Widerspruch machte der Kläger geltend, er könne nur noch außerordentlich kurze Wege unter Zuhilfenahme von Gehhilfen bewältigen. Daraufhin holte die Versorgungsverwaltung neue Befundberichte von Frau Dr. H vom 21. Dezember 1999 und 2. Juli 2000 nebst weiteren medizinischen Unterlagen, unter anderem 2 Entlassungsberichte des J-Krankenhauses i F vom 30. August 1999 und 2. Dezember 1999, und Befundberichte des Orthopäden Dipl. Med. S vom 13. Dezember 2000 sowie des Neurologen und Psychiaters Dipl. Med. Z vom 3. November 2000 ein. Schließlich wies der Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 17. Januar 2001 zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt, das Merkzeichen “aG„ sei nur zuzuerkennen, wenn wegen der außergewöhnlichen Behinderung beim Gehen die Fortbewegung auf das Schwerste eingeschränkt sei. Nach den vorliegenden ärztlichen Unterlagen gehöre der Kläger jedoch trotz seiner erheblichen Gebehinderung noch nicht zu dem Personenkreis der außergewöhnlich Gehbehinderten.
Hiergegen hat der Kläger Klage vor dem Sozialgericht Potsdam erhoben und sein Begehren weiter verfolgt.
Das Sozialgericht hat daraufhin zunächst Befundberichte der behandelnden Ärzte (Dipl. Med. S vom 24. April 2001, Dr. H vom 9. Mai 2001 und des Orthopäden Dr. K vom 21. November 2001) eingeholt. Dem Befundbericht von Frau Dr. H lagen zahlreiche weitere medizinische Befunde bei, unter anderem ein Entlassungsbericht der J-Krankenhaus i F gGmbh vom 10. April 2001, ein Arztbrief der Internistin Dr. L vom 10. November 2000 sowie ein Entlassungsbericht des O vom 21. Januar 2001. Dr. K. hat seinem Befundbericht einen Entlassungsbericht des O vom 24. Oktober 2001 über die Implantation einer Knietotalendoprothese (Knie-TEP) links beigelegt. Weiterhin hat das Gericht den Entlassungsbericht des Reha-Klinikums “H F„ vom 21. Dezember 2001 beigezogen, aus dem sich ergab, dass der Kläger zum Abschluss der Reha eine Gehstrecke von 100 Metern mit dann anschließenden regelmäßigen Pausen bewältigen konnte.
Der Beklagte hat die Ansicht vertreten, dass sich angesichts der Befunde das Merkzeichen “aG„ weiterhin nicht begründen lasse. Zwar seien die Leidensbezeichnungen zu ergänzen, es verbleibe jedoch bei einem GdB von 80 und dem Merkzeichen “G„.
Auf Anforderung des Gerichts hat der Orthopäde Dr. K am 6. April 2002 ein Sachverständigengutachten erstellt. Darin ist er zu dem Ergebnis gelangt, bei dem Kläger lägen folgende Funktionsbeeinträchtigungen vor:
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1. |
Chronisches lumbales Pseudoradikulärsyndrom beiderseits bei fortgeschrittener Spondylochondrose, Spondylose, Spondylarthrose der gesam... |