Entscheidungsstichwort (Thema)

Aufwandspauschale. Krankenhaus. nachweislich fehlerhafte Abrechnung

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 24. September 2020 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 300,- € festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Zahlung einer Aufwandspauschale nebst Zinsen.

Der 1966 geborene und bei der Beklagten gesetzlich krankenversicherte Patient v M wurde vom 14. bis 17. Januar 2019 wegen einer Spinalkanalstenose im Krankenhaus der Klägerin behandelt. Die Rechnung für den stationären Aufenthalt mit der Hauptdiagnose M48.02, welche bei der Beklagten am 23. bzw. 26.Januar 2019 einging, wurde von der Beklagten vollständig ausgeglichen. Aufgrund von Zweifeln an der Richtigkeit der Abrechnung beauftragte die Beklagte den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) mit Schreiben vom 12. Februar 2019 mit der Überprüfung des Behandlungsfalls, insbesondere in Bezug auf die Kodierung der Hauptdiagnose und der Prozeduren 5-0330 und 5-836.50 (Spondylodese) nach dem Operationen- und Prozedurenschlüssel (OPS). Der MDK, der der Klägerin den Prüfauftrag mit Schreiben vom 14. Februar 2019 anzeigte, gelangte nach Übersendung der angeforderten Unterlagen durch die Klägerin in seiner sozialmedizinischen Stellungnahme vom 4. Juli 2019 zu dem Ergebnis, dass die Hauptdiagnose M48.02 nicht plausibel sei, sondern als korrekte Hauptdiagnose M50.1:B zu verschlüsseln sei. Der OPS 5-836.50 sei zu ändern in 5-83b.70 (Osteosynthese ≪dynamische Stabilisierung≫ an der Wirbelsäule durch intervertebrale Cages). An der abgerechneten Fallpauschale änderte sich nichts, sodass der Abrechnungsbetrag unvermindert blieb. Die Klägerin stellte der Beklagten daraufhin eine Aufwandspauschale i. H. v. 300,- € in Rechnung. Die Beklagte lehnte die Zahlung mit dem Hinweis ab, dass die Kodierung der Klägerin fehlerhaft gewesen sei und sie dadurch eine Prüfung veranlasst habe.

Mit ihrer Klage vom 21. November 2019 hat die Klägerin vorgetragen: Allein der Umstand, dass eine vermeintlich fehlerhafte Kodierung vorgelegen habe, die die Prüfung veranlasst habe, rechtfertige keinen Vergütungsausschluss, zumal eine Kausalität zwischen vermeintlich fehlerhafter Kodierung und Beauftragung des MDK nicht zu konstruieren sei. Der vom MDK vorgeschlagenen Änderung der Hauptdiagnose sowie der Prozeduren sei nach wie vor nicht zuzustimmen. Eine entsprechende Rechnungsänderung, welche eine Zustimmung signalisieren könnte, sei überdies nicht erfolgt. Es sei zudem auf die gesetzliche Klarstellung durch § 275 Abs. 1c Satz 4 Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Krankenversicherung - (SGB V) zu verweisen. Das Bundessozialgericht (BSG) erkenne hier eine Ausnahme nur bei einer durch eine nachweislich fehlerhafte Abrechnung des Krankenhauses veranlassten Abrechnungsprüfung an (BSG, Urteil vom 23. Juni 2015 - B 1 KR 24/14 R -). Dieser Nachweis werde der Beklagten nicht gelingen, da es auch in einem Gerichtsverfahren nicht zu einer Überprüfung der Kodierung komme, wenn lediglich die Aufwandspauschale streitgegenständlich sei (BSG, Urteil vom 28. November 2013 - B 3 KR 4/13 R -).

Das Sozialgericht (SG) Berlin hat die Beklagte mit Urteil vom 24. September 2020 unter Zulassung der Berufung verurteilt, an die Klägerin eine Aufwandspauschale i.H.v. 300,- € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen. Zu Begründung ist ausgeführt: Die Klage sei in dem hier bestehenden Gleichordnungsverhältnis als (echte) Leistungsklage gemäß § 54 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig und begründet. Die Klägerin habe gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung einer Aufwandspauschale i.H.v. 300 €. Rechtsgrundlage des Anspruchs sei § 275 Abs. 1c Satz 3 SGB V in der bis 31. Dezember 2019 geltenden Fassung vom 23. Dezember 2016 (aF). Danach habe die Krankenkasse dem Krankenhaus eine Aufwandspauschale in Höhe von 300,- € zu entrichten, falls die bei Krankenhausbehandlung nach § 39 SGB V durchzuführende Prüfung nach § 275 Abs. 1 Nr. 1 SGB V nicht zu einer Minderung des Abrechnungsbetrags führe. Der Anspruch auf die Aufwandspauschale setze danach voraus, dass die Krankenkasse eine Abrechnungsprüfung durch den MDK i.S.d. § 275 Abs. 1 Nr. 1 SGB V veranlasst habe, dem Krankenhaus durch eine Anforderung von Sozialdaten durch den MDK gemäß § 276 Abs. 2 Satz 2 SGB V ein Aufwand entstanden sei und die Prüfung nicht zu einer Minderung des Abrechnungsbetrages geführt habe. Diese Voraussetzungen seien erfüllt. Aufgrund der Durchführung einer Abrechnungsprüfung im Sinne von § 275 Abs. 1 Nr. 1 i.V. m. Abs. 1c Satz 1 SGB V aF sei dem Krankenhaus durch die erneute Befassung mit dem Behandlungs- und Abrechnungsfall ein zusätzlicher Verwaltungsaufwand entstanden. Die Prüfung habe auch nicht zu einer Minderung des Abrechnungsbetrages geführt. Allein auf diese ...

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